Wenn man auf den Spuren der Lewis & Clark Expedition am Missouri-River unterwegs ist, trifft man häufig auf historische Ereignisse, die sich einige Jahrzehnte später am Fluss ereigneten.
So gibt es u.a. die Ära der Dampfschiffe, der „Steamboats“, auf dem Missouri-River.
Quelle: Steamboat Museum |
Entfernungsangaben für Dampfschiffsreisende am Missouri-River von St. Louis beginnend flussaufwärts Quelle: Steamboat Museum |
Das erste Steamboat, in Saint Louis startend, war bereits 1819 auf dem Missouri unterwegs – also nur 13 Jahre nach der Rückkehr des "Corps of Discovery" im Jahr 1806. Die Steamboats beförderten Menschen und Frachten bis in die 1920er Jahre auf dem Fluss, danach war der Transport mit der Eisenbahn tatsächlich schneller und wirtschaftlicher.
Das Museum, das wir heute in Kansas City besuchen, ist das „Arabia Steamboat Museum“ und liegt direkt neben dem City Market. Es wurde 1991 eröffnet und zeigt die nahezu komplette, restaurierte Ladung eines im Missouri untergegangenen Dampfschiffes, der „Arabia“.
Die „Arabia“ sank 1856 auf ihrem Weg den Missouri hinauf nach Omaha City nördlich von Kansas City, nachdem sie mit einem Baumstumpf kollidiert war. Alle etwa 130 Passagiere und die Besatzung konnten gerettet werden, allerdings versanken mit dem Schiff etwa 220 Tonnen Fracht. Die Fracht, produziert in vielen fremden Ländern, war überwiegend völlig neu erworben und für Gemischtwarenläden im Nordwesten bestimmt. Hinzu kamen die Gegenstände, die die mitreisenden Pioniere mitnahmen. Ein einziges zu beklagendes Todesopfer war ein im unteren Bereich des Schiffes festgebundener Maulesel.
Der Baumstamm, der zum Untergang der Arabia führte |
Die Überreste des gestorbenen Maultieres |
Es gab eine Missouri-Dampfschiff-Kommission, die eine Statistik herausgab:
Zwischen den Jahren 1819 bis 1897 versanken im Missouri insgesamt 289 Dampfschiffe, von denen allein 204 aufgrund von Kollisionen mit Baumstämmen untergingen. Auf 25 Dampfschiffen brachen Feuer aus, bei dem Rest kennt man die Ursache des Untergangs nicht genau.
Karte des Missouri-Rivers und die Untergangsstellen der Dampfschiffe |
Bald nachdem die Arabia 1856 untergegangen war, veränderte der Missouri an dieser Stelle seinen Flusslauf durch verschiedene Hochwässer ganz massiv, sodass das Wrack meterhoch von Schlamm und Sand bedeckt war und es sich dadurch auch noch etliche hundert Meter vom neu entstandenen Flussbett entfernt befand.
Lageort des Untergangs der ARABIA Quelle: Steamboat Museum |
Die Arabia geriet in Vergessenheit, aber nicht ganz, denn man erzählte sich, dass auf dem Dampfschiff u.a. viel Whisky (400 Fässer Kentucky Bourbon) transportiert wurde. Ihn galt es zu bergen. So suchte man erstmals 1877 nach ihm, fand jedoch nur Fellmützen und gab das Unterfangen auf. 1897 versuchte man, eine Stahlröhre zu dem Schiff hinabzulassen, um in ihr nach dem Whisky im Schiff zu suchen – man fand nur Achsen für Wagen, ein Fass mit Schweinefleisch, Schuhe und eine Truhe mit Nachtgeschirr – aber keinen Whisky.
Die vergebliche Suche nach Whiskey Quelle: Steamboat Museum |
Danach geriet das Schiff endgültig in Vergessenheit, bis 1988 ein Klimatechniker, David Hawley, eine Klimaanlage bei einem älteren Herrn reparierte, der ihm von der untergegangenen Arabia erzählte. David Hawley konnte seinen Bruder Greg und seinen Vater Bob Hawley (1930-2019) davon überzeugen, nach dem untergegangenen Dampfschiff zu suchen. Mit zwei weiteren Abenteurern und einem teuren Equipment startete man die Suche in einem Maisfeld, das von dem alten Herrn als wahrscheinlicher Untergangsort genannt worden war. Und man wurde fündig. Mit einem unbeschreiblichen und teuren Aufwand, u.a. ständiges Abpumpen des Grundwassers am Fundort und großen Spezialmaschinen, grub man die Arabia mit ihrer gesamten Fracht aus.
Ausgrabungstelle der Arabia Quelle: Steamboat Museum |
Die Familie stellte Restauratoren ein, setzte sich mit internationalen Denkmalpflegern zusammen und bald war klar, dass man den größten „Schatz“ aus der Zeit vor dem amerikanischen Bürgerkrieg gehoben hatte.
Die Familie Hawley eröffnete in Kansas City im Jahr 1991 das „Arabia Steamboat Museum“ und führt es noch heute als Familienunternehmen.
Auf dem Weg in das Museum werden vier etwa fünfminütige Filme gezeigt, die über die Dampfschiffe generell, den Untergang der Arabia und die Abenteuer der Ausgrabung und die Entstehung des Museums informieren.
Gleich am Eingang des Ausstellungsgebäudes, das dem Deck der Arabia nachempfunden wurde, befindet sich ein rekonstruiertes Schaufelrad, das sich mit einem gewaltigen Mechanismus, in einer gemalten Landschaft dreht.
Nach einigen allgemeinen historischen Präsentationen (beispielsweise zum Missouri, zum Untergang von Dampfschiffen generell oder zu bestimmten Passagieren, die die Dampfschiffe nutzten) erreicht man die „Zeitkapsel“ mit den historischen Ausstellungsstücken.
Quelle: Steamboat Museum |
Man hat den Eindruck, dass man ein vornehmes Warenhaus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts betritt. So kann man beispielsweise über 4.000 Schuhe und Stiefel in allen modischen Formen der damaligen Zeit bestaunen oder sich über 250 Hüte ansehen, die aus der Ladung der Arabia gesichert wurden. Viele Stücke mussten übrigens nach der Reinigung neu genäht werden, da sich die Baumwollfäden unter Wasser aufgelöst hatten.
In bunter Collage kann man tausende von Knöpfen, vor allem echte Porzellan- oder Perlmuttknöpfe, bestaunen.
Hunderte antike Schlüssel und Schlösser sind originell aufgereiht, von denen mit Spezialradiergummis aufwändig Oxidierungen entfernt wurden. Taschenmesser, über 330 Stück, Axt-Köpfe oder Zinnkrüge sind weitere ausgestellte Metall-Gegenstände.
Taschenmesser |
Brillen |
Schlüssel und viele diverse Eisenwaren |
Eisenwaren |
Handwerkzeug für den rauhen Westen |
Holzkübel und Vorratskästen |
Über das in Vielzahl gezeigte Essgeschirr, einfach oder fein bemalt, und tausende weiterer Ausstellungsstücke des damaligen Alltagslebens gewinnt man einen Eindruck von der bevorzugten Gestaltung der Gegenstände.
Es werden Gläser bzw. Flaschen gefüllt mit Lebensmitteln, Getränken und Elixieren präsentiert, die nach der Bergung mit Stickstoff behandelt wurden, um sie weiterhin zu erhalten.
Eine kleine Wiegeschaufel mit Original-Kaffeebohnen von 1856 gehört zu den besonderen Stücken. Man stelle sich aber vor, dass alles trotzdem, auch nach 150 Jahren, noch ess- bzw. trinkbar wäre.
Man kann zwei Restauratorinnen bei der Arbeit zuschauen, wobei eine der Damen nur mit der Aufbereitung von Schuhen und Kleidungsstücken beschäftigt ist.
Hier erfährt man, dass selbst dreißig Jahre nach der Ausgrabung noch einige tausend Stücke auf ihre Reinigung und Haltbarmachung warten, damit man sie der Ausstellung hinzufügen kann.
Dazu gehören z.B. Schmuck, Waffen…
Quellen und weiterführende Informationen:
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