In der Innenstadt von Mobridge in South Dakota befindet sich die Scherr-Howe-Arena. Das sogenannte „Mobridge-Auditorium“ wurde 1936 im Art-Déco-Stil im Rahmen eines „WPA-Projektes“ erbaut. Zur Erinnerung: Präsident F. D. Roosevelt richtete 1935 die WPA-Agentur („Works Progess/Project Administration“) ein, die den damals zahlreichen Arbeitssuchenden eine Beschäftigungsmöglichkeit anbot.
In der Scherr-Howe-Arena finden Sportveranstaltungen, Theateraufführungen, sowie Gemeinde- und Schulveranstaltungen statt. Benannt ist das Gebäude nach den Zwillingsbrüdern William „Bill“ und James „Jim“ Scherr (*1961), die 1988 in Seoul an der Olympiade in der Sportart Ringen („Wrestling“) teilnahmen. Mit dem zweiten Namen des Centers möchte man den Künstler Oscar Howe ehren.
Oscar Howe (1915-1983) wurde in Joe Creek / Crow Creek Sioux Reservat in South Dakota geboren und gehörte zum Stamm der Yanktonai-Dakota-Sioux. In seinen Bildern setzte er sich mit den Konflikten der indianischen Kultur auseinander, die sich gegen die neue Gesellschaftsordnung behaupten musste. Neben seiner künstlerischen Tätigkeit arbeitete er viele Jahre als Kunstprofessor in Vermillion an der „University of South Dakota“. Er erhielt viele Ehrungen, wurde 1973 zum „Ehrenkünstler“ des Bundestaates ernannt und zählt als Wegbereiter neuer Kunstinterpretationen der Native Americans.
Foto: Scherr-Howe-Arena, Mobridge |
In der Scherr-Howe-Halle befinden sich zehn Wandgemälde von ihm, die Oscar Howe in den Jahren 1941/42 erstellte und die damit zu seinen frühesten Werken gehören. Die Bilder wurden 2014 aufwändig restauriert.
Die einzelnen Gemälde befassen sich mit folgenden Themen:
Auf dem Bild „Treaty Making“ (Vertragsgestaltung) setzt sich Howe damit auseinander, dass man mit den indigenen Völkern über einen langen Zeitraum Verträge aushandelte, bis 1789 zunächst mit den Vertretern der Herrscher von England und Frankreich. Darauf wurden zwischen 1789 und 1868 über vierhundert Verträge von der Bundesregierung der Vereinigten Staaten mit den Native Americans abgeschlossen, die zunehmend gebrochen wurden. Im Jahr 1871 erließ der US-Kongress sogar ein Gesetz, den „Indian Appropriations Act“ (appropriation = Aneignung), in dem festgelegt wurde, dass indigene Völker nicht mehr als souveräne Nationen galten und man mit ihnen keine Verträge mehr abschließen musste. So konnten sich die Native Americans auf keine Verträge mehr berufen.
Das Wandgemälde der „White Buffalo Calf Woman“ befasst sich mit der Spiritualität der Lakota. Die weiße Büffelkalbfrau kam einst zum Volk der Lakota, überreichte ihnen eine „heilige Pfeife“, die sie als Mittel zum Gebet und wenn sie spirituelle Führung bräuchten, rauchen sollten. Mit dem Rauch würden ihre Fragen an den „Großen Geist“ geschickt. Außerdem unterwies sie das Lakota-Volk in den sieben Glaubensriten und in den sieben Werten.
Eine dieser Riten ist die „Visionssuche“ (Vision Quest). Ein junger Mensch sucht einen einsamen Platz, bleibt dort ohne Nahrung über mehrere Tage meditierend und versucht auf diese Weise, eine Vision zu erhalten, wie er/sie das weitere Leben gestalten soll. Diese Suche nach einer Vision war bei den Lakota eine wichtige Aufgabe im Leben, um sich mit sich selbst und seiner Position in der Gemeinschaft auseinanderzusetzen.
Ein weiterer Ritus ist der "Sonnentanz", der „Sun Dance“, den die Stämme einmal im Jahr im Sommer veranstalteten. Die Teilnehmer mussten sich bewusst für die Teilnahme entscheiden, oft nach einer Vision oder nach dem Wunsch, einem Verwandten durch die Teilnahme zu helfen, beispielsweise nach einer Krankheit. Die Pappel in der Mitte des Bildes symbolisiert das Zentrum des Universums.
Das Wandgemälde, auf dem ein "Siegestanz", ein „Victory Dance“, dargestellt ist, soll beschreiben, dass man diesen zeremoniellen Tanz zur Ehrung erfolgreicher Krieger nach einem Feldzug veranstaltete. Ein erfolgreiches Weiterleben des jeweiligen Stammes war nach einem Sieg gesichert. Perlenmedaillons und Adlerfedern sollen Ehrenzeichen für die Krieger symbolisieren.
Auf dem nächsten Bild ist erneut eine Zeremonie dargestellt, die Verwandtschafts- oder „Hunkapi-Zeremonie“. Für die Lakota war es von großer Bedeutung in einem vertrauensvollen Verwandtschaftssystem zu leben. Während der Zeremonie gründete man durch eine Adoption eine neue Verbindung, eine neue familiäre Beziehung. Der „Hunka“ war der Mensch, der in eine neue Familie adoptiert wurde, und somit die verwandtschaftlichen Verhältnisse erweitert wurden.
Bei diesem Bild wird über die ungewöhnliche Ehe von Oscar Howe selbst erzählt. Am Ende des zweiten Weltkrieges traf er als US-Armee-Angehöriger in Biedenkopf die junge Deutsche Heidi Hampel und verliebte sich in sie. Nach zweijähriger Werbung folgte sie ihm 1947 in die USA, heiratete ihn und blieb über 35 Jahre bis zu seinem Tod bei ihm.
Eine berühmte Geschichte („Fool Soldier Rescue“) aus dem Jahr 1862 wird auf einem Bild erzählt. Damals hatte eine Gruppe von Santee Dakota Sioux unter Häuptling „White Lodge“ zwei weiße Frauen und sechs Kinder am Minnesota River gefangen genommen und sie bis in die Region des heutigen Mobridge verschleppt. Einige Lakota-Männer wollten die Entführten retten. Sie wurden von ihren Angehörigen aufgrund der Gefährlichkeit und der Aussichtslosigkeit ihres Planes die „fool soldiers“ / Narrensoldaten genannt. Sie begannen Verhandlungen mit „White Lodge“ und konnten die Frauen und Kinder tatsächlich retten. Die Nachfahren der Geretteten haben 1996 einen Stipendienfonds eingerichtet, der von der Sioux Falls Area Community Foundation verwaltet wird und indianische Studenten dabei unterstützt, einen Hochschulabschluss zu erlangen.
Der missionarische Einfluss der christlichen Kirchen ist auf dem Wandgemälde "Christlicher Gebetsgottesdienst" (Christian Prayer Service) dargestellt. Ein Jesuiten-Pater überreicht den Ureinwohnern die „Zehn Gebote“ und predigt ihnen von der Lehre von Jesus. Die Missionierung bei den Sioux verlief kontrovers, einige akzeptierten den christlichen Glauben für sich, andere lehnten ihn ab. Heute versucht man, Gemeinsamkeiten zwischen Christentum und spiritueller Lehre der Lakota zu finden.
Das letzte Wandgemälde befasst sich mit der Rolle einer berühmten indianischen Frau, der Shoshonin „Sacajawea“, und ihrer Rolle während der Erkundung des Kontinentes zum Pazifik hin – „Sacajawea and Lewis & Clark Expedition“. Das Bild zeigt die Kapitäne mit Sacajawea und drei einheimischen Führern aus der hiesigen Missouri-Region. Sacajawea traf erst im Winter 1804 in Fort Mandan auf die Gruppe und ist mit ihrem Sohn Jean-Baptiste dargestellt, der im Februar 1805 geboren wurde. Es geht auf jeden Fall um die große Bedeutung, die die Native Americans und im Besonderen Sacajawea für den Erfolg der Expedition hatten.
Im Klein-Museum in Mobridge konnten wir diese Bilder auch noch auf zwei Stühlen entdecken.
Quellen und weiterführende Informationen:
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