Der Ort Gaspé (knapp 15.000 Einwohner) liegt an der gleichnamigen Bucht im Mündungsbereich des Sankt Lorenz Stromes. Der Name gilt gleichzeitig für die gesamte hiesige Region, die Gaspé-Halbinsel.
Gaspé beansprucht für sich, der Geburtsort Canadas zu sein; es nennt sich „Wiege Französisch-Amerikas“.
Dieser Anspruch bezieht sich auf ein Ereignis, das am 24. Juli 1534 stattfand.
Einige Tage vorher hatte der französische Seefahrer und Entdecker Jacques Cartier ↗ (1491-1557) aus Saint Malo kommend mit seinen zwei Schiffen Schutz in der Bucht von Gaspé gesucht und war dort auch etliche Tage geblieben.
Am obigen Datum errichtete er am Ufer ein Holzkreuz, das mit dem Wappen (Lilien) der französischen Könige geschmückt war, um einen Anspruch auf das Land für König Franz I (1494-1547) von Frankreich zu erheben. Er hatte damals Kontakte mit mehreren Gruppen der First Nation, manche Quellen berichten von den Mi:kmaq der Küstenregion, andere meinen, dass er Irokesen aus dem heutigen Raum Quebec, die auf Jagd waren, getroffen hatte. Auf jeden Fall ist überliefert, dass die First Nation mit dem errichteten Kreuz wenig anfangen konnten.
In Gaspé wird heute gleich an zwei Orten an das damalige Ereignis erinnert.
Im Norden von Gaspé, neben dem „Musée de la Gaspésie“↗, das die Kultur, Geschichte und Identität der Region präsentiert, steht im Außenbereich eine 9 Meter hohe Nachbildung des Originalkreuzes von Jacques Cartier. Symbolisch steht dieses Kreuz für den Beginn der Kolonialisierung der hiesigen Region durch Frankreich.
Hier befindet sich auch eine sechsteilige Bronzeskulptur. Auf den einzelnen Teilen ist die Geschichte der Ankunft von Jacques Cartier ↗ gezeigt. Auf den Stelen sind Szenen der Schiffsreise und der ersten Begegnung mit den indigenen Völkern dargestellt.
Auf Informationstafeln wird hier gesagt, dass er die Irokesen bereits 1534 getroffen hätte. Das Kunstwerk wurde 1982 von Pierre und Jean-Julien Bourgault-Legros geschaffen.
Auf einem benachbarten Hügel befindet sich eine weibliche Skulptur, die zu Ehren der Frauen aufgestellt ist, die in die Gaspésie kamen, die Region beeinflussten, mit aufbauten und mit Leben füllten. Diese Figur wurde 2012 von Renée Mao Clavet gestaltet und trägt den Titel „In Erinnerung an SIE“.
Im Zentrum des Ortes an der Gaspé-Bucht, dort wo der Fluss York in den Sankt Lorenz Strom einmündet, befindet sich die zweite Erinnerungsstätte.
Dominiert wird sie von einem fast zehn Meter hohen Kreuz, dass die Regierung Canadas 1934 zum 400-jährigen Jubiläum in Auftrag gab. Das monolithische Kreuz wurde aus einem Granitblock geschlagen und wiegt 42 Tonnen.
Rund um das Kreuz stehen seit 2015 einige rekonstruierte, historische Gebäude, die vermitteln sollen, wie das Leben um 1900 in Gaspé aussah. In ihnen sind einige Ausstellungen, ein Souvenirgeschäft, ein Gemischtwarenladen und ein kleines Gasthaus untergebracht.
Zum Fluss York hin hat man ein Wohn-Zelt der Mi:kmaq First Nation aufgestellt, um zu zeigen, dass dieses Volk hier schon Jahrhunderte vor der Ankunft der ersten Europäer lebte.
Zahlreiche Informationstafeln und einige große Stein-Quader mit Bildern und Sprüchen ergänzen das Gesamt-Erscheinungsbild dieser historischen Erinnerungsstätte.
Beispielsweise wird darauf hingewiesen, dass man von 1534 bis 1763 den Osten des heutigen Kanadas aufgrund der hauptsächlichen Besiedlung durch Franzosen „Neufrankreich“ bzw. „Nouvelle France“ nannte, danach übernahmen die Engländer die Verwaltung dieser Region.
Gaspé spielte in der Geschichte noch weitere Male eine gewisse Rolle; so z.B.
- zwischen 1630 und 1760 fanden hier schwere militärische Auseinandersetzungen zwischen Engländern und Franzosen statt.
- zwischen 1942 und 1944 versenkten deutsche U- Boote insgesamt 23 Schiffe der Alliierten im hiesigen Bereich des Sankt Lorenz Stromes.