Freitag, 24. Juni 2022

Willie’s Distillery in Ennis

Da wir seit vielen Jahren an Whisky / Whiskey interessiert sind und sogar über eine eigene ansehnliche Sammlung verfügen, besuchen wir, wenn es sich einmal so ergibt, lokale Whisky-Destillerien. So „landeten“ wir eher durch Zufall in Ennis bei „Willie’s Distillery“.

Willie´s Distillery

Im Außenbereich kann man einen „Oldtimer-Auslieferungswagen“ und zur Zeit unseres Besuches einige gebrauchte, gestapelte leere Fässer im Hof sehen. 


Dann bewunderten wir das über einhundert Jahre alte Holzgebäude, in dem sowohl einmal ein Pferdestall und später u.a. eine Tankstelle untergebracht waren und sich heute „Willie’s Distillery“ befindet.
Wir betraten den gemütlich eingerichteten „Tasting Room“ und stellten schnell fest, dass wir an einem
besonderen Ort angekommen waren. Zuerst könnte man die zahlreichen Dekorationen bestaunen und anschließend vielleicht einen Cocktail, einen Whisky genießen.

decor

Man begegnete uns mit größter Freundlichkeit und nach dem Probieren von einigen Whisky- und Likörsorten von „Willie’s“ lud uns der Generalmanager, Jeff Berke, zu einer sehr informativen und kurzweiligen Besichtigungstour ein.

proben

In diesem Betrieb fällt sofort auf, worauf hier Wert gelegt wird - alles wird von den Mitarbeitern persönlich erledigt, selbst die Flaschen werden per Hand befüllt, verkorkt und beschriftet.

Danny
Danny Callahan, Production Assistant
beim Beschriften der Labels

label for coffe liqueur
17.5% ALC/VOL | 35 PROOF

Zunächst einmal durften wir uns mit einer Tatsache auseinandersetzen - hier wird „Bourbon“ hergestellt und das aus mindestens 51 % (jedoch höchstens 80 %) Mais (Corn). Als Europäer denken wir meistens an eine Herstellung aus Gerste, aber wir sind im „Land des Bourbon“. Willie’s Distillery bezieht den Mais überwiegend aus Nebraska und Illinois, denn in Montana wird kein Mais angebaut. Die anderen verwendeten Getreidesorten (Roggen, Weizen, Gerste, Hafer) kommen natürlich aus Montana.

Bevor aus Getreide Whisky hergestellt werden kann, wird es in der Regel gemälzt, d.h.das Getreide wird durch Befeuchten gezielt zum Keimen gebracht. Dabei werden Enzyme im Getreidekorn aktiviert, die wiederum die im Korn enthaltene Stärke zu Malzzucker umwandeln. Bei der Bourbon-Herstellung hingegen wird der Mais nicht gemälzt sondern gekocht, um so den enthaltenen Zucker verfügbar zu machen.
nach dem Maiskochen
Läutern: Abfüllen der Würze - Mais nach dem Kochvorgang

Eine weitere Besonderheit bei der Herstellung eines Bourbon Whiskies ist, dass er immer in neuen, frisch ausgebrannten, “getoasteten” Fässern, gefertigt aus der Amerikanischen Weiß-Eiche (Quercus alba), gelagert werden muss. Was die Lagerung bzw. die Reifung im Fass betrifft: dafür ist im Gegensatz zum "Scotsch Whisky" keine Mindestlagerzeit vorgeschrieben. Um jedoch als "Straight Bourbon" verkauft zu werden, muss er mindestens zwei Jahre im Eichenfass gelagert worden sein.
Und noch etwas: bei der Herstellung eines Boubons darf kein Zuckerkulör (Zuckercouleur) [E150] als Farbstoff verwendet werden.
Die Hauptproduktionsstaaten des Bourbons in der USA sind Kentucky und Tennessee.

Auch die nächsten Prozesse werden in dieser Distillery per Hand durchgeführt - das Mahlen des Getreides und die Herstellung der Maische nach bestimmten Rezepten. Nach dem Mahlen kommt alles in einen Maischebottich, wobei immer zunächst der Mais eingefüllt wird; anschließend wird Wasser in einem bestimmten Verhältnis zugefügt und alles wird bei einer bestimmten Temperatur für etwa zwei Stunden aufgekocht. Danach kommen die anderen Getreidesorten hinzu und es wird wieder erhitzt. Bei manchen Rezepten kommt noch 1 Prozent Melasse (Zuckersirup) hinzu. Alles wird anschließend zusammen mit Hefe in den „Fermenter-Tank“ umgefüllt, wo es etwa eine Woche vor dem Destillieren verbleibt.

Destillerieeinheit

Bavarian Technologie
Mash Tun (Maischebottich)

Auf ihre Destillationsanlage ist man in Willie´s Distillery besonders stolz. 
Während man für die Herstellung von Bourbon Whiskey fast ausschließlich mit dem Column Stills Verfahren (Säulenbrennverfahren) arbeitet, ist es hier eine sogenannte kupferne Pot Still, eine Topfdestille oder Topfblase. Diese Destillerie-Anlage wurde speziell vom weltbekannten Destillierhersteller Bavarian Holstein in Deutschland maßgefertigt. Die Destille ist aus Kupfer handgefertigt und handgehämmert, um auf diese Art und Weise eine größere Oberfläche zu schaffen, die mit den Dämpfen der Spirituosen reagiert und so feinste Aromen hervorbringen kann.
2003 fusionierten die "Bavarian Brewery Technology" aus Californien und die Arnold Holstein GmbH vom Bodensee in Deutschland, um ihre hochwertigen Brennereiausrüstungsanlagen in Nordamerika zu vermarkten. Mit ihnen kann man in fein abgestimmten Temperaturbereichen destillieren.

Das Team um die beiden „Distiller“ Terry und Grady ist mit einer Destillations-Charge etwa 4 Stunden beschäftigt, indem sie bei 78 °C (172 °Fahrenheit) mit dem Kondensieren des Alkohols beginnend, langsam weiter hochheizen und den Alkohol je nach Kondensation in drei Phasen auffangen – heads, hearts and tails (foreshot, heart und feints), wobei das „Mitteldestillat – hearts“ direkt für die Fässer bestimmt ist. Die heads- und tail-Phasen kann man verwerfen oder nochmals mitdestillieren. Der dann noch verbleibende Rückstand und der übrigbleibende Treber (nach dem Läutern) geht an einen Schweinezüchter der Region zum Verfüttern.
Nachdem uns Jeff Berke die einzelnen Orte des Herstellungsprozesses gezeigt hatte, führte er uns ins benachbarte Fasslager, wo wir viele Fässer sahen, die senkrecht stehend gelagert wurden.
Auch hinter dem großen Rolltor lagern in einer großen Halle viele weitere gefüllte Fässer.


Innerhalb der Lagerzeit von maximal drei Jahren in Willie´s Distillerie gehen einige % des Inhaltes durch Verdunstung verloren (angels share). So kann man auch in dieser Halle einen bestimmten Geruch wahrnehmen -  nach Whisky und nach Eichenholz.
Es stehen gefüllte, aber auch einige leere Hölzfässer unterschiedlicher Größe im Lager; ein 30 Gallonen-Holzfass (113,5 Liter) kostet - ohne Inhalt - beispielsweise etwa 250 US$. Bevor der „gereifte“ Whisky in dieser Distillery „per Hand“ in die Flaschen umgefüllt, verkorkt und beschriftet wird, muss er noch filtriert (non chilled) werden.
Auch die Produktionskosten waren bei unserer Führung ein Thema, denn im Rahmen der aktuellen Preissteigerungen allgemein kam zur Sprache, dass allein die Kosten für leere Flaschen in der letzten Zeit explodiert sind!

Einige der von „Willie’s“ angebotenen Whiskysorten haben ihre ganz eigene Geschichte:
Der „Devil’s Brigade Whiskey“ beispielsweise hat seinen Namen zu Ehren der First Special Service Force (FSSF), die während des Zweiten Weltkrieges in Fort Harrison, Montana, ausgebildet wurden. Diese Einheit kämpfte dann anschließend während des Krieges zusammen mit einer kanadischen Einheit. Da sie sich vor ihren Kampfhandlungen die Gesichter schwarz anmalten, hatten sie bei den Deutschen den Spitznamen „schwarze Teufel“. Dementsprechend ist der angebotene Whiskey eine Mischung aus bei Willie’s hergestelltem Bourbon und zugekauftem kanadischem Whisky.

devil’s brigade whiskey

Der „montana moonshine whiskey“ hat z.B. folgenden Bezug - Willie, der Besitzer der Distillery, stammt aus der Apalachen-Region in North Carolina. Diese Region wird auch als das „apalachian moonshining country“ bezeichnet, in Erinnerung daran, dass man in dieser abgelegenen Gegend nachts, wenn die Vertreter der Kontrollbehörden schliefen, seinen eigenen, von den Behörden nicht genehmigten Alkohol destillierte  - eben den „moonshine“. Wenn man schon diesen Bezug zur Geschichte hat, dann darf natürlich ein „moonshine whiskey“ im Angebot nicht fehlen.

Montana moonshine whiskey

Neben dem „montana moonshine“ gibt es bei „Willie’s“ noch eine Variation mit zugesetztem Honig, den „Montana Honey Moonshine“.
Zusätzlich zu den verschiedenen Whiskysorten, die bei Willie’s angeboten werden, sind zwei Liköre sehr begehrt  -  dies sind der „Wild Montana Chokecherry Liquer“ und der „Huckleberry Cream Liquer“. Auch ein eigener Wodka und etliche andere Sorten stehen noch zur Auswahl im Regal.

Willie´s-whisky-angeborte

Abschließend noch einige wenige Worte zur Geschichte von „Willie’s Distillery“.
Der Betrieb wurde 2010 von Robin und Willie Blazer in Ennis gegründet, 2012 offiziell eröffnet.
Als Logo wählten sie das an die neue Firma angepasste ehemalige Brandzeichen ihrer Familie.


Willie wuchs in North Carolina auf einer kleinen Farm auf, die sowohl Getreide anbaute als auch Nutztiere züchtete. Er ist Veteran der US-Streitkräfte und war bei dem U.S.Forest Service tätig. Er arbeitete als Sanitäter, als Feuerwehrmann und als „army ranger“ und war auch mehrmals im Ausland tätig. Dementsprechend unterstützt er heute zahlreiche Veteranen- und Ersthelferorganisationen, auch mit seiner Firma. Diese wiederum besuchen gerne seine Destillerie, was mit einigen Ausstellungsstücken im „tasting-room“ dokumentiert wird.


Robin, die Frau von Willi Blazer, stammte in vierter Generation von einer Getreidefarm in der Nähe von Toston im Südwesten von Montana. Sie brachte vor allem Kenntnisse im Marketing und im Bereich Geschäftsentwicklung in die Firma mit ein. Leider ist Robin im Januar 2022 verstorben, aber ihre Ideen und ihre Kreativität sind für immer mit diesem Betrieb verschmolzen und bemerkbar. Und sie erinnert daran, dass die Whisky-Herstellung zwar über die Zeit von Männern dominiert wurde, dass es aber immer wieder Frauen gab, die ihre eigenen Whisky-Destillerien führten.

Auf der Homepage von Willie’s Distillery steht, dass das Unternehmen 2010 mit dem Ziel gegründet wurde, den „unabhängigen Geist und die Originalität des amerikanischen Westens zu verkörpern“. Das wurde uns bei diesem Besuch glaubwürdig vermittelt.

Quellen und weiterführende Informationen:

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