Samstag, 15. Juli 2023

Der Kulturerbe-Baum

... in Brownville


Brownville ist ein weiteres Beispiel einer „noch bewohnten“ Museumsstadt (zurzeit etwa 150 ständige Bewohner). Der Ort hat eine große Geschichte, aber über die Zeit ist von seiner einstigen Größe (1880 hatte Brownville über 1.300 Einwohner) nicht viel übriggeblieben.
Das älteste Haus von Brownville ist die Didier-Blockhütte / Didier Log Cabin des ehemaligen französischen Pelzhändlers John Didier (1827-1918). Er erbaute dieses Haus im Jahr 1854 aus ganzen Baumstämmen, lebte dort mit seiner Familie über 60 Jahre und bewirtschaftete 50 Hektar Land. Die Didier Log Cabin befindet sich „touristenfreundlich“ direkt neben dem Visitor Center des Ortes.

Didier-Hütte
Didier-Hütte-rechts
log-cabin

2017 stellte man in Brownville anlässlich des 150. Jubiläums der Gründung des Staates Nebraska einen sogenannten „Kulturerbe-Baum“ auf. Nebraska wurde am 01. März 1867 als 37. Bundesstaat in die Union aufgenommen. Der fast neun Meter hohe „Heritage-Tree“ zeigt Symbole, die die Geschichte und das Leben in dem Ort Brownville beschreiben.

Heratige-Tree
Heritage-Tree in Bronville, Nebraska

An der Spitze ist ein Apfelbaum-Metallbild befestigt. Bereits ab 1854 pflanzten die neu eingetroffenen Siedler unter der Vorreiterrolle von Robert Furnas (1824-1905), dem zweiten Gouverneur von Nebraska und einem langzeitigen Bewohner von Brownville, tausende von Bäumen, insbesondere Apfelbäume. Die Landschaft um Brownville ist bis heute von diesen Baumpflanzungen geprägt und man darf nicht vergessen, dass das Motto des Staates Nebraska („home of the arbor-day“/Zuhause des Baumtages) mit Bäumen zutun hat.


Der Ort liegt am Missouri. So konnten um 1850 viele Siedler den Ort mit Schiffen einfach erreichen. Zweitens lebte der Ort wirtschaftlich Jahrzehnte vom Fluss. Dies ist auf dem ersten Ast durch das ehemalige Steamboat/Dampfschiff „Spirit of Brownville“ dokumentiert. Das Schiff gibt es noch und wird heute als Ausflugsschiff genutzt.
Die Brownville Bridge, die 1939 über den Missouri gebaut wurde, war natürlich auch wichtig für den Ort, weil man so den Nachbarstaat Missouri schnell erreichen konnte. Die Brücke ist neben dem Schiff dargestellt.

Schiff und Brücke
Spirit of Brownville

Im 19. Jahrhundert wurden die auf dem Missouri fahrenden Dampfschiffe durch die Eisenbahn verdrängt. Die Menschen in Brownville erkannten den wahrscheinlichen wirtschaftlichen Niedergang und versuchten die Pacific Railroad Company davon zu überzeugen, die Transkontinental-Linie über Brownville zu verlegen – leider vergeblich. Omaha / Council Bluffs waren die Gewinner dieses Wettstreites. Damit war auch besiegelt, dass Brownville an Bedeutung verlor. Immerhin wurde 1875 ein Anschlussgleis zum Ort gelegt. Das seit 1875 dazugehörige Eisenbahndepot kann man heute noch besichtigen und es ist auf dem "Heritage-Tree" abgebildet.

Depot
Borlington-Route

Neben dem Eisenbahndepot steht ein Caboose, ein historischer Küchenwagen.

Ebenso wird auf dem "Heritage-Tree"ein „Seitenrad-Dampfschaufelbagger“ präsentiert. So wird dieses besondere Schiff, das eigentlich ein Bagger/eine Dredge ist, offiziell bezeichnet. Das Baggerschiff war von 1931 bis 1976 in Betrieb und sollte die Schiffbarkeit des Missouri erhalten bzw. verbessern und das Überschwemmungsrisiko eindämmen.

Dredge
Dredge

Das US Army Corps of Engineers betrieb dieses „Baggerschiff“ und gab ihm in Erinnerung an den großen „Missouri-Fahrer“ den Namen „Captain Merriwether Lewis“. Das über 80 Meter lange, stillgelegte Schiff kann man heute im Riverside Park von Brownsville besuchen, im Schiff befindet sich ein Museum.

In den Jahren 1870 und 1871 war Brownville so bedeutend, dass man hier sogar den Nebraska State Fair veranstaltete. Die Staatsmesse lockte tausende Menschen in den Ort und man feierte fröhlich und ausgelassen. Auch dies wird beim Kulturerbe-Baum gezeigt. Heute gibt es nur noch zweimal im Jahr einen Flohmarkt, der aber jeweils tausende Besucher anzieht.

Festivals

Am "Heritage-Tree" will man auch an die ersten Kirchengemeinden erinnern. Bereits 1854/1855 wurde unter Mithilfe von Richard Brown die "Christian Church" errichtet. Ihr folgte in kurzem zeitlichem Abstand die "Methodist Church", die bereits 1860 von der "Episcopal Church" aufgekauft wurde.
Aber die Zeiten ändern sich. Auch dies wird am "Heritage-Tree" zum Ausdruck gebracht. Aus den zwei ehemaligen Kirchen wurden eine Konzerthalle und ein Theater.
Aus der Brownville "Episcopal Church" wurde 1989 die Konzerthalle, allerdings erst nach mehreren Umbauten. Im Frühjahr 1991 schlug in das Gebäude der Konzerthalle ein Blitz ein und es brannte ab. Man ließ sich nicht entmutigen, baute wieder auf und eröffnete bereits im selben Jahr erneut.

Konzerthalle

Das Brownville "Village Theatre" befindet sich in der ehemaligen "Christian Church" und bringt jedes Jahr ein Musical und vier Theaterstücke während der Sommersaison zur Aufführung. Hier hat man die alte Kirche nur im Innern umgebaut. Das Theater gibt es inzwischen seit 1967 und kann somit auf eine durchgängige über 50jährige Spielzeit zurückblicken.

Theater

Am "Heritage-Tree" wird „Whiskey Run Creek“ vorgestellt. Es ist ein aufstrebendes Weingut, das 2002 westlich von Brownville auf dem Gelände einer der ersten Brauereien von Nebraska eingerichtet wurde. Man nutzt heute noch eine mit Backsteinen ausgemauerte Höhle der Brauerei aus dem Jahr 1866, in der einst Bier zur Kühlung aufbewahrt wurde. Das Symbol-Gebäude des Weingutes ist eine 100 Jahre alte Scheune, in der Weinproben angeboten werden und die direkt über den "Whiskey Run Creek" gebaut wurde. Diese Scheune über dem Creek sieht man am Heritage-Tree.

Whiskey Run Creek

Ein weiterer Ast auf dem "Heritage-Tree" ist dem Gründer von Brownville gewidmet, Richard Brown (1822- 1900), der den Ort 1854 gründete. Er errichtete 1860 ein Ziegelsteingebäude in der Main Street. Dieses Haus wurde bereits 1864 von dem Bankier John Carson (1832- 1897) übernommen, umgebaut und mit wertvollen Möbeln ausgestattet. Heute ist dieses (Brown-Carson) Haus ein Museum, das das Leben vornehmer Bürger des 19. Jahrhunderts zeigt.

Carson House

Auf der gegenüberliegenden Seite des "Heritage-Trees" wird ein weiterer bedeutender Bürger von Brownville vorgestellt, Robert Furnas (1824-1905). Er traf als einer der ersten Siedler in Brownville ein und gab schon nach wenigen Wochen die erste Zeitung heraus. In seinem Leben übernahm er viele Aufgaben in der Gesellschaft, u.a. war er zwei Jahre (1873-1875) der zweite Gouverneur von Nebraska und während des Bürgerkrieges war er Oberst in der Nordarmee und befehligte drei Regimenter mit Native Americans, die für die Union kämpften. Die Priorität in all seinem beruflichen Wirken lag allerdings in der Landwirtschaft. Er war viele Jahre Präsident der Landwirtschaftsvereinigung von Nebraska und versuchte viele neue Methoden in den landwirtschaftlichen Betrieben einzuführen.

Furnas

So wird auf den nächsten Ästen, auch im Bezug auf Robert Furnas, einmal auf die Zeit des Bürgerkrieges (1861-1865) hingewiesen. Hier wird eine Kanone gezeigt. Ein solches Exemplar kann man heute im Wheel-Museum in der Main Street von Brownville besichtigen.

Kanone

Auf der gegenüberliegenden Seite ist ein Pflug (plow) zu sehen, der an die Bedeutung der Landwirtschaft in der Zeit der Siedler erinnert. Neben dem Pflug ist ein sogenanntes "Land Office"  abgebildet. Nach dem Homestead Act von 1862 durch Präsident Abraham Lincoln wurde in solchen "Land Offices" über den Staat Land an Siedler vergeben. Brownville hat da eine große Berühmtheit, weil der erste Antrag auf Land über den Homestead Act hier gestellt wurde. Zehn Minuten nach Mitternacht am 01. Januar 1863 stellte Daniel Freeman (1826-1908) den ersten Antrag im Land Office in Brownville.

Pflug

Auch die Freimaurer waren in Brownville Zuhause. Ihr Logenhaus war die "Nemaha Valley Lodge", die sie seit 1894 nutzten; die Freimaurer-Loge von Brownville wurde bereits 1858 gegründet.

Lodge

Eine Schule gab es in Brownville seit 1856 und sie existierte fast für 150 Jahre. Erst seit 2005 müssen Kinder aus Brownville eine Schule im 15 Kilometer entfernten Auburn besuchen. Das ehemalige Schulgebäude, das „Lyzeum“, ist heute ein Teil des sogenannten Book-Town, in dem sich ein Restaurant, ein Buchladen und ein Vortragsraum befinden.

Schule

An diesem "Heritage-Tree" hat man die Gelegenheit, die Geschichte eines Ortes (Brownville) und eines Staates (Nebraska) in komprimierter Form kennenzulernen.

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