Donnerstag, 10. August 2023

Von Chamberlain nach Pierre

Von Chamberlain sind es für uns etwas mehr als 160 Kilometer, um die Hauptstadt des Staates South Dakota, Pierre, zu erreichen.
Zu Beginn fahren wir ein kurzes Stück an der Westseite des Missouri nach Norden. Hier soll sich einmal Fort Kiowa befunden haben, das auch unter den Namen Fort Lookout und Fort Brazeau bekannt war. Der als Pelzhandels-Fort genutzte Schutzbau wurde einmal von 1822-1825 genutzt, dann 1831 von der American Fur Company wiederaufgebaut und bis 1843 betrieben. Fort Kiowa hat durch einen historischen Trapper große Berühmtheit erlangt. Es war Hugh Glass (1783-1833), der nach einer Grizzly-Attacke von seinen Begleitern schwer verletzt zurückgelassen wurde und danach in diesem Zustand über 300 Kilometer bis Fort Kiowa kroch. Diese Geschichte wurde mehrmals verfilmt, zuletzt mit Leonardo diCaprio im Film „The Revenant“ (2015) - der Rückkehrer. Der Ort, an dem sich dieses Fort angeblich befunden hat, ist heute teilweise überflutet bzw. wird in moderner Form zum Campen genutzt.

Camp Kiowa

Wir fahren nach Chamberlain zurück, um auf der Ostseite des Missouri dem Highway 50 entlang des Missouri Richtung Norden bis Fort Thompson dem Native American Scenic Byway (malerische Nebenstraße der amerikanischen Ureinwohner) zu folgen.

Byway

Der Scenic Byway durch South Dakota beginnt südlich von Chamberlain und endet nördlich von Pierre und führt überwiegend durch Reservate der Dakota / Lakota-Nation. Die Landschaft vermittelt mit ihren Prärien und den „rolling hills“ die unberührte, einsame und wilde Schönheit, die sie seit Jahrhunderten prägte.

plains
In den "Plains"
plains
rolling hills
"Rolling Hills"
rolling hills

Unser erstes Tagesziel heute ist Fort Thompson am Big Bend Dam. Fort Thompson wird von Native Americans (2020 fast 1.300) bewohnt und liegt in der Crow Creek Reservation auf der Ostseite des Missouri, auf der gegenüberliegenden Westseite befindet sich die Lower Brule Sioux Reservation.

Indianer

Diese auf der Bisonjagd befindlichen Native Americans sollen uns vor Augen halten, in wessen Land wir uns nun bewegen.

Reservate
crow creek
Lower
Fort Thomson
Wasserturm in Fort Thomson

Mit Fort Thompson ist eine traurige Geschichte für die Native Americans verbunden. Das Fort wurde 1864 im Rahmen der Sioux-Aufstände Anfang der 1860er Jahren gegründet und nach Clark Wallace Thompson (1825-1885), dem Superintendenten für Indian Affairs aus Minnesota, benannt. Tausende Native Americans wurden unter inhumanen Bedingungen aus Minnesota in das Reservat bei Fort Thompson gebracht: Viele von ihnen starben während der Anreise oder anschließend an Hunger oder Krankheiten im Reservat. Das Fort, bereits 1867 wieder aufgegeben, wurde 1870/71 nochmals kurz reaktiviert und danach komplett abgerissen. Den Namen des Forts hat man bis heute für die hiesige Siedlung beibehalten.

wand

Neben dem Ort Fort Thompson befindet sich Richtung Big Bend Staudamm seit 2002 eine Erinnerungsstätte, mit der man die mehr als 1.300 Dakota ehren möchte, die in den 1860er Jahren an Unterernährung und Krankheiten verstorben sind. Die Stätte trägt den Namen „Spirit of the Circle Monument“. Es sind Fahnen mit den vier Farben (gelb, weiß, schwarz, rot) des Lebensrades im Halbkreis aufgestellt. In der Mitte befindet sich der Kreis des Großen Geistes / das Medizinrad selbst und im Zentrum steht ein Stein mit einem Erinnerungstext.

circle
Spirit of the Circle - Monument
circle
stein

Fort Thompson liegt an einer interessanten geologischen Formation, die den Missouri-River zu einer großen Kehre / Schleife zwingt – den Big Bend. Im Laufe der Zeit graben sich Flüsse bei solchen geologischen Gegebenheiten meistens durch den „Hals der Schleife“ und bilden im Schleifenbereich selbst später einen Altwassersee. Die Hügel am „Hals“ des Big Bend bestehen allerdings über eine Strecke von fast 1.200 Metern aus hartem Schiefergestein, durch das sich der Fluss nicht durchgraben konnte. Auch sind die Hügel hier so hoch (~ 61 m), dass der Fluss sie nicht überschwemmen kann. So gibt es im gesamten Verlauf des Missouri nur eine einzige solche Kehre – den Big Bend. Selbst William Clark beschwerte sich im September 1804, dass sie an dieser Stelle kaum vorwärtskämen.
Sieben Meilen flussabwärts vom Big Bend errichtete man 1964 im Rahmen der sechs großen Staudamm- und Stausee-Projekte am Oberlauf des Missouri den Big Bend Dam, der den Sharpe-See anstaut. Der Lake Sharpe wurde nach Merrell Quentin Sharpe (1888-1962), dem siebzehnten Gouverneur von South Dakota, benannt, der maßgeblich an der Umsetzung der Staudamm-Bauprojekte beteiligt war. Auch dieser Damm soll das Hochwasserrisiko in der Region reduzieren und wird für die Stromproduktion eingesetzt. Bei der Flutung des Geländes durch den Lake Sharpe waren erneut die hiesigen Dakota die Leidtragenden, die ihr fruchtbarstes Zentralland -  direkt am Missouri gelegen  - im Reservat verloren.

spillway
Spillway (Überlauf) des Dammes
Lake Sharpy
Lake Sharpe
Ufer
Westlicher Uferbereich am Lake Sharpe

Am Big Bend Dam verlassen wir den Native American Scenic Byway und fahren auf der Ostseite des Missouri, auf dem Highway 34, weiter nach Norden. Wir kommen an einem historical marker vorbei, der sich mit der ersten Phase der ersten Pelzhandels-Forts beschäftigt – er nennt sich „first permanent fur post“ und stammt auch schon aus betagten Zeiten. Sehr schief "steht er in der Landschaft".

fur post
Marker

An dieser Stelle kann man auch sehr schön den aufgestauten Missouri sehen, wie er durch die Region mäandert. Im Vordergrund des Wassers die Bäume, die einst einmal oberhalb der Wasserlinie standen und nun, da dauerhaft unter Wasser, abgestorben sind.

Missouri

Durch den hier aufgestellten Marker wird an eine kleine befestigte Station aus dem Jahr 1802 erinnert, die von den Native Americans „little beaver" genannt wurde. Bereits Lewis & Clark, die diese Stelle im September 1804 passierten, beschrieben den schützenden Palisadenzaun. Diese Pelzhandelsstation dürfte bis 1810 bestanden haben, dann brannte sie ab.
Der folgende historical marker trägt den Titel „ancient indian fortress“ und beschäftigt sich mit der Besiedlung der Region in der Zeit um 1200-1300 n. Chr.. Archäologen fanden auf einem hier liegenden Bluff (Hügel) Spuren einer großen Wehr-Anlage mit drei Palisadenzäunen, in der bis 5.000 Menschen gelebt haben könnten.

ehemalige siedlung
Catlin´s Indian Village

Wir nähern uns Pierre und erreichen kurz vorher den Ort des nächsten Forts – des ehemals militärisch genutzten Fort Sully. Allerdings muss man erwähnen, dass es zwei Forts Sully gegeben hat. Das hiesige war das „alte Fort Sully“, oder das "Fort Sully I", das nur von 1863 bis 1866 bestand. Es wurde auf Befehl von General Alfred Sully (1820-1879) erbaut und auch nach ihm benannt. Dieser hinterließ als Sohn eines professionellen Malers zahlreiche dataillierte Zeichnungen von verschiedenen Forts. Im Oktober1865 wurde in ihm ein Friedensvertrag mit den Yankton-Sioux ausgehandelt. 1866 entschied man sich, Fort Sully aufzugeben und an einen sichereren Ort zu verlegen. Gründe: es gab außer dem schmutzigen Flusswasser kein sauberes Trinkwasser. Auch gab es weit und breit nicht genügend Futter für die Tiere sowie kein Brennholz. Dafür verwendete man jetzt das Holz der Bauten des Fort als Brennmöglichkeit für die vorbeifahrenden Dampfschiffe.

old fort sully

Dort, wo einmal "Fort Sully I" tatsächlich stand, erinnert nur noch eine steinerne Stele an das ehemalige kurzlebige Fort.

Stele
Old fort sully

Man erbaute ab 1866 bereits "Fort Sully II" auf einem Hügel am Missouri, 27,2 Kilometer flussaufwärts, konnte es aber erst 1868 beziehen und betrieb es bis Oktober1894 als einen der wichtigsten Militärstützpunkte am Ostufer des Missouri. Danach verfiel das Fort, allerdings blieben einige Bauten in seiner näheren Umgebung erhalten.

fort sully II
Foto: Verenrye-Museum - Fort Pierre

Ein Gedenkstein wurde zwar 1929 an seinem ehemaligen Standort errichtet, doch 1962 vor das Sully County Courthouse in Onida versetzt, da durch den 1964 fertiggestellten Oahe Dam bzw. den Lake Oahe das meiste Areal des ehemaligen Fort Sully II überflutet wurde.
Nach weiteren drei Kilometern erreichen wir Pierre.

pierre

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