Nach unserem kurzen Aufenthalt im Bundesstaat Kansas (in der Stadt Atchison) nutzen wir auf unserer Weiterfahrt nach Nordwesten erneut den Highway 59 für 40 Kilometer und erreichen Saint Joseph.
Die Stadt, am Missouri-River und im Bundesstaat Missouri gelegen, hat heute rund 73.000 Einwohner. Wieder einmal wird der Ort mit einer „liebevollen“ Abkürzung benannt - man wohnt in St. Joe.
Gegründet wurde sie 1843 von dem Pelzhändler Joseph Robidoux (1783-1868), der an dieser Stelle einen Pelzhandelsposten betrieb und sich dann entschied, hier sogar eine Stadt aufzubauen. Interessant ist die Geschichte, dass er zwei Männer mit der Planung der Stadt beauftragte, und sich dann für den Entwurf mit den schmaleren Straßen entschied, damit die Grundstücke, die er verkaufen wollte, größer wurden.
Heute kann man ein Robidoux Row Museum in Saint Joseph anschauen, das in den originalen Handels- bzw. Wohnhäusern der Familie Robidoux untergebracht ist. Der Pelzhändler und Stadtgründer erweiterte seinen Wohnbedarf, indem er zwischen 1840 und 1850 sieben Häuser in einer Reihe (row) aneinanderbaute. Anfangs ließ Robidoux Neusiedler, die noch kein Haus hatten, in einem seiner Reihenhäuser wohnen. Heute sind nach einer Restaurierung noch vier Einheiten erhalten.
Von der „Robidoux Row“ fahren wir zum Haus, in dem der legendäre Jesse James (1847-1882) in Saint Joseph erschossen wurde. Jesse wurde in Kearney nordöstlich von Kansas City geboren und wuchs in einer Familie auf, die mit den Vorstellungen des Südens sympathisierte. Während des Bürgerkrieges kämpfte er in einer Guerilla- Gruppe gegen die Unionssoldaten aus dem Norden, wobei er während dieser Zeit einige traumatische Erlebnisse hatte. Den vom Süden verlorenen Bürgerkrieg wollte er nicht akzeptieren und beschloss, den „Norden“ durch Überfälle zu schädigen. So gründete er mit seinem Bruder Frank und einigen weiteren „Gesetzlosen“ eine Bande, die mit großer Brutalität Banken, Züge und Postkutschen überfiel. Von vielen wurde er als „Robin Hood“ des Südens mystifiziert, was aber nicht stimmt. Kein einziger erbeuteter Dollar wurde je von den James-Brüdern für einen „guten Zweck“ an den Süden gestiftet. Während seiner „Bandenzeit“ konnte er einige Jahre unter einem Decknamen in Tennessee versteckt und unbehelligt leben. Sein Ende war tragisch. Ein Bandenmitglied, Robert Ford, hatte mit dem damaligen Gouverneur von Missouri ausgehandelt, dass er selbst begnadigt wird und ein Kopfgeld erhält, wenn er Jesse James erschießt. So wurde Jesse James am 03. April 1882 in dem kleinen Haus in Saint Joseph von seinem „eigenen“ Mann Bob Ford erschossen.
Das Jesse James-Haus liegt im „historical district“ (historisches Viertel) „Patee- Town“. 1845 kaufte John Patee (1794-1868) in Saint Joseph 130 Hektar Bauland, um ein eigenes Stadtviertel („Patee-Town“) zu errichten. Er ließ einige Gebäude erbauen, u.a. das „Patee-House Hotel“ oder den „Patee-Market“, und verkaufte auch einzelne Grundstücke. Der größte Bauboom in diesem Viertel fand in den 1890er Jahren statt.
Das Patee-Haus (1861) |
Heute findet man in dem Viertel noch etwa 70 historische Gebäude aus dieser Zeit.
Das von John Patee erbaute „Patee House Hotel“, ein luxuriöser, vierstöckiger Backsteinbau, blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Im Jahr 1860 diente der gesamte erste Stock als Hauptquartier des Pony Express. Hier befand sich das Büro der Pony Express Verwaltung; Reiter und Fahrer für die Versorgung der einzelnen Stationen wohnten im Hotel.
In den Jahrzehnten danach wurde das Gebäude mehrmals als Hotel, aber auch als Mädchen-College und 80 Jahre als Hemdenfabrik genutzt. Seit 1965 ist das ehemalige Hotel nun ein Museum.
Empfangstresen im Patee-House |
Das sehr "voll gestopfte" „Patee House“ Museum hat einen Schwerpunkt zum Thema „Transport und Kommunikation aus historischer Sicht“. So kann man mehrere antike Kutschen, Planwagen, Autos, Lastwagen, Feuerwehrautos, Rennwagen und Lokomotiven neben Telefonen und Radios aus „alter Zeit“ bestaunen.
Einige Ausstellungsstücke sind der Zeit des Bürgerkrieges und der "Buffalo-Soldaten" gewidmet.
Natürlich werden in dem Museum auch die Räume und die Raumausstattungen des historischen Hotels präsentiert.
Besonders originell ist der im Museum wieder aufgebaute „Buffalo-Saloon“, der sich ab 1854 in der Edmond Street in Saint Joseph befand und der 1959 schließen musste. Dieser Ort war früher bei deutschen Immigranten beliebter Treffpunkt, da man hier neben anderen Spirituosen insbesondere "Rhineland-Wine" bekommen konnte.
Ein Highlight im "Patee-House-Museum" ist die Karussell-Ausstellung. Das voll funktionstüchtige Vintage-Karussell „Wild Things“ aus den 1940er Jahren lädt junge und alte Besucher zu einer Fahrt auf wunderschön geschnitzten Figuren ein - einem Kolibri, einem Weißkopfseeadler und vielen anderen.
Nach diesem Museumsbesuch ist man auf jeden Fall ein wenig „erschlagen“ von der Fülle und Vielfalt der ausgestellten Stücke.
Unsere nächsten Ziele sind das Pony Express-Museum und das Pony Express-Monument in Saint Joseph, die wir in einem weiteren Artikel beschreiben werden.
Bei der Fahrt durch die Stadt fällt ein, auf einem Hügel liegendes Gebäude auf – das „Courthouse“ (Gerichtsgebäude) des County Buchanan. Saint Joseph ist die Kreisstadt des Kreises Buchanan (knapp 85.000 Einwohner, von denen 73.000 in Saint Joseph wohnen), der 1838 gegründet und nach dem US-Präsidenten James Buchanan (1791-1868) benannt wurde.
Wir fahren weiter, diesmal über steile und schmale Straßen bergauf - auf den „Huston Wyeth- Hill“. Huston Wyeth (1863-1925), ein reicher Unternehmer aus Saint Joseph, schenkte der Stadt einst diesen kleinen Berg am Missouri, damit die Stadt dort Bauplätze für die Bürger einrichten konnte. Oben am Hill befindet sich ein schöner Aussichtspunkt mit Blick auf den Missouri.
Der Lewis & Clark Expedition wird hier oben mit einer Infotafel gedacht (allerdings einer ziemlich „verwahrlosten“). Auf ihrer Hinreise passierten sie am 07.07.1804 diese Stelle, Lewis & Clark hatten während ihrer Rückfahrt am 16. September 1806 den Stadtgründer Joseph Robidoux getroffen, der beruflich flussaufwärts unterwegs war. In den Tagebüchern von ihnen ist vermerkt, dass sie ihm misstrauten, weil sie, aufgrund seiner französisch-kanadischen Abstammung von ihm vermuteten, dass er die "Native Americans" negativ gegen die Amerikaner beeinflussen würde.
Auch in einer Parkanlage direkt am Missouri-River wird den Mitgliedern des Corps of Discovery gedacht, doch auch an dieser Stelle sind Schilder kaum noch lesbar, oder fehlen ganz.
Wie so oft hat man vor über 20 Jahren anlässlich des 200jährigen Jahrestages der Lewis & Clark Expedition einmal viel, sogar sehr viel Geld in die Hand genommen, doch an die künftige Hege und Pflege der Plätze, Schilder, Hinweisinformationen denkt man heute (fast) nicht mehr!
Quellen und weiterführende Informationen:
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