Donnerstag, 26. Juni 2025

Der Untergang der „Empress of Ireland“

Im Norden der Stadt Rimouski gibt es einen Küstenabschnitt, der „Pointe-au-Père“ genannt wird. 
An diesem Ort kann man eine historische Ausstellung besuchen, die „site historique maritime de pointe-au-père“. Genauer gesagt befinden sich dort drei interessante Punkte.
Leuchtturm
Zunächst einmal stehen dort der 1909 erbaute und zusätzlich der 1975 errichtete Leuchtturm. Der aus dem Jahr 1909 war mit 33 Metern der zweithöchste Leuchtturm Kanadas und war bis 1975 in Betrieb. Auch die Nebengebäude, das Wärter-Haus und der Nebelhorn-Schuppen, sind interessant. Mit einer Führung kann man die 128 Stufen des Leuchtturmes erklimmen und von oben, bei gutem Wetter, eine außergewöhnliche „Rundum-Sicht“ genießen.
Leuchttürme
In der dazugehörenden Ausstellung findet man auch die Geschichte und die unterschiedliche Funktionsweise der insgesamt 4 Leuchttürme an diesem Ort: der letzte wurde 1975 errichtet und 1997 außer Dienst gestellt. 
In diesem Bereich werden nicht nur die Pflichten und das Leben der Leuchtturm-Wärter, sondern im Besonderen die wichtigen Aufgaben der Lotsen beschrieben, die bei „Pointe-au-Père“ die Schiffe, die sie durch den Strom begleitet hatten, wieder verließen.

Die zweite Attraktion ist das 90 Meter lange U-Boot „Onondaga“, das von 1967 bis 2000 mit einer Mannschaft von 70 Personen im Nordatlantik unterwegs war. In ihm kann man einiges über die Geschichte des U-Bootes und über das beengte Leben in einem solchen Boot erfahren.
U-Boot

Außerdem befindet sich in „Pointe-au-Père“ noch das „Empress of Ireland“-Museum.
Empress of Ireland
In diesem Museum wird eine Ausstellung zu einem tragischen Ereignis gezeigt. Jeder kennt den Untergang der Titanic im April 1912, die vor Neufundland mit einem Eisberg kollidierte, aber fast niemand hat größere Kenntnisse vom Untergang der „Empress of Ireland“. Dieser passierte im Mai 1914 im Mündungsbereich des Sankt-Lorenz-Stromes und wurde durch einen Zusammenstoß mit einem norwegischen Kohle-Schiff, der Storstad, bei starkem Nebel verursacht. Über diese Katastrophe wird im hiesigen Museum informiert.
The Empress
Die „Empress of Ireland“ gehörte der "Canadian Pacific Steamship Company“ und beförderte seit 1906 Passagiere von England (Liverpool) nach Kanada (Montréal) und zurück. Durchschnittlich war sie für eine Strecke fünf Tage unterwegs und es handelte sich am Tag der Katastrophe um ihre 96. Fahrt. Nach der Ankunft in Kanada reisten die meisten Passagiere per Zug Richtung Westen weiter. Die Passagiere Richtung England besuchten Familienangehörige in der „alten Heimat“ oder waren auf der Rückreise, nachdem ihr Versuch, sich eine neue Existenz in Kanada aufzubauen, misslungen war.

Das Dampfschiff „Empress of Ireland“ war 170 Meter lang, 20 Meter breit und verfügte über vier Stahldecks. Das Schiff sank nach der Kollision innerhalb von 14 Minuten; von den 1.477 Menschen an Bord starben 1.012.
Kollision
Die Kapitäne beider an der Kollision beteiligten Schiffe überlebten und beschuldigten sich gegenseitig, für den Untergang verantwortlich zu sein. Ein Gericht erklärte damals den Kapitän des norwegischen Kohle-Schiffes für schuldig. Nach heutigen Ermittlungen dürfte aber auch der Kapitän der „Empress of Ireland“ eine Teilschuld gehabt haben. Dieses Unglück passierte durch menschliches Versagen und durch das Missverstehen von Signalen bei plötzlich aufkommendem starkem Nebel. 
Kein Nebel
Der Lotse hatte bei Verlassen des Schiffes "nicht viel Nebel" vorausgesagt.
Die entgegenkommende „Storstad“ rammte den Ozeandampfer so unglücklich an der Seite, dass sie ein riesiges Loch in die Seitenwand riss, durch das pro Sekunde 250.000 Liter Wasser in das Schiff einströmten.
Im Museum wird das Schiff genauestens beschrieben, sowohl die technischen Daten als auch die Organisation des Schifflebens.
Model
Model
Danach wird der Untergang aus damaliger und heutiger Sicht dargestellt. Den Erinnerungen überlebender Passagiere bzw. von Nachkommen verstorbener Passagiere ist ein größerer Raum gewidmet. Hier muss man eine Person besonders herausheben. Es ist William Clark, der auf der „Empress of Ireland“ als Heizer arbeitete und überlebte. Das Besondere ist, dass er zwei Jahre vorher den Untergang der Titanic überlebt hatte, auch als Heizer.
William Clark
Der letzte Teil der Ausstellung beschäftigt sich mit dem Wrack, das immer noch auf dem Grund des Sankt Lorenz Stromes liegt und seit 1996 unter Denkmalschutz steht. 
Unglücksstelle
Seit 1964 finden immer wieder Tauch-Expeditionen zum Wrack statt, leider haben bei diesen Unternehmungen inzwischen auch über zehn Personen ihr Leben verloren. Die meisten Gegenstände (aus dem Laderaum und aus den Kabinen) wurden mittlerweile geborgen, einige sind im Museum ausgestellt.
Schmuckschatulle
Schmuckschatulle mit Inhalt
Steurerrad
Selbst das Steuerrad konnte 1971 geborgen werden
Abschließend kann man nach dem Museumsbesuch noch den angebotenen Film anschauen, der zu dem Schiffsunglück gezeigt wird. Er wird „multisensorisch“ präsentiert, d.h. im Kinoraum wird die Geschichte der Kollision und des Untergangs nachempfunden. Zu den jeweilien Situationen gibt es u.a. Nebel, Wärme wie im Maschinenraum, Gischt und Kälte wie im Fluss selbst. Und dann - Stille!

Modell
Modell der "Empress of Ireland" in Steuerbord-Schieflage
in ~ 40 m Tiefe auf dem Grund des St. Lorenz-Stroms

Mittwoch, 25. Juni 2025

Extreme Wetteränderung

... innerhalb von einer Stunde

Wir starteten vom LakeTémiscouata (65 km²) bei strahlendem Sonnenschein Richtung "Trois Pistoles" am St. Lorenz Strom. Der See leuchtete in herrlichem Blau und der Himmel war nahezu wolkenfrei. Es war windstill und das Außenthermometer zeigte im Schatten 28°. Wir hatten am Morgen noch in kurzer Hose in der Sonne gesessen.
See
Die Straßen bergauf und bergab waren von Mischwäldern gesäumt, auch die Bäume zeigten sich im Sonnenschein in einem intensiven Grün.
leichter wind
Doch es wurde windiger. Plötzlich wallten Nebelwolken über die Berghänge, ein gespenstisches Bild. Wie ein Wasserfall fielen die Wolken hinab ins Tal und hüllten alles ein. Eine Kaltwetterfront hatte uns in kürzester Zeit erreicht.
Kaltwetterfront
Wolken schieben sich über den Hügelkamm und fallen ins Tal
Der Nebel breitete sich im Tiefland rasant aus und als wir nach einigen Kilometern den St. Lorenz Strom erreichten, konnten wir nahezu nichts mehr sehen. Ein undurchdringlicher Nebel türmte sich vor uns auf und es war natürlich sehr feucht aber auch kalt geworden (nur noch ca. 10°).
Dieses Wetterphänomen wird durch das Aufeinandertreffen von kalten und warmen Luftmassen und den hier bis zu 30 Kilometer breiten St. Lorenz Strom verursacht / begünstigt.
Nebel
Nebel und Nieselregen in Trois Pistoles

Dienstag, 24. Juni 2025

Von Fort Ingall bis La Martre


Zunächst fuhren wir die ersten 70 Kilometer über den Highway 295 zurück zum Sankt-Lorenz-Strom nach Trois-Pistoles. Von dort ging es über 260 Kilometer wieder auf der Küstenstraße 132 bis nach La Martre.
Trois-Pistoles (3.500 Einwohner) trägt seinen Namen nicht wegen irgendwelcher Waffen, sondern der Name erinnert an eine Goldmünze, die im 16. Jahrhundert in Frankreich als „Louis d’Or“ verwendet und „pistole“ genannt wurde. In Trois-Pistoles besteht eine der wenigen Möglichkeiten, das Nord-Ufer des Sankt Lorenz Stromes zu erreichen. Im Hafen fährt eine Fähre nach „Les Ecoumins“ auf der anderen Seite des Flusses ab. Besonders berühmt ist Trois-Pistoles jedoch wegen seiner Kirche, der „Notre-Dame des Neiges“. Sie hat fünf Glockentürme, was in dieser Region eine absolute Seltenheit ist.
Die Kirche
Wir waren nun weitere 60 Kilometer unterwegs und erreichten die größere Stadt Rimouski (50.000 Einwohner). In ihr findet man die „site historique maritime de la pointe-au-père“, hier möchte die Stadt ihren engen Bezug zur Seefahrt auf dem Sankt-Lorenz-Strom präsentieren (siehe gesonderter Bericht). Ausgrabungen haben gezeigt, dass die Region vor Rimouski bereits vor 8.000 Jahren besiedelt war. Im August 1535 beschrieb Jacques Cartier (1491-1557) diese Gegend.
Nur 20 Kilometer weiter erreichten wir Saint Flavie (900 Einwohner), benannt nach der römischen Märtyrerin Flavia.
St Flavie
Im Hintergrund der St. Lorenz-Strom
Saint Flavie ist das sogenannte Tor zur Gaspésie, der nächsten Verwaltungsregion nach Bas Saint Laurent. In der Sprache der hiesigen First Nation, den Mi’kmaq, versteht man unter dem Wort „Gespegiag“ das „Ende der Welt“. Die Halbinsel wurde von einem nördlichen Ausläufer des Apalachen-Gebirges gebildet. Der höchste Berg ist mit 1268 m der „Mont Jacques Cartier“.
Im nördlichen Bereich von Saint-Flavie kommt man am Centre d’Art von Marcel Gagnon mit seinen Betonstahlfiguren vorbei (siehe gesonderter Bericht).
Nach weiteren 20 Kilometern landeten wir in der Bucht von Métis-sur-Mer (590 Einwohner); der Ort wurde 1850 von Schotten gegründet. Hier hat man traumhafte Blicke auf die Bucht und westlich auf den 1909 errichteten Leuchtturm „la maison du gardien“, der aber in Privatbesitz ist.
Du bist hier
Am Strand
Leutturm Métis
Der Leutturm in Métis von 1909,
der erst 1956 an das Stromnetz angeschlossen wurde.
Luftaufnahme
Luftaufnahme: entnommen aus Infotafel am Strand
Der nächste größere Ort auf der Weiterfahrt war nach 40 Kilometern die Stadt Matane (14.000 Einwohner). Die heutige Stadtstruktur erhielt Matane erst 2001 die durch Zusammenlegung mehrerer benachbarter Orte. „mtctan“ ist das „Mi’kmaq-Wort für Biberteich, die Biber gibt es zahlreich in der Gegend. Matane hat in letzter Zeit eine schwere wirtschaftliche Krise erlebt. Jahrzehnte war die Stadt für die Garnelen-Verarbeitung weltbekannt, bis die Garnelen-Betriebe 2024 aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden mussten.

Auf den nächsten 70 Kilometern konnten wir uns weiterhin für das Küsten-Panorama begeistern bis wir in Cap Chat (2.500 Einwohner) ankamen. Der Ort ist nach einem katzenförmigen Felsen im Küstenbereich benannt. Cap Chat ist übrigens ein begehrter Wintersport-Ort.
Cap
Viel wichtiger für den Ort ist jedoch, dass er gewissermaßen zu einem Synonym für Windenergie geworden ist. Hier befindet sich der „Le Nordais Park“. Zurzeit laufen dort rund 75 Windkraftanlagen für die Energie-Erzeugung.
Windräder
Die ersten Windräder an der Gaspésie-Küste
Windräder
Interessant war ein Projekt, das man hier in den 1980er Jahren startete. Das Projekt „Eole“ war der Versuch, ein sich vertikal drehendes Windrad zu nutzen. Es handelte sich damals um den weltgrößte Darrieus-Rotor ↗. „Äolus“ ist übrigens der griechische Gott des Windes.
Darrieus
Der seit Jahren stillstehende Darrieus-Rotor
Die Idee war, dass man mit einem in dieser Form gebauten Windrad die Winde aus allen Richtungen nutzen könnte. Leider konnte das Projekt aus wirtschaftlichen Gründen nicht weitergeführt werden, denn die Technik zeigte sich (damals) - bei dieser Größe als nicht ausgereift, die Stillstandzeiten (wegen Reparaturen) waren zu häuftig, ... - aber man kann in einem Informationszentrum alle wichtigen Fakten zu dieser technischen Idee erfahren.

Nun fehlten uns bei herrlichem Sonnenschein noch rund 50 Kilometer Küstenstraße bis zu unserem geplanten Zielort „La Martre“ (190 Einwohner).
Küstenstrasse
Kurz vorher, am Cap du Renard (Fuchs), passierten wir einen schönen Wasserfall direkt neben der Straße, den „Voile de la Mariée“ (Brautschleier).
Wasserfall
In „La Martre“ befindet sich ein dunkelroter, 1876 errichteter Leuchtturm. 1906 wurde er renoviert. Der Leuchtturm ist fast 20 Meter hoch, hat als besonderes Merkmal eine achteckige Holz-Konstruktion als Basis und dient immer noch als Navigationshilfe für Schiffe und Boote auf dem St. Lorenz-Strom.
Leuchtturm in Martre
Der rote Leuchtturm in La Martre

Sonntag, 22. Juni 2025

Fort Ingall am Lac Témiscouata

Das [rekonstruierte] Fort Ingall ↗ befindet sich am Westufer vom Lac Témiscouata, der rund fünfzig Kilometer südöstlich des St. Lorenz Stromes liegt. Témiscouata bedeutet in der Sprache der hiesigen First Nation, den Mi‘kmaq, „tiefes Wasser“.
Fort Ingall
Fort Ingall
Das Fort wurde 1839 erbaut und nur bis 1841 genutzt. Im Laufe der folgenden Jahre verfiel es vollständig. In den 1970er Jahren wurde es von einer privaten historischen Gesellschaft ausgegraben und rekonstruiert. Diese Gesellschaft ist auch der heutige Betreiber, die „Historical and Archeological Society of Temiscouata“.
Der Bau des Forts wurde im Rahmen eines amerikanisch-kanadischen Grenzkrieges, dem sogenannten „Aroostook“-Krieg  veranlasst und sollte vor allem zur Abschreckung dienen. „Aroosstook“ ist der Name eines heutigen Counties (Verwaltungs-Bezirk) im US-Staat Maine und bedeutet in der Mi’kmaq-Sprache „schönes Wasser“ für den Aroostook River, der hier fließt.
Damals ging es darum, dass die amerikanisch-kanadische Grenzlinie im hiesigen Bereich nicht geklärt, d.h. nicht genau festgelegt war. Beide Seiten beanspruchten für sich die hiesigen, wertvollen Holzvorräte und die Vorherrschaft über Handelsrouten.
Grenzverlauf
Forts an der Grenz
Forts an der Grenze
Kanadische Forts und Niederlassungen im Grenzbereich
Obwohl beide Seite eine größere Anzahl Soldaten mobilisierten, ging dieser Krieg 1842 mit einem Vertrag, in dem der Grenzverlauf klar festlegt wurde, unblutig und ohne größere Schlachten zu Ende.
Die kanadische Regierung ließ neben Fort Ingall im Verlauf der von ihnen favorisierten Grenzlinie mehrere Forts bauen, um den Amerikanern einen Einmarsch zu erschweren. An dieser Verteidigungslinie wurden zusätzlich u.a. Fort Dégelé, Pétit-Sault-Post, Grand-Sault Post und andere erbaut, die jedoch nicht mehr erhalten sind.
Für die Konstruktion von Fort Ingall war Major Frederick Lennox Ingall (1795-1862) zuständig, der neben dem nach ihm benannten Fort für die Errichtung von insgesamt elf kleineren Forts bzw. Stützpunkten (Posts) zuständig war.
Modell von Fort Ingall
Modell von Fort Ingall
Das Fort war wie sein Nachbau heute von einem 3,5 Meter hohen Palisadenzaun umgeben. Maximal lebten vor 185 Jahren 200 Soldaten im Fort.
Im Innenbereich befinden sich ein zentraler Treffpunkt mit Fahnenmast und Lagerfeuer, sowie neun weitere Gebäude mit unterschiedlichen Funktionen.
Versammlungsplatz
Haus der Offiziere
Haus der Offiziere und des Arztes
Unterkunft
Arztzimmer
Die beiden nachgebauten Latrinengebäude waren während der Rekonstruktionsphase von großer Bedeutung. Hier fand man die meisten Artefakte aus der Ursprungszeit – insgesamt über 55.000. Die Soldaten warfen ihren „Müll“ im Latrinenbereich weg.
Outhouse
Outhouse in Fort Ingall
Funde aus dem Latrinenbereich
Funde aus dem Latrinenbereich
Das ehemalige Pulverhaus war aus Sicherheitsgründen bis zum Dach mit einem Erdwall umgeben. Dies ist heute nicht mehr der Fall.
Ansonsten sind die Mannschafts- und Offiziersschlafsäle neu errichtet, die Küche, das Wachhaus und das Haus des Quartiermeisters, in dem auch die Vorräte für das Fort gelagert wurden, und das Haus der beiden Regiments-Ärzte.
Mannschaftsunterkünfte
Mannschaftsunterkünfte
Mannschaftsunterkünfte
Den beiden Ärzten, insbesondere Jean Etienne Landry (1815-1884), ist zu verdanken, dass man auf genaue Berichte, die das damalige Leben im Fort beschreiben, zurückgreifen kann. Beide führten Tagebücher und schrieben zahlreiche Briefe, die erhalten geblieben sind.
Wachhaus
Das Gebäude der Wachmannschaften sowie des wachhabenden Offiziers
beinhaltete auch das Gefängnis.
In den einzelnen Häusern werden mehrere aktuelle Ausstellungen präsentiert, die das Leben im Fort beschreiben, die historischen Hintergründe erklären und beispielsweise auch in einem Film die Zeit der Ausgrabungen und des Wiederaufbaus zeigen.

In den Sommermonaten kann man im Nachbau des Fort Ingall mehrere Events von historischen Gruppen erleben, Führungen mit historisch gekleideten Personen buchen und natürlich wird täglich die forteigene Kanone einmal abgefeuert.
Fort Ingall

Samstag, 21. Juni 2025

Von Québec nach Fort Ingall


Von Québec startend war unser nächstes Ziel das Fort Ingall, das am Lac de Témiscouata liegt. Für diese Strecke benötigten wir insgesamt 270 Kilometer.
Es hatte den ganzen Abend und die ganze Nacht stark geregnet. Als wir am Morgen das Wasser des St. Lorenzstroms sahen, war es gänzlich braun eingefärbt.
braune wasser
Brauner St. Lorenzstrom
Auf unserer Weiterfahrt sahen wir die Ursache: die kleinen Wasserfälle, die nun vehement zu Tal stürzen, sowie die Bäche waren enorm angeschwollen und brachten braun eingefärbtes Wasser zu Tal bzw. in den St. Lozenz-Strom.
Nach dem regen
Zunächst nutzten wir bis zum Ort Montmagny für knapp 80 Kilometer noch den Trans-Canada-Highway 20, um ein wenig schneller aus dem Großstadtbereich herauszukommen.
Danach fuhren wir für 130 Kilometer auf einem Abschnitt der Küstenstraße 132, die am Südufer des Sankt-Lorenz-Stromes entlangführt. Abschnitte der insgesamt 1.600 Kilometer langen Route 132 hatten wir schon einige Male genutzt, denn sie beginnt in Dundee östlich von Cornwall. Dort waren wir vor einigen Tagen vorbeigekommen. Sie endet in Saint Flavie in der Region Bas Saint Laurent.
Gleichzeitig befanden wir uns auf einem Abschnitt einer touristischen Straße, der „Route de Navigateurs“ („Straße der Seefahrer“), die über 470 Kilometer am Sankt- Lorenz-Strom entlangführt. Mit dieser Straße soll an die Zeit erinnert werden, in der der Fluss ein lebenswichtiger Wasserweg zunächst für die First Nation und später für die europäischen Entdecker und Siedler war.
Während der gesamten Fahrt bewegten wir uns im Verwaltungsbezirk „Bas Saint Laurent (knapp 200.000 Einwohner), der stark römisch-katholisch geprägt ist. Jeder zweite Ort trägt in seinem Ortsnamen ein „saint“ („heilig“).
Wir waren von diesem Teil der Strecke begeistert - auf der einen Seite der Straße befindet sich der Fluss, der inzwischen so breit ist, dass man das andere Ufer oft nicht sehen kann. Auf der anderen Seite erstreckt sich eine hügelige, landwirtschaftlich genutzte Landschaft mit vielen malerischen Dörfern und ihren auffallenden Kirchen.
Bauern
Einige Kirchen findet man in der Art, wie sie die ersten Kolonialisten errichteten. Die meisten zeigen jedoch neugotische Elemente, harmonische Außenfassaden und haben hohe, schlanke Türme. Die Dächer - typisch für Ostkanada -  sind fast immer mit silberner Farbe, silberfarbenem Metall gestaltet.
silberne Dächer
Noch auffallender als die Kirchen sind die vielen Kreuze am Straßenrand, von denen viele ein Herz in der Mitte tragen. Diese Herzen haben eine religiöse (Herz Jesu), eine kulturelle und eine symbolische Bedeutung. Die Bewohner der Region Bas-Saint-Laurent wollen damit Heimatliebe und Verbundenheit zu Traditionen zum Ausdruck bringen.
Kreuz mit Herz
Einer der malerischsten Orte, an dem wir uns während der Fahrt nach 170 Kilometer einen längeren Aufenthalt gönnten, war Kamouraska ↗ (700 Einwohner). An dieser Stelle ließen sich bereits 1694 französische Siedler nieder und 1714 wurde eine katholische Mission im Ort gegründet. Man hat den Eindruck, dass hier ein wenig die Zeit stehengeblieben ist, wenn man durch winzige Gässchen zum Hafen schlendert.
Natürlich steht in Kamouraska in der Ortsmitte eine für die Region typische Kirche, direkt daneben im ehemaligen Kloster ein Museum. Im Alten Gerichtsgebäude ist ein Kunst-Center untergebracht.
Traditionelle Familienunternehmen bieten ihre Waren an, so beispielsweise die Poissonnerie „Lauzier“ , die neben dem Fischgeschäft auch ein Bistro betreibt.
Fischgeschäft
Nicht nur für Deutsche interessant ist die in Kamouraska ansässige Bäckerei „Niemand“ (boulangerie) . Hier ist ein Bäckermeister aus Nordrhein-Westfalen in den 1990er Jahren hängengeblieben und bietet seither deutsche Backwaren an, die in der Region und bei Touristen sehr beliebt sind.
Bäckerei
Wir fuhren weiter entlang des Flussufers des Sankt-Lorenz-Stromes. Ab Riviere-du-Loop verließen wir die Küstenstraße 132 und nahmen nun für die letzten 60 Kilometer den Highway A 85 ↗ Richtung Osten ins Landesinnere, der wieder zum Tans-Canada-Highway-Netzwerk gehört. Die A 85 ist die Hauptverbindung von Québec zum Nachbarstaat New Brunswick und wird seit 2014 auch als „Autoroute Claude-Béchard “ bezeichnet.
Kurz vor unserem Ziel kamen wir an der Abzweigung für den Ort „Saint-Louis-du-Ha!-Ha!“ vorbei., der direkt am Lac Témiscouta liegt. Der Name dieses Ortes ist eine absolute Kuriosität – der einzige auf der Welt mit zwei Ausrufezeichen. Laut den Einwohnern soll der Name durch die ersten Siedler entstanden sein, die bei ihrer Ankunft hier keinen See erwarteten und erstaunt dieses „ah!ah!“ von sich gaben.
Ha-ha
Wir fuhren dann bis zu unserem Campingplatz noch einige Kilometer am See, dem Lac Témiscouata (bedeutet in der Sprache der hiesigen First Nation: „tiefes Wasser“), entlang. Der See ist immerhin 45 Kilometer lang, durchschnittlich 2 Kilometer breit und liegt malerisch in einer tiefen Senke.
Lac
 Lac Témiscouata