Die ehemalige Missionsstation befindet sich auf dem Gelände des Nez Percé National Historical Park. Der Lapwai Creek (creek = Bach) mündet an dieser Stelle in den Clearwater River. So trägt die ehemalige Missionsstation auch den Nez Percé-Namen „Lapwai“, was gemäß der Nez Percé-Sprache „Tal der Schmetterlinge“ bedeutet. Früher kamen Lachse zur Laichablage bis in diesen Bach; mit dem Bau etlicher Staudämme flussabwärts zum Hochwasserschutz und zur Stromgewinnung wurde leider die Lachswanderung unterbunden.
Fünf kurze Rundwege führen den Besucher über die sogenannte „spalding site“.
So kann man u.a. entlang einiger erhalten gebliebenen Ruinen des historischen Ortes wandern oder das eigentliche ehemalige Missionsgelände erkunden. Entlang der Rundwege befinden sich zahlreiche Informationstafeln.
Henry Harmon und Eliza Spalding gründeten 1838 an einem Siedlungsort der Nez Percé, am Ufer des Clearwater Rivers, eine presbyterianische Missionsstation, um die Nez Percé zu christianisieren und im amerikanisch / europäischen Sinn zu erziehen. Henry Spalding soll über 930 Nez Percé getauft haben.
Die Spaldings waren 1836 mit Marcus und Narzissa Whitman in New York aufgebrochen, um ihren Missionsauftrag zu verwirklichen. Während die Whitmans in dem rund 200 Kilometer entfernten Walla Walla bei den Cayuse-Indianern blieben, entschieden sich die Spaldings für Lapwai und die Nez Percé.
Spalding wollte erreichen, dass die Nez Percé, die gemäß dem Jahresrhythmus durch das Land zogen, sesshaft würden und dauerhaft auf dem Missionsgelände wohnen blieben; u.a. vermittelte er ihnen den Abau von Kartoffeln. So konnten bereits 1837, erstmals auf dem Boden des heutigen Staates Idaho, (Staatsmotto: „Famous Potatoes“) Kartoffeln geerntet werden.
Im Laufe der Jahre ließen die Spaldings zahlreiche Gebäude errichten; so gab es bald neben dem eigenen Wohnhaus eine Kirche, eine Schule und sogar eine Druckerei. In dieser wurde 1839 erstmalig in der Pazifik-Region ein Druckwerk hergestellt - Teile der Bibel. Die Schule besuchten überwiegend erwachsene Nez Percé, die in der englischen Sprache unterrichtet wurden.
Auch eine Schrot- und eine Sägemühle wurden erbaut; sie wurden allerdings 1879 während einer Überschwemmung zerstört.
1847 flohen die Spaldings, nachdem das Ehepaar Whitman in Walla Walla ermordet worden war. Daraufhin verfielen viele Gebäude, aber die Ansiedlung an sich blieb bestehen.
In dieser presbyterianischen Kirche wurde 1876 zum ersten Mal eine Messe abgehalten, später wurde die Holzkirche durch einen Anbau und durch Backsteinvorbauten ergänzt.
Das Gelände, auf dem diese Kirche steht, befindet sich in Privatbesitz; somit ist das Kirchenbebäude nicht frei zugänglich! Religiöse Veranstaltungen werden heute darin noch regelmäßig abgehalten.
Henry Spalding kam 1871 - nach 24 Jahren - nochmals als Lehrer, nicht mehr als Missionar, nach Lapwai zurück und wurde 1874, nach seinem Tod, auf dem Friedhof von Lapwai beerdigt. Auf dem historischen Friedhof der "Lapwai Mission Station" findet man außer dem Spalding-Grab auch viele Gräber von Verstorbenen der Nez Percé.
Das ehemalige Spalding-Gebäude selbst wurde in den folgenden Jahrzehnten von dem „Agenten für indianische Angelegenheiten“ bewohnt, nachdem das Lapwai-Tal 1855 zum Indianer-Reservat erklärt wurde. Das originale Gebäude existierte seit 1900 nicht mehr. Heute erinnert nur noch ein eingezäuntes Areal an den ehemaligen Standort des Hauses.
Allein über die bereits 1862 erbaute Hütte für den "Indian Angent" könnte man ein komplett eigenes Kapitel schreiben. Die Verhandlungen mit den Nez Percé, die in ihr geführt wurden (Treaty von 1855 / 1877), ihr lokaler Umzug 1920 und ihre Rückversetzung 1975 sowie die daraufhin erfolgte Restaurierung im Jahr 1977.
Aber auch über die darin tätigen ("noblen und weniger noblen") Agenten für "Indianische Angelegenheiten" könnte man viele Geschichten schreiben. Sie waren Zivilisten, die vom Präsidenten der Vereinigten Staaten ernannt wurden, um als Botschafter für die in der Region (später den Reservaten) lebenden indianischen Nationen zu fungieren und auf Einhaltung der beidseitig geschlossenen Verträge zu achten. Oft bedachten sie nur ihren eigenen Vorteil!
Ehemaliges Wohnhaus eines "Indian Agents" |
Nachdem die Familie Spalding die Region 1847 verlassen hatte, blieben dennoch etliche Siedler. Zeuge der hiesigen Ansiedlung ist u.a. der Merchandise Store, der von Lewis und Margaret Watson 1910 eröffnet und bis 1965 geführt wurde. Die Familie war eng mit der Gemeinschaft in der Spalding Area verbunden und war enorm wichtig für die Grundversorgung der hier wohnenden Menschen. Gleichzeitig war sie "Handelsstation" für die Nez Percé.
Heute noch vorhandenes Interieur im Watson Store |
Bis Ende der 50iger Jahre gab es in "Spalding Mission" auch ein kleines Museum, in dem über viele Jahre hinweg indianische Kunst der Nez Percé zusammengetragen wurde. Es war Sacajawea gewidmet. Das Ehepaar Joe und Pauline Evans kaufte in den 30iger Jahren die ehemalige Holzhütte der "Indian Agency" und sammelte darin erste Ausstellungsstücke. Nachdem die Eisenbahn ihre Gleise 1899 durch das Missionsareal verlegten und ab 1920 auch der Highway 95 durch das Areal führte, kamen sogar erste Touristen.
Leider zerstörte 1964 ein extremes Winterhochwasser u.a. auch dieses Museum. Es wurde nie wieder eröffnet.
Dafür kann man auf dem Gelände des Nez Percé National Historical Park ein Informationszentrum ↗ besuchen, das nicht nur einen interessanten Film über die Kultur und den Existenzkampf der Nez Percé zeigt, sondern auch noch viele Einzelstücke aus ihrem Alltagsleben präsentiert. In der Sammlung des Zentrums (Nez Percé tribe wetxuuwíitin collection ↗ ) befinden sich auch viele Gegenstände, die bereits Henry Spalding sammelte. Ihre Geschichten kann man sogar Stück für Stück im Internet ↗ nachvollziehen.
Abschließend eine kleine Geschichte aus dem Nez Percé-Film, der im Informationszentrum gezeigt wird: eine Nachfahrin erzählte, dass ihre Großmutter mehrere Male getauft worden sei (katholisch, presbyterianisch, anglikanisch, …), aber gleichzeitig auch ins „Langhaus“ zum Praktizieren der Nez Percé-Traditionen gegangen sei. Die Großmutter habe ihr eine symbolische Geschichte erzählt: „Der Schöpfer lässt ein Seil auf die Erde herab. Es dröselt sich auf der Erde in seine einzelnen Stränge auf und holt an jedem Ende einen Glaubenden unterschiedlichster Religion ab, damit er in den Himmel zu dem einen Schöpfer kommen kann.“
Dies ist durchaus eine für die heutige Zeit beachtenswerte Geschichte.
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