Am Morgen reihten wir uns zunächst in die Warteschlange für
die George Black Ferry
ein und mussten leider eine Wartezeit von eineinhalb Stunden ausharren.
Dies lag daran, dass am dritten Montag im August in Yukon
der Discovery Day gefeiert wird und Dawson City, sich an diesem Feiertag
orientierend, gleich mehrere „Discovery Days“ von Donnerstag bis Montag mit
sehr unterschiedlichem Programm anbot.
Heute am Sonntag fand u.a. das „mud bog“ statt – ein
„Autorennen“ in totalem Matsch. Diese Veranstaltung erfreute sich großer
Beliebtheit und alle wollten über den Yukon auf die andere Seite.
Dawson City liegt 266 km südlich vom Polarkreis an einer
Stelle, an der der Klondike River
in den Yukon River
mündet. Hier lebten seit Jahrtausenden die Han First Nation – auch „Tr‘ondek
Hwéch‘in“ genannt -, die man nach der Entdeckung des Goldes am Klondike River
im Rabbit Creek, heute Bonanza Creek genannt, einfach an einen Ort südlich von
Dawson City, Moosehide Village, „umsetzte“. Die Han First Nation verwalten sich
seit 1998 wieder selbst.
Nachdem wir nach langem Warten „Downtown“ erreichten,
mussten wir als Erstes feststellen, dass das Informationszentrum der Han First
Nation, der „people of the river“, das „Dänojà Zho-Center“, während der Discovery
Days geschlossen bleibt. Es wird sehr gepriesen – wir konnten es leider nicht
besuchen.
Unsere nächsten Ziele konnten wir ebenfalls nicht
erfolgreich verwirklichen – die „SS Keno“, das zum Museum umgebaute
Sternwheeler-Schiff, war wegen Renovierung geschlossen und die daneben befindliche
„Camera obscura“ war durch Wandalismus beschädigt. Wenigstens das „Miner Monument“ am Ufer des Yukon ludt
zum Verweilen ein.
Wir konnten allerdings einem kleinen Ausflugs-Raddampfer bei seinem Wendemanöver auf dem Yukon zusehen.
Danach bummelten wir ein wenig durch die Straßen, die immer
noch so aussehen wie vor hundert Jahren. Man musste Moraststellen auf diesen so genannten „dirt
streets“ ausweichen und sich auf die „old-fashioned boardwalks“
(Bretter-Gehsteige) retten.
Durch eine Baustelle hindurch erreichten wir die 1901
errichtete „Commissioner‘s Residence“,
ein imposantes repräsentatives Gebäude, in dem zu Anfang des 20. Jahrhunderts
die Commissioners von Yukon ihre Empfänge gaben und ihre Gartenpartys
veranstalteten.
Gleich nebenan befindet sich die im Jahr 1902 damals für
$9.000 errichtete St. Pauls
Anglican Church,
die wir wegen einer Ganztagsveranstaltung auch nicht besichtigen konnten.
Im weiteren Verlauf der Church Street / Ecke 4th Avenue
steht die St. Andrew‘s Presbyterian Church.
Sie hat eine asymmetrische
Erscheinung mit einem Eckturm und zahlreichen Bogenfenstern. Ihr hat der
Permafrost, sie steht auf schlecht entwässertem Boden – wenn er auftaut,
verschieben sich Gebäude auf der Oberfläche -, zu schaffen gemacht und sie wird
nur noch durch „besondere“ Kräfte vor dem Einsturz bewahrt.
Gebäude, die aufgrund von Permafrost knapp vor dem Einsturz
stehen, gibt es noch einige andere, an denen wir auf unserem Bummel vorbei
kommen – z.B. „Straight‘s
Auction House und Second Hand Store“ mit einer typischen
„Falschen-Front-Fassade“.
Als eher kurios sind zwei Gebäude in der 2nd Avenue einzustufen
Lowe‘s Mortuary,
bis 1956 ein Bestattungs-institut, in dem man sogar über eine Einbalsamierung mit Formalin erhalten konnte,
und Ruby‘s Place, in dem bis 1960 ein Bordell und gleichzeitig eine Wäscherei betrieben wurde.
Die Vergänglichkeit dieser Schattenwelt kann man auch am „Flora Dora-Hotel“ in der Front Street
sehen.
Sehr lebendig hingegen ist der Sourdough Saloon im Downtown Hotel in der 2nd Avenue, in dem
man einen „Sourtoe-Cocktail“ zu sich nehmen kann. Angeblich ist eine
„abgefaulte“ Fußzehe in dem Cocktail eingelegt. Hier kommen uns leider so viele
mehr als angeheiterte Personen entgegen, dass wir diesen Saloon nicht besuchen.
Der Red Feather
Saloon in der Princess Street ist hingegen nur noch ein Museum,
das an die Zeiten der „working man‘s clubs“ erinnert.
In der Queen Street geht es turbulent zu – dort befindet
sich Diamond Tooth Gerties Spielsaloon
mit zahlreichen Spieltischen und 60 Spielmaschinen sowie drei Can-Can-Shows am
Abend. Sie sind während der Saison ständig ausgebucht. Viele Besucher möchten
den damaligen Flair bei „Spiel und Spaß“ nachempfinden.
Leider nicht mehr so gewinnträchtig geht es hingegen in
einem der ältesten Gebäude von Dawson City zu, dem Yukon Hotel, das tatsächlich bereits
1898 errichtet wurde und noch im Original da steht. Bis 1957 wurde es von
verschiedenen Besitzern als Hotel betrieben, danach wurde es bis heute
vermietet.
In der King Street befindet sich der 1901 erstellte Bau des
Old Post Office,
der von Parks Canada als Museum betrieben wird – während der Discovery Days leider
auch geschlossen.
Gegenüber gilt dasselbe. Dort befindet sich das berühmte „Palace Grand Theatre“. Arizona Charlie
Meadows eröffnete das Theater 1899. Das Gebäude verkam im Laufe der Jahrzehnte
zu einem „Geisterhaus“. Nach einer aufwändigen Rekonstruktion im Jahr 1962 und
einer sehr teuren Restaurierung in den letzten beiden Jahren, Neueröffnung im
Frühling 2018, kann man als Besucher heute wieder in den „Vorhang-Abteilen“ auf
dem Balkon sitzen, sich wie vor hundert Jahren fühlen und an Kostümbällen,
Konzerten und Theateraufführungen teilnehmen.
Ansonsten sieht das vordere Stadtbild so aus
Im hinteren Stadtbereich stehen moderne Hotels und Restaurationsmöglichkeiten der Holland-America-Line. Sie bringen - garantiert - in den Sommermonaten die Touristen in diese alte Stadt.
Was wäre Dawson City ohne seine Literaten? Die beiden
„Großen“, Robert Service und Jack London, haben natürlich auch ihre Plätze.
Dazu müssen wir in die 8th Avenue fahren – zunächst zur „Robert Service Cabin“, die aus
Fichtenholz gebaut ist und ein „Grasdach“ hat. Robert Service wird auch der
„Barde vom Klondike“ genannt, weil er viele berühmte Geschichten und Gedichte zum „gold rush“ schrieb. Seine
berühmteste Geschichte ist „The Cremation of Sam McGee“. Robert Service
arbeitete von 1909 bis 1912 in Dawson City bei der Canadian Bank of Commerce
und schrieb dann abends in seiner Cabin an seinen Werken. Im ersten Weltkrieg
arbeitete er als Korrespondent und lebte danach in Monte Carlo.
Das Bankgebäude, in dem Robert Service gearbeitet hat.
In dieser Stadt war vieles Fassade - selbst die Fassade.
Die Blendsteine bestehen aus angemaltem Blech, wie die die gesamte Front; dahinter befindet sich ein altes Holzgebäude.
Der andere berühmte „Poet“ ist Jack London, den man ebenfalls in der
8th Avenue mit einem kleinen Museum ehrt. Die „Jack London Cabin“, die dort steht, fand
man im Henderson Creek in den Klondike Goldfields. Die eine Hälfte der
Originalhütte steht heute in Dawson City, die andere Hälfte brachte man zum
Pioneer Square in Oakland, Californien. Jack London ist in Californien geboren
und bereits mit 40 Jahren dort gestorben, obwohl er als abenteuerlustiger „Weltenbummler“
überall unterwegs war.
Jack London nahm als „stampeder“ am Goldrausch teil,
überquerte den Chilkoot Pass 1897 mehrmals und suchte dann am Klondike River
nach Gold. Desillusioniert und an Skorbut erkrankt, kehrte er bereits 1898 nach
Californien zurück, allerdings voller Erfahrungen und Geschichten. Werke von
ihm sind „Lockruf des Goldes“, „Ruf der Wildnis“, „Der Seewolf“ und
„Wolfsblut“, die auch heute noch gelesen werden und in über 50 Sprachen
übersetzt wurden.
Nach diesen vielen Eindrücken setzten wir wieder mit der
Fähre über den Yukon, um die Nacht erneut auf dem Yukon River Government
Campground zu verbringen.
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