...in "Winter Quarters“ in Florence / Omaha / Nebraska
Florence, heute ein Stadtteil von Omaha City in Nebraska, wurde 1854 von dem ehemaligen Seemann und späteren Indianeragent und Immobilienhändler James Mitchell (1810-1860/?) gegründet. Er übernahm alle Gebäude, die vorher bereits an diesem Ort existiert hatten und benannte ihn nach seiner Enkelin Florence Kilborn (1851/1854-1866). Die Bürger strebten 1854 bereits an, Florence zur Hauptstadt des Nebraska-Territoriums zu machen, scheiterten aber an ihren Nachbarort Omaha.
Zwischen den Bewohnern der beiden Orte wurden einige Konflikte ausgetragen; Omaha setzte sich durch und Florence wurde später sogar von der Stadt Omaha eingemeindet.
Einige Jahre vor der Gründung von Florence spielte die Region jedoch in einem anderen Kapitel der Geschichte eine große Rolle! Dabei handelt es sich um die Geschehnisse, die sich um eine Glaubensgemeinschaft herum ereigneten – die Mormonen.
Die Religion der Mormonen begann mit den Visionen von Joseph Smith (1805-1844), der von dem Engel Moroni besucht wurde.
Nach den Mormonen wird dieser Engel in der Bibel in Offenbarung 14,6 erwähnt. Der Engel trug ihm auf, ein Zusatzbuch zur Bibel, das Buch Mormon, aufzuschreiben. 1830 veröffentlichte Joseph Smith dieses Buch und gründete, basierend auf den Regeln im Buch Mormon die Glaubensgemeinschaft der Mormonen, die auch „Heilige der letzten Tage“ / “The Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints“ genannt werden. Mormon soll vom Wort her „mehr Gutes“ bedeuten.
Joseph Smith hatte bald viele Glaubensanhänger und zog mit ihnen 1831 nach Nauvoo in Illinois (Nauvoo, hebräisch: „schön auf den Bergen“). Obwohl in der Verfassung der USA die Religionsfreiheit garantiert ist, entwickelten sich in Nauvoo bald große Konflikte zwischen den Mormonen und den anderen Bewohnern. Gleichzeitig wuchs die Mormonengemeinde durch ständige Neuankunft von Gläubigen aus Europa stetig an.
Nachdem Joseph Smith 1844 umgebracht wurde und der Hass gegenüber den Mormonen ständig zunahm, entschied sich der Smith-Nachfolger Brigham Young (1801-1877) zur Auswanderung in den Westen. Die Wanderung / der Exodus der Mormonen begann im Jahr 1846 in Illinois und führte die Mormonen in den folgenden Jahren zu tausenden (fast 70.000 von 1846 bis 1869) über mehr als 2.000 Kilometer durch Illinois, Iowa, Nebraska und Wyoming nach Utah, wo sie schließlich siedelten und die Stadt Salt Lake City gründeten. Die von ihnen gewählte Route wird heute der „Mormon-Trail“ genannt.
Zurück zu Florence - welche Bedeutung hat dieser Ort für den „Mormon-Trail“? Die Antwort darauf erhält man im dortigen „Mormon Trail Center at Winter Quarters“ ↗ . Vor dem Besucherzentrum steht ein lebensgroßes Monument einer Mehr-Generationen-Familie mit einem Handwagen, die sich auf der Wanderung Richtung Westen befinden. Es wurde von Franz Johansen (1928-2018), einem mormonischen Bildhauer, Maler und Kunst-Professor an der Brigham Young University in Salt Lake City, entworfen. Das Monument der „Familie mit dem Handwagen“ weist daraufhin, dass Florence ein Ort auf der langen Reise entlang der Mormonenroute war.
Die Mormonen, die 1846 in Nauvoo/Illinois aufgebrochen waren, mussten bereits nach knapp 500 Kilometern erkennen, dass sie durch die schlechten Wegverhältnisse und andere Erschwernisse (Wetter, Krankheiten, schlechte Versorgung, …) ihr Ziel, den weiten Westen, im selben Jahr nicht rechtzeitig erreichen und ein Winterquartier brauchen würden. Von diesen Winterquartieren entstanden mehrere, überwiegend in Iowa und Nebraska, aber das „Winter Quarter“ im späteren Florence war 1846 das Hauptquartier. 1847 verlegte man das Hauptquartier auf die andere Flussseite des Missouri nach Council Bluffs, das damals noch Kanesville hieß.
Quelle: Infotafel im Mormon Trail Center |
Im „Trail-Center“ wird gezeigt, mit welchem Organisationstalent die Mormonen in kürzester Zeit ein Winterquartier mit Straßen und gut organisierter Infrastruktur einrichteten. Ein nachgebautes „Überwinterungshaus“ aus Blockbohlen mit Lehmkamin und Grassoden-Dach, in dem immer zwei Familien zusammenwohnten, vermittelt einen Eindruck der damaligen Lebensbedingungen.
Das "Winter-Quartier" am Missouri Modell im Mormon Trail Center |
Beeindruckend ist eine Zusammenstellung von der Menge an Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen, die eine Familie zur Versorgung während der Reise mitnehmen musste. Aber auch besondere Gegenstände, die mit auf die Reise gingen, werden gezeigt. Man kann sich beispielsweise ein Gewehr von Jonathan Browning anschauen, der ein Mormone war, und dessen Familie anschließend in Utah Gewehre produzierte. Musikinstrumente, Porzellanfiguren oder sogar ein Hochzeitskleid sind Gegenstände, die zeigen, wie schwer es ist, wenn man eine Auswahl treffen muss, was man mitnehmen kann oder nicht. Natürlich sind auch viele historische Gebrauchsgegenstände zu sehen, wie eine Schafschere, ein Kochtopf aus Gusseisen, ein Pflug, ein kleiner Amboss und sogar eine Druckmaschine. Für die Mormonen von großer Bedeutung ist der Wanderstock von Brigham Young, mit dem er bei der Ankunft in Salz Lake City die Position für den Tempelbau markierte.
In der Ausstellung werden ein Handkarren und ein von zwei Ochsen gezogener Planwagen im Nachbau gezeigt. Ab dem Jahr 1856 wurden Handkarren als Alternative zu den Fuhrwerken eingesetzt, da diese erstens langsam zu teuer wurden, zweitens zu viele Unfälle hatten und drittens immer wieder Umwege fahren mussten. Beschwerlich für die Menschen, aber billiger für das gesamte System. Den Handkarren überhaupt in Bewegung zu bringen, erwies sich schon als sehr beschwerlich. Sie wurden glücklicherweise nur wenige Jahre genutzt.
Auf einer interaktiven Leinwand werden anschließend alle Routen und die Transportmittel gezeigt, die die Mormonen in den nachfolgenden Jahren nutzten, um Utah zu erreichen.
Nachdenklich wird man im Trail Center, wenn man den Erkerraum mit Blick auf den Pionierfriedhof betritt. Krankheiten, wie Malaria, Skorbut, Fieberkrankheiten und Unfälle führten dazu, dass im Winterquartier geschätzt 600 Menschen verstarben, und das nur auf der Westseite des Missouri-Rivers.
Von ihnen wurden 359 auf dem Pioneer Cemetery bestattet, allerdings ohne Grabsteine. Im Erkerraum wird ein einzig erhaltenes Grabsteinfragment gezeigt, es markierte das Grab von Amy Sumner Porter (1815-1847). Man kann deutlich den „eingeritzten“ Namen Amy erkennen. Außerdem befindet sich hier ein verkleinertes Modell des Monumentes, das im Original seit 1936 auf dem Mormon Pioneer Cemetery steht. Diese Statue trägt den Namen „the tragedy of winter quarters“ und soll an die vielen Verstorbenen aus den Wintern 1846/47 und 1847/48 erinnern. Gezeigt wird ein Elternpaar, das sein Kind beerdigt. Allerdings macht der Vater, trotz seines gezeigten Schmerzes, einen Schritt nach vorne. Es soll weitergehen. Diese 3,60 Meter hohe Bronzestatue wurde von Arvard Fairbanks (1897-1987), einem weltbekannten mormonischen Bildhauer, geschaffen.
Statue im Pioneer Cemetery |
Statue im Erkerraum mit Blick auf den Friedhof |
Ölgemälde im Erkerraum des Mormon Trail Centers Burial in Winter Quarters - von J. Leo Fairbanks 1933 |
Auf der Rückseite des Denkmals im Pioneer Cemetery ist in den Sockel geschrieben: „Die Kämpfe, die Opfer und das Leiden der treuen Pioniere und die Sache, die sie vertraten, werden niemals vergessen werden.“
Vor dem Denkmal ist ein Bodenrelief zu finden, ebenfalls von Avard Fairbanks gestaltet, mit allen bekannten Namen der 359 hier Bestatteten. Über der Relief-Figur kann man lesen: „live is eternal – das Leben ist ewig“.
Im „Mormon Trails Center at Winter Quarters“ durften wir eine sehr informative und freundliche Führung durch Herrn Porter aus Arizona genießen. Vielen Dank dafür!
Quellen und weiterführende Informationen:
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