Am Morgen schauten wir uns zunächst noch einmal die kleine
Kirche neben dem „Kitwanga-Cemetery“ an. Bei
ihr hatte es, aus uns unbekannten Gründen, nicht mehr für ein Dach über
dem Kircheneingang gereicht – oder es ist verschwunden?
Anschließend besichtigten wir die St. Paul‘s Anglican Church. Der Glockenturm, ein Nachbau des
ursprünglichen Turms von 1893, steht „dekorativ“ neben der Kirche und macht das
Ensemble zu einem beliebten Foto-Motiv. Der „Zahn der Zeit“ allerdings „nagt“
gewaltig an diesem Ensemble.
Schade, dass man diese wunderschönen historischen Gebäude
nicht ausreichend „unterhält“.
Dafür führen alle Straßen auch den Namen
in der Sprache der First Nations.
Gegenüber der Kirche fotografierten wir auch in diesem Jahr
wieder einige „totem poles“.
Auch heir
konnten wir feststellen, dass sich wohl niemand um sie „kümmert“ - sie verfallen / verrotten so
langsam vor sich hin.
Bei den „totem poles“ wird die Geschichte eines Clans
erzählt und man „liest“ ihre Geschichte von unten nach oben.
Wir waren damit
am Ende des Stewart Cassiar Highways angekommen und trafen nun auf den
Yellowhead Highway, den Highway #16,
der von Winnipeg bis Prince Rupert führt.
Bezogen auf unsere bisherige gut dreimonatige Reise hatten einige gemeint:
„Na, da habt ihr´s ja bald geschafft“, oder
„Endspurt zur Rückreise“, denn über Prince Georg und Jasper würde unsere Route wieder bis nach Calgary führen, immerhin noch gut 1.200 Kilometer.
Wir hingegen bogen jedoch statt ostwärts Richtung Prince Georg nach Westen, Richtung Terrace ab.
Wir folgtem dem Unterlauf des Skeena Rivers, der zu den
längsten Flüssen der Welt gezählt, die nicht mit einem Damm gestaut werden.
Nach 22 Kilometern kamen wir zu einer Rest Area mit
wunderschönem Blick auf den Skeena
River und einer Informationstafel zu der „Sternwheeler-Schifffahrt“ auf dem
Skeena, die zwischen 1912 und 1914 nach der Fertigstellung der Eisenbahnlinie
zwischen Prince Rupert und Prince George unnötig und bald darauf eingestellt
wurde.
1936 wurden der alte Ort Usk und
die Original-Kirche bei einer Überflutung durch den Skeena-River vollständig
zerstört.
Es gibt eine kleine Geschichte zur Bibel in dieser Kirche. Sie
„überlebte“ die große Flut - auf einem Holztisch durch die Fluten getragen.
Nahe des Kapellen-Geländes konnten wir noch eine Skulptur (logging memorial) fotografieren, die dort zu Ehren der Holzfäller aufgestellt ist, die früher
Holz für die „Sternwheeler“ lieferten und danach für die in dieser Region
wichtigen Holzindustrie arbeiteten. Eine Erinnerungstafel am Südende des Areals
ist den Holzfällern gewidmet, die bei der Ausübung ihres Berufes bei einem
Unfall starben. Uns beeindruckte die große Zahl der Verunglückten - Holzfäller, ein „gefährlicher“ Beruf zur damaligen Zeit.
Im Folgenden passierten wir den Kleanza Creek Provincial
Park (mit Campground) und kamen dann nach 93 Kilometern zunächst in dem Vorort
Thornhill und dann, nach der Überquerung des Skeena Rivers per Brücke, in der Stadt Terrace an.
Bei dieser Brücke war
sehr interessant, dass die
Straßenbrücke und die Eisenbahnbrücke getrennt
voneinander, aber direkt nebeneinander, verlaufen.Diesen Ort wollten wir uns erst auf der Rückfahrt (hier mussten wir wieder durch)
etwas genauer ansehen.
In der Region um Terrace kommen die so genannten „Kermodei Bears“ vor. Es sind
Schwarzbären, die aufgrund einer genetischen Veränderung ein weißes Fell haben.
Sie sind aber keine „Albinos“, sondern es handelt sich um eine genetische
Vererbung. Beide Elternteile müssen das rezessive Gen für die weiße Fellfarbe
haben, dann entwickeln sich die „Kermodei“. Sie werden auch „spirit bears“ oder
„ghost bears“ genannt und natürlich gibt es zu ihnen auch eine indianische Geschichte:
„Als der „Creator“ die Farbe der Welt von schneeweiß zu
waldgrün veränderte, wollte er die Farbe weiß nicht vergessen und verwandelte
deshalb jeden zehnten Schwarzbär in ein weißes Exemplar, um sich an die Farbe
weiß erinnern zu können.“
(Mit diesem Bild wirbt u.a. die Stadt auf einem ihrer Plakate).
Die Stadt Terrace hat den Kermodei in ihrem Stadtwappen und
überall trifft man auf entsprechend gestaltete Figuren.
In der Region soll es
zurzeit etwa 400 Exemplare der „ghost bears“ geben, dennoch kann man sie extrem
selten beobachten.
In der Mitte des Skeena Rivers gibt es bei Terrace eine
größere Insel, Ferry Island. Auf ihr befindet sich der städtische Campingplatz; von dort kann man im Skeena River
fischen und Spaziergänge unternehmen und dabei Gesichter entdecken, die in die
Rinde von Bäumen geschnitzt wurden.
In der Stadt Terrace leben zurzeit 11.300 Menschen, in der
Region 18.500. Die Stadt bezeichnet sich selbst als die „Welthauptstadt für Zedernholz“. Tatsächlich wurde hier mit 50
Metern Länge
der längste bekannte Zedernholz-Pfosten zugeschnitten. Die
Holzindustrie ist der wichtigste Arbeitgeber in der Region.
So ist es nicht verwunderlich, dass sehr viele Holztransporter auf dem Highway unterwegs sind.
Direkt nach Terrace kann man auf dem Highway #37 South nach
Kitimat fahren, eine Hafenstadt, die über den Kitimat Arm und den Douglas
Channel mit dem Pazifik verbunden ist.
Nach Norden führt von Terrace aus der Highway #113 ins Nass
Valley und in den Lava Beds Provincial Park, einem Gebiet, das von grauer und
schwarzer Lava überzogen ist, die von einem Vulkanausbruch vor 270 Jahren
stammt.
Wir fuhren von Terrace weiter auf dem Yellowhead-Highway #16 Richtung Prince Rupert. Allerdings beabsichtigten wir, an diesem Tag nur den Prudhomme Provincial Park, 24 km vor
Prince Rupert, zu erreichen.
Schnell bemerkten wir, warum dieser Streckenabschnitt als
eine der schönsten Straßen Kanadas beschrieben wird. Das Wetter war neblig und sehr regnerisch, trotzdem waren der immer breiter werdende Sheena River und die
Bergwelt links und rechts der Straße sehr beeindruckend.
Die Straße führte uns immer wieder nah an den Sheena River
heran, der sein Flussbild laufend veränderte – mal an engeren Klippen vorbei,
dann breit mit vielen Inseln.
Wenige Augenblicke später fuhren wir durch schmale Canyons zwischen Bergen hindurch - Wasserfälle an den Seiten und hin und wieder ein
Gletscher in der Ferne.
Leider setzte aber bald auch starker Regen ein,
der uns nicht nur die Fernsicht nahm.
Jedes Jahr im Frühling, kurz nach der Eisschmelze, ist es auch heute noch ein besonderes Ereignis, denn mit den Fischen kommen auch die Seelöwen und manchmal sogar Orkas in die Flussmündung.
Am Aussichtspunkt von Skeena, der sich 40 Kilometer vor
Prince Rupert befindet, konnten wir auf einer Informationstafel die Geschichte
vom Hafen „Port Essington“ lesen,
der sich einst auf der gegenüberliegenden Flussseite befunden hatte. Bereits
seit tausenden von Jahren nutzten die First Nation diesen „Hafen“ auf ihrer
Handelsroute zwischen der Küste und dem Binnenland. Er diente den ersten
Pionieren von etwa 1860 bis 1914 als Starthafen für ihren weiteren Weg, nachdem
sie über eine Pazifik-Schiffsreise den
Sheena-River erreicht hatten.
Offiziell wurde Port Essington 1871 von Robert Cunningham als Stadt
gegründet. In den folgenden Jahren war Port Essington nicht nur als Hafen,
sondern vor allem für seine „fischverarbeitende Industrie“, es gab dort mehrere
„Canneries“, bekannt. In einer Cannery wird Fisch in Dosen verarbeitet. Der Ort
verlor seine Bedeutung und wurde bis zum Ende der 1940er Jahren von seinen
Einwohnern komplett verlassen, nachdem die Eisenbahnlinie 1914 fertig gestellt
und auf der anderen Flussseite vorbei geführt wurde. Zwei Feuer in den 60er
Jahren machten Port Essington endgültig zu einer kompletten „ghost town“.
Lustig fanden wir, dass wir beim Rainbow Lake auf der Straße
den Pass, den Rainbow Summit mit 161 Metern, erreichten - verglichen mit
anderen Höhen unserer diesjährigen Reise eigentlich nicht erwähnenswert. Dennoch: die Gegend machte ihrem Namen alle Ehre und begrüßte uns mit einem Regenbogen!
Gleich
danach konnten wir unsere heutige Tagesetappe am Prudhomme Lake Provincial Park beenden.
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