Freitag, 22. Juli 2022

Nach Orofino

Wenn man den Prärieort Weippe verlässt, fallen zunächst am Ortsausgang zahlreiche holzverarbeitende Betriebe auf. Sie zeigen, dass von hier bis zum Zielort Orofino die Holzwirtschaft seit über hundert Jahren einer der Haupterwerbszweige der hiesigen Bevölkerung ist – und schon lange nicht mehr das „Gold“.

Holzlager



Man fährt zwar weiter auf dem „Gold Rush Historic Byway“, einem Abschnitt des Idaho-Highways 11, aber bis heute wird die Landschaft vom Abbau des „grünen Goldes“ beherrscht. Überall begegnen einem vollbeladene Holzlaster; man sieht aber auch große Aufforstungsgelände, um in kommenden Jahren noch von der Holzwirtschaft profitieren zu können.

Die Entfernung von Weippe bis zum nächsten interessanten Ort, Pierce, beträgt knapp 20 Kilometer, doch zwischendurch trifft man immer wieder auf Interessantes (historic Byway). So passiert man kurz vor Pierce einen historic marker, der über eine unrühmliche Aktion von Selbstjustiz berichtet: eine Gruppe von fünf Chinesen wurde beschuldigt, im September 1885 den Kaufmann Fraser umgebracht zu haben. Da der Sitz des Gerichtes 1885 von Pierce in die fast 400 Kilometer entfernte Stadt Murray verlegt wurde, musste der Sheriff von Pierce die Beschuldigten zu ihrem Gerichtsverfahren dort hinbringen. Kurz hinter Pierce jedoch schon fingen maskierte Vigilanten (Bürgerwehr) die Gruppe ab und hängten die Chinesen im Wald auf. Dementsprechend heißt der historic marker „chinese hanging“. Von ihm führt ein gut 100 m kurzer Weg in den Wald, in dem heute zur Erinnerung an diesen Vofall eine Steinsäule steht.

Chinees hanging

chinees hanging

Es folgt ein weiteres Erinnerungsschild, das auf den ehemaligen Ort „Oro Fino City“ hinweist, von dem allerdings nichts mehr erhalten ist.

Orofino

Orofino-creek

Am Orofino Creek wurde 1860 Gold entdeckt und innerhalb eines Jahres strömten fast zehntausend Goldsucher in die Region. Nach drei Jahren hatte die Mehrzahl den Ort bereits wieder verlassen, um ihr Glück an neuen Goldfundorten zu versuchen. Im August 1867 brannte der verlassene Ort fast vollständig ab. „Oro Fino“, zwei Wörter der spanischen Sprache, bedeuten „feines Gold“.

Canal Gulch

Auch im Tal des Canal Gulch Creeks, der in den Orofino Creek einmündet, wurde Gold gefunden.

Das etwa 3 Kilometer von Orofino City entfernt gelegene „Pierce“ hatte eine eigene Geschichte. Dieser Ort entstand gemeinsam mit Orofino City während der dortigen „Goldrausch-Zeit“. Er wurde vom Entdecker des Goldes am Orofino Creek, Elias Davidson Pierce (1824-1897), gegründet. Im Gegensatz zu Orofino City, wo sich die eigentlichen Goldsucher versammelten, siedelten sich in Pierce die Menschen an, die mit Handel, Verwaltung und Versorgung zu tun hatten.  

welcome

So kann man heute in Pierce das älteste öffentliche Gebäude von Idaho besichtigen, das 1862 erbaute Gerichtsgebäude von Pierce. Aufgrund dieses Gebäudes und weiterer alter Häuser ist Pierce zu einer „preserve america community“ erklärt worden (preserve = erhalten).

preserve

first courthouse

courthouse
Das ehemalige Courthouse diente später über viele Jahre hinweg einer Reihe von Privatbesitzern als Wohnhaus.

Henry Plummer, der 1864 in Bannack gehängt wurde, trieb mit seiner „Gang“ auch in dieser Region von Pierce / Orofino sein Unwesen. Der Bande wurde zur Last gelegt, 1862 den Orofino-Saloonbesitzer, William Ford, umgebracht zu haben.

Nach der Abwanderung der Goldsucher etablierte sich Pierce ab der 1890er Jahre als wichtige Metropole der Holzindustrie, wovon heute viele der aktuellen Bewohner (etwa 500) leben. Die Bäume werden im benachbarten riesigen Clearwater National Forest gefällt.

Eine skurrile Geschichte wird über die chinesische Bevölkerung von Pierce erzählt.
Nachdem 1863 die meisten Goldsucher ihre Minen verlassen hatten, kamen etwa 800 Chinesen in den Ort, um den Goldabbau weiterzuführen. Anfangs beerdigten sie ihre Toten auf einem separaten chinesischen Friedhof. Irgendwann kam die Überlegung auf, dass ein verstorbener Chinese nur dann eine „glückliche Unendlichkeit“ erreichen kann, wenn er in chinesischem Boden beerdigt ist. Also wurden die Überreste der Verstorbenen ausgegraben und zurück nach China "verfrachtet". Dieser Rücktransport erwies sich als sehr kostspielig. Dies führte dazu, dass die chinesische Gemeinschaft in jedem Herbst ihre Alten begutachtete, ob sie den Winter überleben würden. Wer als zu schwach eingestuft wurde, wurde nach China zurückgeschickt  - das war die „kostengünstigere“ Variante.

Chinesischer Friedhof

boom

Ein weiteres Haus aus der späten Gründerzeit kann man sehen; es steht zum Verkauf.
Es beherbergte die "Odd Fellows"↗ , den "Independent Order of  Odd Fellows".

ioof

Nach Pierce verlässt man ab der Kreuzung „Hollywood“ (leider gibt es dort kein Ortsschild) den „Gold Rush Historic Byway“ und fährt die knapp 43 Kilometer die „Grangemont Road“ (grange = Gutshof) bis Orofino. Tatsächlich befinden sich einige alte Farmen rechts und links der Straße.


Bereits ab dem Jahr 1925 schufen 2.000 Arbeiter eine 65 Kilometer lange Straßenverbindung von Headquarters nach Orofino, um den dortigen Holzfirmen einen Warenverkehr zu ermöglichen. Gleichzeitig wurde in Lewiston ein großes "White Pine Sägewerk" erstellt. Schon 1927 waren beide Projekte fertiggestellt.
Auf den 43 Kilometern der Grangemont Road fährt man von 940 m Höhe in Pierce auf 310 m Höhe in Orofino hinab. Dementsprechend gibt es auf der "Holzstraße" einige recht „interessante“ Straßenabschnitte.

Straße

Holztransporter
Langholztransporter benötigt hier viel Schwung

Man bewältigt also auf dem Weg bergab zahlreiche Kurven sowie kurze steilere Steigungen und Abfahrten und erreicht danach Orofino (ca. 3.000 Einwohner/2019).

Das Städtchen wurde erst 1896 gegründet und erhielt seinen Namen aufgrund der Einmündung des Orofino Creek in den hier vorbeifließenden Clearwater River. Da Orofino bei Pierce schon lange nicht mehr existierte, konnte man sich für den Namen entscheiden. Jeden Herbst werden in Orofino die „Lumberjack Days“ veranstaltet; darunter versteht man traditionelle Holzfäller-Wettspiele.

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