Montag, 7. Juli 2025

Die Leprakranken von Tracadie

Tracadie, ein Städtchen mit knapp 16.000 Einwohnern, liegt im Südosten der Akadischen Halbinsel und befindet sich an der Einmündung des Großen und des Kleinen Tracadie Rivers in den St. Lorenz Golf.
Früher lagerten hier die Mi:kmac First Nation während ihrer Angel- und Jagdsaison und nannten den Ort „Telagadik“, was übersetzt „Lagerplatz“ bedeutet.
Tracadie kann auf eine besondere historische Bedeutung in einem bestimmten Bereich zurückblicken.
Im Ort wurden von 1868 bis 1965 Leprakranke durch Schwestern der „Ordensgemeinschaft vom Heiligen Joseph“ betreut. 
Leprastation
1844 gab es eine erste offizielle ärztliche Dokumentation von Lepra-Erkrankten  in New Brunswick, wobei aber schon vorher Menschen nachweislich an Lepra gestorben waren.
Wie die Erkrankung überhaupt nach New Brunswick kam, ist nicht geklärt. Manche sind der Meinung, dass sie von aus Louisiana zurückkehrenden, ehemals verschleppten Acadiern mitgebracht wurden.
Von 1844 bis 1849 isolierte man die Erkrankten auf der Sheldrake-Insel, die etwa 80 Kilometer südlicher an der Mündung des Miramichi-Flusses in den St. Lorenz Golf liegt. In dieser Lepra-Kolonie herrschten schlimmste hygienische und menschenunwürdige Bedingungen. Die meiste Zeit wurden die Kranken sich dort selbst überlassen.
Geschichte
Insel
Ab 1849 brachte man die Lepra-Kranken ins extra errichtete "Lazarett" nach Tracadie zur Pflege, allerdings war dies auch eine geschlossene Station.
Ab 1868 pflegten die Schwestern der „Ordensgemeinschaft vom Heiligen Joseph“ die Leprakranken hingebungsvoll und richteten bald neben der Leprastation noch ein Krankenhaus für weitere Patienten ein. Die letzten Leprakranken wurden 1937 in Tracadie ins „Lazarett“ eingewiesen und die Einrichtung selbst wurde 1965 offiziell geschlossen. Während 97 Jahren erfolgte die Betreuung von etwa 330 Leprakranken. 
Heute kann man in Tracadie den "Lepers‘ Cemetery" besuchen, der an das traurige Kapitel der Geschichte der Leprösen erinnert. Auf dem Friedhof gibt es 59 Gräber, viele von ganz jungen Menschen und von zahlreichen Nationalitäten.
Friedhof
Friedhof
Allerdings gibt es noch 90 Gräber von an Lepra Verstorbenen auf dem „Friedhof der Gründungsväter (cemetery ot the founding fathers)“ und 60 auf dem Friedhof in der Nähe der Kirche „St-Jean-Baptist-et-St-Joseph“ in der Rue Principale.
Natürlich haben auch die Schwestern einen Ehrenfriedhof (Cimetière de Religieuses Hospitalières).
Ehrenfriedhof
ehrenfriedhof
Grabkreuze
Über die gesamte Geschichte der Betreuung der Lepra-Kranken kann man sich zusätzlich im Museum (Musée Historique de Tracadie) informieren, das sich im 2. Stock im Gebäude der „Académie Sainte Famille“ befindet. Diese Historie wird als „Epos der Nächstenliebe“ dargestellt.
Musee
Académie Sainte-Famille
Das zwischen 1910 und 1912 erbaute vierstöckige Gebäude im Kolonialstil war ursprünglich eine Schule und eine Pensionsverwaltung für die "Religiösen der Saint-Joseph-Hospitalisten". 

Die Krankheit ist auch heute nicht verschwunden, beispielsweise wurden in Ontario von 1979 bis 2002 184 Leprafälle gemeldet. Allerdings spricht man nicht mehr von Lepra, sondern von der Hansen-Krankheit, nach dem norwegischen Arzt Gerhard Armauer Hansen (1841-1912) benannt, der 1873 das die Krankheit auslösende Bakterium (Mycobacterium leprae) entdeckte.
Das Bakterium Mycobacterium lepromatosis, das ebenfalls Symptome der Hansen-Krankheit auslösen kann, wurde erst im Jahr 2008 entdeckt. 

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