Das heute zu besichtigende Fort Vancouver ist eine komplette Nachbildung aus den 1960er Jahren. Das Original wurde 1828 von der Hudson Bay Company als Zentrale für den gesamten westlichen Pelzhandel von dem damals noch russischen Alaska bis hinunter zum mexikanischen Kalifornien erbaut. Das „Fort“ war in den ersten Jahrzehnten eine reine Handelsstation, die Armee kam erst später hinzu.
Die Armee breitete sich schnell nördlich des ursprünglichen „Palisaden-Geländes“ aus und errichtete die sogenannten Vancouver Barracks ↗. Während der Indianerkriege, während des Bürgerkrieges und während der Zeit der Besiedlung des Westens übernahmen die in den Vancouver Barracks stationierten Soldaten jeweils größere militärische Aufgaben. Berühmte Generäle, wie Ulysses Grant oder Philipp Sheridan, waren hier eine Weile stationiert.
Erst nach dem 2. Weltkrieg reduzierte die Armee ihre Präsenz in den Vancouver Barracks und übertrug Teile der Kasernenfläche an den National Park Service, damit über diesen das historische Militärgelände erhalten und das alte Handels-Fort restauriert werden sollten. So konnte die „Fort Vancouver National Historic Site“ entstehen.
Noch bevor man heute bei einer Besichtigung die ehemalige Pelzhandelsstation betritt, kann man den ebenfalls in den 1960er Jahren teilweise rekonstruierten, „englischen“ Garten bewundern bzw. in ihm spazieren gehen.
Diesen Garten ließ Dr. John McLoughlin ↗ (19.10.1784 - 03.09.1857), der von 1825 bis 1845 im Namen der Hudson Bay Company für die Verwaltung des Pelzhandels in Fort Vancouver zuständig war (er war der „Chief Factor“), wohl um 1828 anlegen. Allerdings dürfte der damalige Garten einen Raum von etwa acht Hektar (~ 8 Fußballfelder) eingenommen haben, heute ist er um vieles kleiner. Man experimentierte mit verschiedensten Samen und Pflanzen aus aller Welt und produzierte Nahrung, Heilmittel und Blumen. Interessant ist, dass damals nur „geladene“ Gäste im Garten spazieren durften, während die Gartenarbeit überwiegend von Frauen der „native americans“ erledigt wurde. Besondere Garten-Produkte, wie etwa Pfirsiche, waren nur für die Tafeln der hochrangigen Bediensteten bestimmt.
Nach der Festlegung des Grenzverlaufs von 1846, der den 49. Breitengrad als Grenze zwischen den USA und Kanada bestimmte, verlegte die Hudson Bay Company ihre Verwaltung nach Fort Viktoria auf Vancouver Island (Kanada) und gab 1860 das Fort Vancouver in Oregon vollständig auf, was auch zu einem Ende des „gepflegten“ Gartens beitrug.
1866 brannte das Fort vollständig ab.
Das historische Handels-Fort hat nur einen Turm, nur eine Bastion, verfügt aber über eine komplette Palisaden-Einzäunung.
Aussenansicht |
Innenansicht |
Im Fort sind einige wenige wichtige Gebäude restauriert - allen voran der „indian trade shop“ und der „fur store“. Dies waren Lagerhäuser in erster Linie für Pelze, aber auch für die jeweiligen Tauschwaren. Gleichzeitig fand hier der eigentliche Handel mit den „native americans“ statt.
Recht anschaulich wird gezeigt, wie die unterschiedlichsten wertvollen Pelze anschließend gewogen, gepresst und für den Transport nach Europa verpackt wurden.
Vernähte Fellballen, fertig für den Transport |
Die Verwaltung befand sich im „Counting House“. Im Unterschied zu den Lagerhäusern im „Blockbohlen-Stil“ ist dieses Haus bunt angestrichen. Über der Eingangstür hängt das Motto des hiesigen Pelzhandels: „PELLE PRO CUTEM “ – „Die Haut für die Haut“ (die Abgezogene für die Menschliche).
Im Haus liegt der Ausstellungsschwerpunkt auf Schreibtischen und Arbeitsmaterialien, aber auch Landkarten aus der damaligen Handelszeit u.ä. werden gezeigt.
Vornehme karge Stube des "Counters" |
Interessant sind die Handwerkerhäuser: der „Carpenter-Shop“ (Schreiner), der „Blacksmith Shop“ (Schmied) und natürlich das „Bakehouse“ nicht zu vergessen.
Die Backstube mit zwei Öfen |
Öfters halten Ranger oder „ehrenamtlich tätige“ Senioren kleine Vorträge – so beim Carpenter, der davon erzählte, dass in früheren Zeiten jüngere Männer aus den gesamten USA nach Fort Vancouver geschickt wurden, um den Schreiner-Beruf zu erlernen - täglich vier Stunden Schule und danach vier bis sechs Stunden Mitarbeit beim Schreiner.
Schwierig war die Hygiene-Situation im Fort; an mehreren Stellen stehen „Out-Häuser“ und in deren Nähe gab es dann einen Brunnen.
Outhouse |
Neuer Brunnen nahe dem Backhaus |
Leerreich und interessant auch das Gebäude, in dem der Arzt seiner Tätigkeit nachging und Kranke sogar stationär pflegte.
Apotheke |
Krankenstation |
Das imposanteste Gebäude in dem Fort ist das Präsentationshaus des „Chief Factor“, des Verwalters – vor der Eingangstreppe stehen zwei „dekorative“ Kanonen und es ist ein hübscher Blumengarten angelegt. Innen kann man einen Blick auf die privilegierte Situation der damaligen Bewohner werfen: reich gedeckte Tafeln mit bestem Geschirr, luxuriöse Möbel und farbenfroh gestalte Räume.
Außerhalb der Palisaden wohnten früher die „niederrangigen“ Angestellten des Fort Vancouver mit ihren Familien in einem kleinen Dorf in „Ein- oder Zweizimmerhütten“ – unterhalb der South Barracks im Westen des Militärgeländes stehen dazu zwei restaurierte kleine Gebäude, die aber nur zu besonderen Terminen für die Öffentlichkeit zugänglich sind.
Nach der Besichtigung der Pelzhandelsstation kann man noch einen Spaziergang über das historische Militärgelände machen und beispielsweise die ehemaligen Wohnhäuser der Offiziere in der „officer’s row“ anschauen., beispielsweise das "Marshall House", das „Grant House“.
The Marshall House |
Grant House |
Heute: NW Legacy Law, P.S. |
Wer viel Zeit mitbringt, kann das Pearson Air Museum ↗ besuchen, das Ausstellungen zu dem 1925 hier eingerichteten „Pearson Field“ zeigt. Es geht dabei um die Rolle, die die Luftwaffe in der Geschichte der Luftfahrt spielte.
Auf dem Feld davor und auch auf der im Bild nicht mehr sichtbaren rechten Seite stand ab 1917 eine Sägemühle der U.S. Army, um u.a. für Flugzeuge der Alliierten Fichtenbretter aller Art herzustellen. Auf dem "Werksgelände" standen viele weiße Zelte, die als Unterkunft für die mehr als dreitausend Soldaten dienten, die mit der Herstellung von Komponenten für ein Flugzeug beauftragt waren.
Als der Krieg vorbei war und das Holz für die Flugzeuge nicht mehr benötigt wurde, wurde die Sägemühle abgerissen und das Areal wieder zu einem Flugplatz.
Eine "Self Guided Tour" ↗ lädt zum näheren Kennenlernen und Entdecken auch dieser Historie ein.
Kurzum: diese Orte (Fort Vancouver und das Pearson Air Museum) gewähren Einblicke in zweihundert Jahre Geschichte des pazifischen Nordwestens der USA, beginnend mit einer Pelzhandelstation.
Quellen:
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