Mittwoch, 20. Juli 2022

Nach Weippe


Wenn man Kooskia auf dem Highway 12 nach Norden verlässt, fährt man auf der linken Seite des Clearwater-Rivers, auf der rechten Seite verläuft die ehemalige Trasse der Great Northwest Eisenbahnlinie "Lewiston - Stites" über Kooskia. Diese Strecke der "Short Line" erreichte 1899 Kooskia, ist aber schon lange wieder außer Betrieb.

nördlich von Kooskia

nördlich von Kooskia

Kurz vor dem Ort Kooskia befindet sich ein Heiligtum des Nez Percé-Volkes, das „heart of the monster“. Das „Herz des Monsters“ ist ein kleiner Hügel, der sich in der Mitte des „Nez Percé National Historical Park“ befindet. 

heart of the monster

Heart of the monster

Historical site

Nach einer Legende aus der Schöpfungsgeschichte der Nez Percé kämpfte einst der Coyote, „Iceye’ye“, gegen ein Monster, das alle Menschen verschluckt hatte, und tötete es. Auch er ließ sich vom Monster verschlucken und schnitt ihm dann von innen das Herz heraus. So konnte er die Menschen befreien, die die einzelnen Nez Percé-Stämme gründeten. Vom Monster ist nur das Herz übriggeblieben  -  eben dieser kleine Hügel.
In der Nähe des „heart of the monster“-Geländes befindet sich die erste indianische presbyterianische Kirche, die 1871 erbaut wurde. In der Kirche finden weiterhin Gottesdienste statt und es werden Lieder in der Nez Percé-Sprache gesungen.

Entlang des Clearwater Rivers fährt man weiter auf dem Highway 12 Richtung Kamiah.
Kurz vor dem heutigen Kamiah am Clearwater River verbrachte die Lewis & Clark Expedition, nicht unbedingt geplant, auf ihrem Rückweg vier Wochen (14. Mai bis 10. Juni 1806) bei den Nez Percé in ihrem sogenannten „Long Camp“. 

Long Camp

Zu den Nez Percé nahe dem heutigen Kamiha mussten sie zwar sowieso zurückkehren, um die im Herbst dort gelassenen Pferde abzuholen, aber die Überquerung der Bitterroot Mountains verzögerte sich durch hohen Schnee Anfang Juni. So verbrachte man die Zeit mit Fischen, Jagen und dem Austausch von Informationen mit den Indianern und war trotz der Verzögerung froh, schon einmal das ungeliebte Winterlager am Pazifik hinter sich gelassen zu haben.

Beim „historic marker“ für das „Long Camp“ wird auch über den Missionar „Asa Smith“ informiert, der von 1839 bis 1842 als Missionar bei den Nez Percé arbeitete. Im missionarischen Bereich war er nicht sehr erfolgreich, aber ihm ist zu verdanken, dass es ein Wörter- und Grammatikbuch der Nez Percé-Sprache gibt, das er erstellt hatte.

Asa Smith

Über eine Brücke erreicht man das Städtchen Kamiah - gut geeignet für einen Tank-Stopp und um sich mit einigen Lebensmitteln zu versorgen. Weiter geht es entlang des Clearwater Rivers auf dem Highway 12 Richtung Orofino und man erblickt einige spektakuläre engere Flusspassagen, gebildet durch magmatische Felsen. Der Northwest Passage Scenic Byway „zeigt sich hier von seiner besten Seite“.

am Clearwater

Der nächste „historic marker“ auf dem Weg weist auf eine den Westen der USA sehr bestimmende Zeit hin  -  es geht wieder einmal um einen Goldrausch.
1860 wurde in einem Ort namens Pierce Gold entdeckt. Da der Ort nordöstlich des Clearwater Rivers liegt, mussten tausende von Glückrittern über den Fluss gebracht werden  -  also gab es unweit dieser Stelle eine Gold Rush Ferry. Erst im Jahr 1954 wurde an dieser Stelle dann eine Brücke gebaut.

Ferry

Um zum "Goldstädtchen Pierce" zu kommen, vielleicht ist ja noch ein wenig Gold zu finden, aber auch um die Weippe Prärie zu erreichen, einem für Lewis & Clark wichtigen Ort, kann man nun über eine 1954 errichtete Brücke auf den Idaho-Highway 11 abbiegen. 

nach weippe

Und schon ist man wieder auf einem Byway  -  dieses Mal dem Gold Rush Historic Byway. Er beginnt hier und führt über etwa 70 Kilometer nach Headquarters, einem ehemaligen Forstarbeiter-Lager, im Clearwater National Forest.

gold rush highway

gold rush

Man fährt durch den kleinen Ort Greer. Hier informiert eine Hinweistafel über die Geschichte des hiesigen „Goldrausches“ und über die „malerische Nebenstraße. Direkt nach Greer schraubt sich die Straße kurvenreich auf dem Greeg Grade (Grade = Steigung) steil in die Höhe und erlaubt atemberaubende Panorama-Blicke ins Tal des Clearwater Rivers.
Oben angekommen kann man sich zunächst vulkanisches Gestein anschauen und gelangt dann zur Hochland-Prärie. Hier wird z.T. Landwirtschaft betrieben.

basalt

Die nächste kleine Ansiedlng ist Fraser, benannt nach seinem Gründer David Fraser, der um 1863 sowohl hier und ab 1885 auch im nahen Pierce eine Handelsstation betrieb und leider im „Trubel des Goldrausches“ umgebracht wurde.

Fraser-Park

Fraser-Park

Für uns war an dieser Stelle interessant, dass die Lewis & Clark Expedition - von "Weippe Prairie" kommend - auf ihrem Weg zum Clearwater River durch das Gelände dieses Parks gezogen sein soll.

L&C-weg

Um es vorweg zu nehmen, wir hätten den Ortsnamen sicherlich nicht korrekt ausgesprochen. Richtig betont muss er lauten: Weippe (wiːˈaɪp)!

Willkommen

Anschließend folgt der kleine, sehr zersiedelte Ort Weippe mit seinem Discovery Center, das nachfolgend gesondert beschrieben wird.

Discovery Center

Gleich hintereinander zwei „Byways“ fahren zu dürfen zeigt u.a., wie vielfältig und wunderschön die Landschaft hier im Südwesten von Idaho ist.


Montag, 18. Juli 2022

Vom Lolo Pass nach Kooskia


Auf der Fahrt Richtung Westen auf dem Highway 12 vom Lolo Pass bis nach Kooskia fährt man einen Abschnitt des landschaftlich beeindruckenden „Northwest Passage Scenic Byways“. Diese „malerische Nebenstraße“ gabelt sich in Kooskia; ein Abschnitt führt auf dem Highway 13 südwestlich nach Grangeville und die Fortsetzung des Highways 12 nach Lewiston.


Auf der gesamten Strecke wird man bei der Abfahrt links der Straße vom Lochsa River begleitet, der seinem Ruf als Wildwasserfluss gerecht wird. Immer wieder schaut man beeindruckt auf einen über Stromschnellen und mitten im Flussbett befindliche große Steine stürzenden Fluss.

Lochsa River

Lochsa River

Des Öfteren informierten wieder Tafeln über die Lewis & Clark Route, beispielsweise kam die Gruppe unter der Führung ihres Shoshonen-Guide „Old Toby“ am 15. September 1805 am Whitehouse Pond vorbei, einem bei den Indianern häufig genutzten Angelplatz.

Whitehouse pond

Im Canyon des Lochsa Rivers gab es wegen der vielen Klippen für das Expeditionscorps 1805 kein Fortkommen, sodass Old Toby die Gruppe anschließend wieder auf die Kammlinie der Berge hochführen musste.
Der schwierigste Teil, den das Discovery Corps 1805 erklettern musste, führte sie hoch zur Wendover Ridge (ridge = Grat, wendover = Wende). Sie mussten dabei einen Höhenunterschied von fast 900 Metern überwinden. Captain Clark vermerkte damals in seinem Tagebuch, dass einige Pferde stürzten und dass dabei sein Schreibpult zerbrach.

Wendover
Am Lochsa-River befindet sich heute ein kleiner Campingplatz

Auf der Weiterfahrt auf dem heutigen Highway 12 ist die Informationsstation aufschlussreich, die an die historische Entwicklung der Route durch die Bitterroute Mountains erinnert.
Nicht nur das Lewis & Clark Expeditionscorps nutzte den Weg, sondern seit Hunderten von Jahren waren schon die „native americans“ auf ihm unterwegs. Bei ihnen hieß der Weg in der Sprache der Nez Percé „K’useyneisskit“ – der „Weg zum Büffel“. Und wenn die „Nez Percé Buffalo Road“ erzählen könnte, würde sie davon berichten, dass auf ihr Pferde und Maultiere, und später Autos sowie Motorräder unterwegs waren, sich die Straßenbreite änderte, aber die Gewaltigkeit der Berge unverändert blieb.

trail

Anfang 1860 wurden in Idaho sowie Montana Gold und Mineralien entdeckt, was zu einem Boom an Migranten in den Westen führte. Bessere Verbindungswege waren gefragt. Präsident Lincoln unterzeichnete im März 1865 ein Gesetz zum Bau von Wagenstraßen. Er gab u.a. 50.000 US-Dollar für den Bau der "Wagon Road" von Lewiston nach Virginia City frei, auch bekannt als Bird-Truax Trail.
Lewiston, am Snake River gelegen, war sehr gut per Schiff zu erreichen und Virginia City entwickelte sich gerade zur boomenden Bergbauregion im Montana-Territory. Doch bald durchzogen Schienenstränge die Landschaft; die Bird-Truax-Route war das letzte bundesstaatlich finanzierte Projekt für "Wagon-Trails".

driving trough the mountains

Eine richtige Straße wurde nie gebaut, nur ein für große "Packstrings" (Pferde und Maultiere) geeigneter baum- und buschfreier Pfad mit einer geringen Steigung und einer Breite von 3 - 3,50 Meter. Der Weg begann bei Weippe und endete am Lolo-Pass, verlief meist parallel zum Nez Perce Trail, überlagerte ihn aber auch an einigen Stellen. Teile dieses Weges wurden während des Nez-Percé-Krieges von 1877 von den Nez-Percé unter Looking Glass, White Bird und Chief Joseph als auch von den sie verfolgenden Soldaten der U.S. Armee unter General Oliver O. Howard genutzt.
Anfang der 1900er Jahren eröffnete der Forest Service die "Bird-Truax-Route" für die allgemeine Nutzung als Hauptpfad.
Um 1925 verstärkte man zusätzlich die Ausbauaktivitäten der "Bird-Truax-Route" als einspurige Straße, dem Lolo-Motor-Way, da auch von Lolo Hots Springs in Montana mit einem Motor Way zum Pass hinauf begonnen wurde. 1934 konnte eine erste durchgängige Verbindung von Idaho nach Montana über den Lolo-Pass gemeldet werden.

travel trough the mountains

Anfang der 1900er Jahre  kamen erste Träume auf, zwischen Orofino und Powell entlang am Lochsa-River eine Straße zu bauen. 1916 war ein erster Vorschlag genehmigt, der Bau des heutigen „Lewis and Clark Highways“ hätte beginnen können, doch 1919 wurde erst einmal über die Middle Fork bei Kooskia eine Brücke gebaut. In den folgenden 43 Jahren wurden immer wieder neue Abschnitte fertig gestellt. Hilfe kam 1938 vom Civilian Conservation Corps (CCC). Das CCC-Programm endete 1942!
Ab 1935 wurden Insassen des Staatsgefängnisses Fort Levenworth eingesetzt; zuerst richteten sie ein Camp ein; zwei Jahre später arbeiteten etwa 160 von ihnen im Straßenbau. Während der letzten beiden Jahre des zweiten Weltkrieges lösten Japaner (256 Männer) die straffällig Gewordenen ab. Sie waren in einem sogenannten Internmentcamp untergebracht.
Erst 1962 wurde die heutige Passstraße fertig gestellt und im Jahr 2000 zum National Scenic Highway erklärt.
Heute kann man diese Strecke (160 Kilometer vom Lolo-Pass nach Kooskia) mit einem modernen Fahrzeug in wenigen Stunden zurück legen, für die die Expeditionsteilnehmer von 1805 11 entbehrungsreiche Tage benötigten.

across the mountains
Across the endless Sea of Mountains ↗ 
 
Eine weitere Etappe am Highway 12 ist die historische „Lochsa Ranger Station“; sie wurde zwischen 1927-1933 erbaut. Leider ist sie derzeit für Besucher geschlossen.

Interessant auch die Hintergrundgeschichte, warum dieser Fleck an dem Highway Colgate heißt.

Colgate

Auf einer Höhe von inzwischen nur noch knapp 450 Metern erreicht man Lowell, eine Mini-Gemeinde mit 24, nein 23 Einwohnern. Sie wurde nach dem ersten Postmaster Henry Lowell benannt.

Lowell

Bei Lowell vereinigen sich die beiden Wildwasser-Flüsse, der Lochsa River, und der südöstlich von der Bitterroot Range kommende Selway River, zum Middle Fork Clearwater River, der ein schiffbarer ruhigerer Fluss ist. Die wenigen Einwohner von Lowell leben saisonal vom Tourismus (Motels, Resorts, Campingplätze, …). Der Ort ist nur über eine Brücke über den Lochsa River zu erreichen.
Der Standort des Internierungslagers Kooskia ↗ (1943–45) lag etwa 10 km stromaufwärts von Lowell an der U.S. 12 am Nordufer des Flusses Lochsa.
Der Lochsa River ist übrigens bis zu der Einmündung des Selway Rivers bei Lowell auf einer Strecke von etwa 160 Kilometern von einer Höhe von 1.050 Metern bei Powell auf 450 Meter bei Lowell gefallen.
Lowell
Rechts der Lochsa-River, links der Selway River.
Im Vordergrund der Middle Fork Clearwater River

Kurz vor Kooskia kann man die geologische Veränderung der Landschaft bestaunen. Bisher hatten sich Kalkgesteine in verschiedensten Felsformationen rechts und links am Straßenrand erhoben. Die bewaldeten Berghänge waren langsam flacher geworden. Plötzlich erblickt man schwarze, hohe Basaltsäulen magmatischen Ursprungs – ein völlig neues geologisches Erscheinungsbild. Diese Region war einmal die Westküste von Amerika. Von der Nähe des Äquators schob sich eine Kette von vulkanischen Inseln langsam Richtung Küste und glitt unter die bestehenden Landmassen. Heiße Granitmagma stieg durch das sie umgebende Gestein wie eine große Blase. Eine neue Küstenformation war geschaffen (Plattentektonik!). Diese Gesteinsform ist unter Idaho Batholith bekannt und gilt als einer der größten zusammenhängenden Granitkörper der Welt.

Basalt

Erneut kamen wir an einem „Nez Percé-Trauerplatz“ vorbei. Häuptling „Looking Glass“ hatte sich von den anderen Nez Percé-Stämmen abgewandt und hier am Clearwater River ein kleines Dorf aufgebaut. Er wollte erreichen, dass er an dieser Stelle mit seinem Stamm siedeln konnte, indem er seine friedliche Haltung demonstrierte. Captain Stephen Whipple griff jedoch das Nez Percé-Dorf am 01. Juli 1877 „unprovoziert“ an und zerstörte es völlig. Dies führte dazu, dass sich Looking Glass mit seinen Kriegern den kämpfenden Nez Percé anschlossen.

Looking Glass

Direkt hinter diesem Ort liegt Kooskia (ca. 610 Einwohner). Das Städtchen wurde bereits 1895 gegründet und hieß ursprünglich „Stuart“, benannt nach einem angesehenen Bürger, James Stuart (1863-1929), ein Metis, der sowohl Nez Percé- als auch europäische Elternteile hatte. Die Stadt erhielt 1902 ihren heutigen Namen. „Kooskia“ kommt aus der Nez Percé-Sprache und bedeutet „wo sich die Wasser treffen“, orientiert am hiesigen Zusammenfluss der Southfork und der Middlefork des Clearwater River. Zur Stadt gehören zahlreiche kleine Gemeinden in der weiteren Umgebung. Wieder ist es ein Ort, dessen wesentliche Wirtschaftszweige die Holzproduktion, die Viehzucht, die Landwirtschaft und der Tourismus sind.

Am Ortseingang befindet sich ein Rondell mit mehreren Informationstafeln. Hier geht es um die Geologie der Region, um die Gefährdung der Tier- und Pflanzenwelt durch die Industrialisierung und um die Geschichte der Region. Wieder sind der Lewis & Clark Expedition zahlreiche Tafeln gewidmet. Alle Informationen werden bei der Präsentation jedoch zu einem wesentlichen Punkt zusammengefasst - auf die Verantwortung des Menschen, seine Umwelt zu erhalten.

Lewis and Clark

So soll abschließend ein auf den Infotafeln angebrachtes Zitat erwähnt werden:
„Der größte Wert der „Wilderness“ (Wildnis) liegt nicht in der Vergangenheit oder der Gegenwart, sondern in der Zukunft.“ (Aldo Leopold, 1887-1948, amerikanischer Forstwissenschaftler).

Nach einer Fahrt durch eine so unbeschreibliche Landschaft darf man tatsächlich nicht vergessen, dass wir mit dem Erhalten von urtümlichem Lebensraum bewusster umgehen sollten, damit unsere Nachfahren noch auf dieser Erde leben und so schöne Dinge wie wir sehen dürfen.


Freitag, 15. Juli 2022

Zum Lolo-Pass

Heute wollten wir von Lolo (975 m) kommend den Lolo-Pass (1593 m) erreichen, der sich für die Lewis & Clark Expedition 1805 als anspruchsvollste Überwindung der Bitterroot Mountains herausstellen sollte.



Wir verließen den Yellowrock Campground ↗ westwärts; als Tagesziel nahmen wir uns den kurz hinter den Lolo Pass gelegenen Powell Campground  ↗  vor, eine Strecke von etwa 70 Kilometern.
Die eigentliche Passstraße ist 215 Kilometer lang und verläuft von Lolo (bei Missoula, Montana) nach Westen bis nach Kooskia (Weippe-Prärie, Idaho). Sie entspricht einem Abschnitt des Highways 12, der hier „Lewis and Clark Highway“ genannt wird und 1962 fertiggestellt wurde. Man könnte auch sagen, dass sie das Bitterroot Valley in Montana mit der Weippe Prärie in Idaho verbindet.

Am Straßenrand befinden sich wieder zahlreiche „historic site marker“  -  so wird man bald nach Lolo durch Informationstafeln über Fort Fizzle (Das "missglückte" Fort) unterrichtet.


Sie berichten, dass am 25. Juli 1877 die Nez Percé mit etwa 750 Personen und 2.000 Pferden von den Bitterroot Mountains kommend nach Montana fliehen wollten, die Armee jedoch den Auftrag hatte, dies zu verhindern. Freiwillige (etwa 170 Mann), da nicht genug Soldaten, und etwa 35 Soldaten selbst hoben mit querliegenden Bäumen verstärkte Schützengräben aus und verschanzten sich dahinter.
Als die Nez Percé kamen, konnten ihnen in einem kurzen Gespräch die Bedingungen übermittelt werden. Sie sollten aufgeben und alle Waffen incl. Munition und auch alle Pferde abgeben. 
Die Nez Percé weigerten sich, boten ihrerseits aber an, friedfertig an diesem Hindernis vorbei zu gehen. Die meisten der Freiwilligen akzeptierten diesen Vorschlag, befürchteten sie doch anderseits gewalttätige Auseinandersetzungen, sogar gegen ihre Familie und ihre Besitzungen in der Nähe. Sie verließen die kurz vorher fertig gestellte Befestigungslinie. Und – die Soldaten waren in zu geringer Zahl, um ihrerseits tätig zu werden.
Später nannte die Bevölkerung die Stelle „Fort Fizzle“, um sich über eine Stelle zu belustigen, an der ein Vorhaben fehlgeschlagen war.

Fort Fizzle

Bald folgt eine Infotafel zur Pferdezucht der Nez Percé. In der Sprache der Nez Percé heißt Pferd „Sikum“. Die Nez Percé starteten etwa um 1730 mit der Pferdezucht und waren bekannt dafür, dass sie über ausdauernde und widerstandsfähige Pferde verfügten. M. Lewis beschrieb sie auf seiner Rückreise in seinem Journal am 15. Februar 1806 als exzellente Rasse.

Sikum

An einem weiteren historic marker wird darauf hingewiesen, dass Lewis und Clark sehr viele Pflanzen- und Tierarten erstmalig dokumentierten und gewissermaßen als „Soldaten als Naturkundler“ unterwegs waren.

Solda als Naturkundler

Nach einer anspruchsvollen, kurvigen, ständig ansteigenden Strecke, sowie nach Passieren des  Lolo Hot Springs Pools Resorts ↗ , erreichen wir den Pass, den „Lolo Summit“. Der Name „Lolo“ soll ein Spitzname des französischen Vornamens Laurent sein und an einen französischen Trapper erinnern, der im 19. Jahrhundert hier unterwegs war.

Besucherzentrum

Besucherzentrum

Am Pass befindet sich ein Besucherzentrum, das mit einer Ausstellung zu den Lewis & Clark Unternehmungen, zur Flucht der Nez Percé Indianer 1877 und zu allgemeinen Erklärungen von Geologie, Geschichte sowie Fauna und Flora zum Verweilen einlädt. Es wurde 2003 in der Blockbauweise historischer Ranger-Stationen des Forest Service erbaut.

Neben dem Zentrum stehen eiserne Skulpturen reitender Nez Percé-Krieger, die symbolisch darauf hinweisen, dass die „native americans“ die Wege über den Pass bereits viele Jahrhunderte nutzten, bevor je ein „Weißer“ diese Gegend betrat.

Nez Perce

Von hier fuhren wir eine kurze Strecke (etwa 2 Kilometer) auf einer Forststraße zu einer großen Wiese, „Packer Meadows“. Hier befindet sich der Ort, an dem Lewis & Clark mit ihrer Gruppe ein Lager errichteten.
Das Lewis & Clark Discovery Corps nutzte den Lolo Pass zweimal während ihrer Tour  -  einmal im September 1805, als sie sich gemeinsam mit ihrem Shoshonen-Führer „Old Toby“ über die bereits schneebedeckten Höhen kämpften und im Juni 1806 nochmals auf der Rückreise.

Packer Meadows

Leider waren wir einen Monat zu spät. Diese Wiese ist berühmt dafür, dass hier im Juni tausende von Camas-Pflanzen blühen und man in ein „Meer von Blau“ blickt. Nochmals zur Erinnerung - die Knollen der Camas wurden von den „native americans“ als eine Art Kartoffel verzehrt. Immerhin durften wir uns an einem Blick auf ein „Meer von Gelb“ erfreuen.


Camas-Wiese
So sollen Lewis & Clark diese Wiese im Juni 1806 gesehen haben.

Unsere Fahrt führte uns zurück zur Passstraße. Da wir nun Montana verließen und in Idaho einfuhren, durften wir zuerst einmal unsere Uhren um eine Stunde zurückstellen.

Zuerst am Haskell Creek, später an der Crooked Fork entlang, fuhren wir nun hinab weiter Richtung Westen.


Von hier oben könnte man auch auf der unbefestigten Forststraße 500 mit einem Geländefahrzeug den eigentlichen „Lolo Trail“, die tatsächliche Route von Lewis und Clark, fahren.

Direkt hinter dem Pass weist ein Schild mit der Aufschrift, „Winding road next 99 miles“, auf die anspruchsvolle Straßenführung des Highways 12 auf den folgenden Kilometern hin und ist dementsprechend bei Motorradfahrern sehr beliebt.

winding road

Bald erreichten wir den „DeVoto Memorial Cedar Grove“ (cedar grove = Zedernhain), der an Bernard DeVoto (1897-1955) erinnern soll. Seine Asche wurde an dieser Stelle 1956 von einem Flugzeug des Forest Service aus verstreut. 


De Voto war nicht nur ein bekannter amerikanischer Naturschützer in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sondern veröffentlichte drei bedeutende historische Werke über den amerikanischen Westen (The Year of Decision: 1846  ↗ [1943]; Across the Wide Missouri [1948] ↗ ; The Course of Empire ↗ [1952]) und gab 1953 ein weiteres heraus, The Journals of Lewis and Clark. ↗

DeVoto

In diesem Gedächtnis-Park befindet sich ein kurzer, empfehlenswerter Lehrpfad durch den Wald, der im Besonderen Informationen zu den hier wachsenden Zedern liefert, aber generell zum Verweilen in der Natur einlädt.

Zeder

Wurzel

Man wird eingeladen, dem „Konzert der Natur“ zuzuhören – dem Plätschern des Lochsa-Rivers, dem Zwitschern der Vögel, dem Rauschen des Windes in den Wipfeln der Zedern, …

Zerder umgefallen
Das Wurzelwerk einer umgefallenen Zeder

Nach unserem Rundgang im DeVoto Memorial Cedar Grove war es nur noch ein kurzes Stück bis zu unserem Übernachtungsplatz „Powell Campground“, mitten im Wald direkt am Lochsa River gelegen. Der Powell Campground wird von der Powell Ranger Station betreut, die zu dem Verwaltungsbezirk des Nez Percé-Clearwater National Forests gehört. Er ist nach dem Trapper Charley Powell benannt, der um 1903 in der Nähe eine Hütte erbaute.
Wieder einmal durften wir das einsame Campen in einem urtümlichen Wald direkt an einem Wildwasserfluss (und mit abendlichem Lagerfeuer) erleben.

Lochsa-River
Am Lochsa-River

Mittwoch, 13. Juli 2022

Travelers‘ Rest

Heute besuchten wir auf unserer Reise "Auf den Spuren der Lewis & Clark Expedition" eine besondere Stätte. Auf dem Areal, das sich heute Travelers‘ Rest State Park nennt und das im Jahr 2001 dem Staat Montana als Spende überlassen wurde, befindet sich nachweislich eine Lagerstätte des Expeditionscorps, die sie gleich zwei mal (Hin- und Rückreise) nutzten.

State Park

Traverler´s Rest

Traveler´s Rest

Hier sollte man nicht nur das Informationszentrum besuchen, sondern auf einem der angebotenen kurzen oder längeren, ausgeschilderten Informations-Trails „wandern“. Dabei kommt man an dem ehemaligen Lager des Expeditionscorps vorbei, denn aufgrund von Ausgrabungen kann man davon ausgehen, dass die Lewis & Clark Expedition auf dem Gelände des heutigen State Parks vom 9. bis 11. September 1805 auf der Hinreise und vom 30. Juni bis 03. Juli 1806 auf der Rückreise ihr Lager eingerichtet hatte.
Am 09. September 1805 schrieb William Clark in sein Tagebuch, dass sie ein Lager unweit des kleinen Flüsschens  „Travelers‘ Rest“ aufgebaut hatten, um sich vor dem Aufstieg in die Bitterroot Mountains mit Vorräten (Jagd) zu versorgen. Damals wurde das Gewässer, der heutige Lolo Creek, von William Clark mit dem Namen Travelers‘ Rest versehen, während man heute das ganze Areal so bezeichnet.

Lolo Creek
Lolo Creek

Im Sommer 2002 fanden Archäologen auf dem Gelände bei Ausgrabungen verschiedene Beweise, dass an dieser Stelle das Discovery Corps 1805 / 1806 gelagert haben muss; u.a. Spuren eines nach militärischen Regeln angelegten Lagers, der Latrine und kleine Bleipfützen, die nach dem Gießen von Kugeln übrig bleiben.

Ausgrabungen

An der wahrscheinlichen Stelle des damaligen Lagers stehen einige „witness trees“ („Zeugenbäume“), deren Alter weit mehr als 200 Jahre ist und die dementsprechend bereits 1805/06 auf diesen Lagerplatz blickten.

alte Bäume

Von einer leichten Anhöhe über dem vermeintlichen Lager, vom „Travelers` Rest Overlook“ kann man einen Eindruck gewinnen, wie groß doch so ein Lager gewesen sein musste.

Travelers Rest Overlook

Lagerplatz

Im Informationszentrum selbst begeisterte uns ein Tisch mit Nachbildungen von Messgeräten, die Lewis & Clark auf ihrer Expeditionsreise dabei hatten und mit denen man experimentieren durfte. So mussten wir feststellen, dass es ziemlich schwierig ist, mit einem Sextanten Entfernungen genau zu bestimmen. Auch das transportable Schreibpult durften wir benutzen.


Man kann sich über die von den Expeditionsteilnehmern getragene Kleidung informieren, insbesondere über die Mokassins, die sich die Männer in kurzer Zeit immer wieder selbst neu anfertigen mussten.

York

Der Lebensgeschichte des schwarzen Sklaven von William Clark, York, ist ein Teil der Ausstellung gewidmet. Er muss ein großer Mann mit sehr dunkler Hautfarbe gewesen sein, den die Indianer bewunderten. Traurig ist, dass er trotz seiner aktiven und engagierten Teilnahme an der Expedition auch später Sklave bei William Clark blieb und z.B. keine Entlohnung für die Expeditionsteilnahme erhielt. Dies konnte man einem ausgestellten Brief entnehmen, den Clark nach der Expedition an seinen Bruder und an seinen Neffen schrieb. Es gibt aber auch Dokumentationen, dass York 1811 frei gelassen wurde und bis 1832 ein Fuhrunternehmen in Kentucky betrieb. Hier soll er an Cholera gestorben sein. (Fifer/Soderberg; „Along the trail with Lewis and Clark“; ISBN 1-56037-188-9)

Im Travelers‘ Rest State Park findet man nicht nur Informationen zur Lewis & Clark Expedition, sondern es geht auch um die Präsentation der Lebensweise der Urbevölkerung. Die Völker der Salish (sélish), der Nez Percé und der Pend d’Oreille nutzten das Gebiet jahrhundertelang zum Jagen und Sammeln. An diesem Ort befindet sich eine Wegkreuzung verschiedener Trails, die von den Ureinwohnern seit Jahrhunderten genutzt wurden. Man spricht von den „crossroads of culture“.

Crossroad

Im Informationszentrum befindet sich auch eine Ausstellung zum Jahresrhythmus bei den Salish (sélish)-Indianern. In beständiger Wiederkehr lebte man mit den vier Jahreszeiten und den sich daraus ergebenden Aufgaben und eben im völligen Einklang mit der Natur. Interessant ist dabei, dass im Winter die Zeit für die Weitergabe von Wissen und die Erinnerung an die Vergangenheit mittels Geschichtenerzählen genutzt wurde.

Jahresrythmus

Entsprechend finden im Informationszentrum im Winter donnerstags „Story-Telling-Abende“ statt, an dem ein Stammesmitglied Geschichten aus dem Leben der Salish(sélish), der Nez Percé oder der Pend d‘Oreille von gestern oder heute erzählt.

An einer weiteren bunt gestalteten Station im Außengelände, einem „outdoor classroom“, werden Naturvorträge angeboten und im Besonderen von der Vertreibungsgeschichte der hiesigen „native americans“ erzählt.

classroom

classroom desk

Auf ihrem Rückweg vom Pazifik trennten sich Lewis und Clark am Travelers‘ Rest nach einem dreitägigen gemeinsamen Lager am 03. Juli 1806  - Lewis zog mit neun Begleitern zu Pferd kurz den Bitterroot River hinauf, dann am Blackfoot River nach Nord-Osten Richtung Great Falls, um so zum Marias River zu gelangen. Clark nahm mit einer Gruppe von zwanzig Männern sowie Sacajawea eine Route den Bitterroot River hinab, dann zum Camp Fortunate, um auf diesem Weg wieder „Three Forks“ zu erreichen. Am Zusammenfluss vom Yellowstone River in den Missouri River sollten sich alle wieder treffen.

Lewis & Clark Return

Quellen: