Freitag, 18. Juli 2025

Flaschenhäuser

In dem Ort Borden-Carleton starteten wir nach der Überquerung der Confederation Bridge zu unserem ersten Ziel auf der Prince Edward Island und fuhren auf dem Highway PE-2 über 55 Kilometer bis zum Cape Egmont im Südwesten der Insel. Das Cape ist nach dem britischen Admiral John Perceval, dem 2nd Lord of Egmont (1711-1770), benannt.
Die Region, in der sich das Cape Egmont befindet, wird „Région Évangéline“ genannt. „Évangéline“ war die Heldin eines Gedichtes des amerikanischen Autors John W. Longfellow (1807-1882), das sich mit der Vertreibung der Akadier aus Kanada in der Mitte des 18. Jahrhunderts befasst. Auch die Akadier auf Prince Edward Island wurden vertrieben. Sie waren zwar die europäischen Erstbesiedler der Insel,  wurden aber von den Briten während des sogenannten siebenjährigen Krieges (1755- 1762) deportiert. Mitte des 19. Jahrhunderts kamen viele von ihnen zurück und siedelten sich überwiegend im Südwesten der Insel an.
Wir besuchten also mit dem Cape Egmont eine Region, in der Nachfahren der Akadier leben. Einer von ihnen, der Akadier Édouard Arsenault (1914-1984), war der Erbauer unseres touristischen Zieles - „The Bottle Houses oder Les Maisons des Bouteilles“ (Die Flaschenhäuser).
Bottlehouses
Welcome
Seine Tochter hatte ihm Ende der siebziger Jahre von einem Projekt in Duncan auf Vancouver Island in British Columbia berichtet. Dort hatte ein ehemaliger Zimmermann namens George Plumb im Jahr 1963 aus tausenden von Flaschen eine Art Glas-Burg (George’s Glass Castle) erbaut. In den 1990er Jahren fiel dieses Objekt einem Autobahnbau zum Opfer. Es existiert nicht mehr.
Édouard Arsenault war von dem Projekt in British Columbien so begeistert, dass er beschloss, auf  Prince Edward Island ebenfalls ein solches „Flaschen-Haus“ zu realisieren. Im Alter von 66 Jahren startete er 1980 mit dem monatelangen Reinigen und Etikettenentfernen von tausenden von gesammelten und gespendeten Flaschen, Recycling kannte man damals noch nicht. Danach begann er mit den Flaschen und Beton seine Häuser zu erbauen. Es war ein zeitaufwändiges Unterfangen, denn er konnte immer nur eine Flaschenreihe mit dem Beton erstellen und musste dann die Trocknungs- bzw. Aushärtungsphase abwarten. Neben dem Sand benötigte Arsenault für das erste Haus noch 85 Sack Zement.
das sechs giebel haus
Das sechs Giebelhaus
Glashaus
Mobiliar
Er kombinierte die Flaschen sorgfältig, denn er wollte nach der Fertigstellung seiner Gebäude schöne Lichteffekte erreichen. 
Wenn man heute als Besucher durch seine Häuser geht, kann man je nach Sonneneinstrahlung tatsächlich wunderschöne Muster und Reflektionen beobachten.
Bis 1983 hatte er drei Flaschengebäude fertig - ein sechsgiebeliges Haus aus 12.000 Flaschen, eine sechseckige Taverne aus 8.000 Flaschen und eine Kapelle aus etwa 10.000 Flaschen. Das Giebelhaus ist  6 mal 4 Meter groß, die anderen beiden Häuser sind etwas kleiner. Die Dächer sind mit Holzschindeln bedeckt.
Als Édouard Arsenault unerwartet 70ig-jährig verstarb, war seine Kapelle noch nicht ganz fertig gestellt.
Kapelle
Kabelle
Kapelle
Kapelle
Zusätzlich steht am Eingang des Geländes eine vier Meter hohe Riesenflasche, wiederum aus Flaschen und Beton, die zum Besuch der „Bottle Houses“ einlädt.
Die Besucher können bei ihrem Spaziergang über das Gelände viele Details der Flaschenhäuser von außen und innen bestaunen.
Das Sechsgiebelhaus hat neben dem Mitteltrakt zwei Seitenräume, in denen auch ein Klavier und verschiedene Möbelstücke stehen.
In der Taverne sind besonders geformte Flaschen ausgestellt, die Édouard Arsenault nicht verbauen wollte.
Und in der Kapelle gibt es sogar einen „Flaschen-Altar“.
Altar
Altar aus Flaschen
Taverne
Bar in der Taverne
Die „Flaschenhäuser“ mussten in den 1990er Jahren abgerissen und nach Originalplänen und Fotografien neu aufgebaut werden, weil die ursprünglichen Fundamente nicht stabil genug waren.
Wir waren von den originellen „Flaschenhäusern“ begeistert, aber fast noch mehr von der wunderschönen Gartenanlage, in der sie zu finden sind. Im Zentrum befindet sich ein Teich mit einem Springbrunnen. Die Blumenbeete sind bunt und selbst ein Kolibri war gemeinsam mit uns unterwegs.
Kolibri
Garten
Einige „Flaschenbaum-Kunstwerke“ bereichern den Garten und auch Feen und Gnome fühlen sich hier wohl.
feen
Auf der Rückseite der Gartenanlage steht ein kleiner Nachbau des Leuchtturms vom Cape Egmont, in dem Édouard Arsenault von 1950 bis 1958 Leuchtturmwärter war.
Leuchtturm
Édouard Arsenault starb 1984. Er war Fischer, Leuchtturmwärter, Zimmermann, Bootsbauer und am Schluss seines Lebens „Glashaus-Gestalter“; eine beeindruckende Vielfalt von Berufen. Sein Projekt führten seine Frau und ab 1988 seine Tochter bis zum Jahr 2018 weiter. Sie verkaufte es an die derzeitigen Betreiber; derzeit kann man es wieder erwerben! Das Gelände ↗ ist weiterhin in den Sommermonaten für Besucher geöffnet, hoffentlich noch lange. Uns hat der Besuch dieses originellen Ortes gefallen.
Seerose

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