Freitag, 20. Juni 2025

Huron Traditional Site in Wendake

Knapp 20 Kilometer nordwestlich der Stadt Quebec befindet sich das kleine Reservat Wendake. In ihm wird der Besuch eines Freilichtmuseums angeboten, der „Huron Traditional Site“. Geschichte, Kultur und Lebensweise  der hiesigen Huronen sollen den Besuchern nähergebracht werden.
Besichtigungsstätte
Das gesamte Ausstellungs-Dorf ist von einem hölzernen Palisadenzaun umgeben und im Innenbereich ansprechend mit vielen traditionellen Figuren und Gegenständen gestaltet.
Palissade
Schlange
Natürlich kann man u.a. bemalte Totempfähle anschauen, auch wenn sie nicht unbedingt zur Kultur der Huronen gehören.
Totempfahl
Die Huronen selbst lehnen den Namen ab, den sie von den französischen Einwanderern bekommen haben. Die Franzosen nannten sie „hure“, was in der französischen Sprache u.a.  „Eberkopf“ bedeutet. Diese wählten den Namen in Anspielung auf die Frisur der Krieger, die an den Haarbüschel auf dem Kopf eines Wildschweins erinnerte. Die Huronen selbst nannten / nennen sich Wendat (Inselbewohner).
Wir besuchten das Dorf mit einer Führung und starteten im Kernstück des Ortes, einem traditionellen Langhaus (Yänonchia oder Wyandot). Das Langhaus wurde aus Baumstämmen errichtet, mit denen man einen Holzrahmen konstruierte und diesen mit geglätteter Rinde nach außen hin abdichtet. Man wohnte hier nicht nur, sondern man lagerte auch Vorräte, Brennmaterialien und Gebrauchsgegenstände.
Langhouse
Langhouse
In einem solchen Langhaus lebten mehrere Familien eines Clans zusammen unter der Leitung einer Clan-Mutter. Das Gesellschaftssystem der Huronen war matrilinear, d.h. dass die Abstammung über die weibliche Linie erfolgte. Die Clan-Mutter war nicht nur eine wichtige soziale Bezugsperson, sondern sie vertrat die Interessen des Clans in den Dorfversammlungen. Die Dorfgemeinschaft wurde übrigens von männlichen Häuptlingen geführt. Die Clan-Mutter hatte außerdem die wichtige Aufgabe, die gesamte Feldarbeit zu organisieren.
Huronendorf
Huronendorf - aus Infotafel der Ausstellung
Die Frauen des Clans bewirtschafteten Felder und bauten Mais, Bohnen und Kürbisse an. Ansonsten waren sie für alle „hauswirtschaftlichen“ Arbeiten verantwortlich. Die Männer waren für den Tabak-Anbau zuständig, gingen auf die Jagd und zum Fischen und handelten.
In einem Langhaus gab es mehrere Kochfeuer. Jedes Kochfeuer wurden von zwei Familien mit je fünf bis zehn Personen betreut, sodass durchschnittlich dreißig bis vierzig Personen, manchmal bis 60 Personen, in einem Langhaus zusammenwohnten. In einem Dorf wiederum befanden sich sechs bis acht Langhäuser.
Bei den Huronen suchte sich eine Frau ihren Mann aus. Er musste grundsätzlich aus einem anderen Clan sein. Nachdem sie ihn angefragt hatte, musste er sie mit Geschenken von sich überzeugen. Außerdem wurde er eingeladen, eine gewisse Zeit in dem Langhaus der Zukünftigen zu leben, um seine Eignung festzustellen. Eine spätere Trennung war übrigens problemlos möglich.
Nach dem Besuch des Langhauses, folgte ein Rundweg durch das Dorf.
Interessant war am nächsten Punkt die Präsentation verschiedener Konservierungs-Techniken, um Lebensmittel haltbar zu machen. Gezeigt wurden hier eine hölzerne Rauchhütte (Etiesatraoa), in der man Fleisch und Fisch räucherte, und ein Pökel-Holzständer (Etieatsaoaoa), auf dem Fleisch und Fisch getrocknet wurden.
Rauchhütte
Gleich daneben stand ein Sauna-Zelt (O:hke’wa) aus Leder. Das „Schwitzhaus“ diente nicht nur der Reinigung des Körpers, sondern wurde auch für die spirituelle Reinigung durch Meditieren im Schwitzhaus genutzt. Im Feuer erhitzte Steine wurden mit Wasser übergossen und so heißer Dampf erzeugt: gleichzeitig wurden noch verschiedene Kräuter genutzt.
Schwitzhütte
Der Rundgang führte uns auch in das Haus des Schamanen oder Medizinmannes. Aufgrund des heiligen Ortes für die First Nations war hier das Fotografieren untersagt. Sehr interessant war, über die vielfältigen Aufgaben des Schamanen aufgeklärt zu werden. Er sollte nicht nur physische und psychische Krankheiten heilen, sondern er war zusätzlich dafür verantwortlich, Traditionen zu bewahren und Zeremonien zu leiten. Zudem sollte er Träume deuten, Geister um Rat fragen und zukünftige Ereignisse für den Einzelnen oder die Gemeinschaft vorhersagen.
Anschließend gingen wir in ein kleineres Langhaus, in dem im Besonderen über die Geschichte der Huron-Wendat  berichtet wurde – hier ganz modern mit einer Video-Präsentation.
Es wurde erzählt, dass dieses Volk einst mit mehr als 20.000 Personen im nördlichen Bereich der Großen Seen lebte. Ursprünglich hatten sie Gemeinsamkeiten mit den Irokesen, die südlich der Großen Seen verbreitet waren. Die Sprachen der beiden First Nation-Gruppen sind eng verwandt. Etwa im 16. Jahrhundert trennte man sich jedoch wegen unterschiedlicher kultureller Auffassungen.
Ab 1640 erlebten die Huron-Wendat mehrere Katastrophen. Zum einen starben mehr als die Hälfte von ihnen an von den eingewanderten Europäern mitgebrachten Krankheiten, wie Pocken und Masern. Ein weiteres Drittel starb während der sogenannten Bieber-Kriege bzw. der französisch-britischen Kriege.
Bei den Bieber-Kriegen handelt es sich um Angriffe der Irokesen auf die Huronen. Die Irokesen handelten damals überwiegend mit den Niederländern um in Europa begehrte Bieber-Felle und bekamen dafür Gewehre. Sie waren damit waffentechnisch anderen First Nation überlegen. Die Irokesen wollten ihre Jagdgebiete für Bieber ausdehnen und außerdem die Handelsrouten kontrollieren. Aus diesem Grund begannen sie, Dörfer der Huronen, ihre Konkurrenten im Pelzhandel, zu überfallen und die Einwohner zu töten. Das taten sie mit einer grausamen Brutalität. Innerhalb der nächsten 50 Jahre rotteten sie die noch lebenden Huronen fast aus.
Die letzten Huronen, einige Hundert, suchten Schutz bei den Franzosen und wurden von ihnen in Reservaten im Osten von Quebec untergebracht. In diesen kleinen Reservaten leben sie heute noch.
Sehr schön gestaltet war der nächste Präsentationsort. Hier ging es um die traditionellen Transportmittel. Man konnte während des Vortrages in einem Lang-Boot Platz nehmen und sich anhören, wie Kanus gefertigt wurden, die Haupt-Transportmittel im Sommer. Für sie wurde gewässerte Birkenrinde verwendet, die auf ein Holzgerüst gespannt wurde und anschließend in dieser Form so trocknete. Im Winter transportierte man seine Waren mit Hilfe von Schneeschuhen und auf Langbrettern, die man mit einem Kopf-Band zog. Der Rahmen der Schneeschuhe wurde aus gebogenem Holz gefertigt, für die innere Bespannung nutzte man Tiersehnen.
Schneeschuhe
Langboot
Auf dem weiteren Rundweg besuchten wir noch ein Tipi. Die Huronen-Wendat nutzten solche Tipis überhaupt nicht. Als man das Ausstellungs-Dorf konzipierte, entschied man sich aber, ein Tipi zu zeigen, weil viele Besucher mit den First Nation das Leben in einem Tipi verbinden. Man wollte am Tipi den Unterschied der sesshaften Lebensweise der Huron-Wendat zu der nomadischen Lebensart anderer Stämme erklären, die mit ihrem Tipi unterwegs waren. Beim Tipi werden Holzstangen kegelförmig aufgebaut und mit Bisonfellen abgedeckt, oben wird eine Öffnung für den Rauch gelassen. Im hiesigen Tipi wurden Landkarten, beispielsweise über die Verbreitung der heutigen Huron-Wendat, und Ausstellungsstücke aus dem Leben der Huronen gezeigt und erklärt.
Tipi
Verbreitungsgebiet
Auf dem weiteren Weg gingen wir an einer „Inukshuk“-Steinfigur vorbei; wiederum etwas inkonsequent, weil diese Figuren nicht von den Huron-Wendat, sondern nur von den Inuit der Arktis-Regionen als Kennzeichen verwendet werden.
Inuitman
Danach erreichten wir die letzte Station der Führung. In dieser Hütte widmete man sich der heutigen Situation in einem Reservat mit eigener Polizei und Schule, sowie mit eigener Verwaltung.
Federrad
Abschließend statteten wir noch dem Laden der „HuronTraditional Site einen Besuch ab, der über ein außergewöhnlich umfangreiches Angebot indigener Kunstwaren verfügt.
Tradition

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Wenn Du auf meinem Blog kommentierst, werden die von Dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt. Mehr Infos dazu findest Du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google [https://policies.google.com/privacy?hl=de]
Dieser Blog ist mit Blogspot einem Googleprodukt erstellt und wird von Google gehostet.