Sonntag, 4. Juni 2023

Ein Rundgang durch New Ulm

 ... und seine Historie.

Wir beginnen unseren Stadtrundgang an der Kreuzung der 4th North- und der Minnesota Street, wo sich das vierzehn Meter hohe, freistehende Glockenspiel von New Ulm befindet. Es wurde 1980 eingeweiht und verfügt über 37 Glocken, die in Holland von der Firma „Royal Eijsbouts“ gegossen wurden. Direkt unter dem Zifferblatt der Glockenturm-Uhr befindet sich eine Figurengruppe von drei Polka-Spielern. Dreimal im Winter und fünfmal im Sommer werden vorprogrammierte Stücke gespielt. Dabei öffnet sich eine Tür unter der Polka-Gruppe und zwölf bewegliche Figuren, die Charaktere aus der Stadt darstellen, drehen sich zu der Musik. Das Schlusslied ist „Muss I denn zum Städtele hinaus“.


Als Nächstes erreichen wir das 1861 erbaute „Kiesling-Holzhaus“ ↗ , das von dem Schmied Friedrich Kiesling für seine Familie errichtet wurde. Es ist das einzige Holzhaus im Brown County (Landkreis), das die Wirren der Zeit, insbesondere den Dakota-Konflikt von 1862, überstanden hat.

Kiesling House
Kiesling Haus

Nun machen wir einen kleinen Abstecher zum German Park und der German Street.

German Park

Dort steht das zweieinhalb Meter hohe „German Bohemian Immigrant Monument ↗ , das 1991 zu Ehren der um 1870 in New Ulm aus dem Böhmerland (heute Tschechien) eingetroffenen Einwanderer eingeweiht wurde. Die Bronzestatue zeigt ein Elternpaar mit seinem Kind und wurde von dem Passauer Bildhauer Leopold Hafner entworfen. In Granitplatten am Sockel sind 350 Namen von Familien eingraviert, die zu der ersten Einwandergruppe gehörten.

Bohemia Monument
Bohemian Monument

Ein Stückchen weiter zurück in die Minnesota Street North können wir das 1875 erbaute
zweistöckige Backsteinhaus, das Grand Hotel ↗ von Philipp Gross, bestaunen. Es ist der
Nachfolgebau eines 1856 erbauten und im Frühjahr 1875 abgebrannten Holzhauses. 1899 bekam es einen neuen Besitzer, Peter Manderfeld, der es um ein weiteres Stockwerk ergänzte.

Grand Hotel

Ebenfalls in der North Minnesota Street befindet sich der Boesch/Hummel/Maltzahn Block. Es ist 
eines der auffälligsten Gebäude in Downtown New Ulm mit seinen herausgearbeiteten Simsen und den Erkerfenstern. Die drei Geschäftsmänner hatten das Haus 1890 erbauen lassen.

Maltzahn-Block
Boesch/Hummel/Maltzahn Block

In dieser Straße folgt ein kleines Geschäft  -  das „Christmas Haus“↗ .Es hat erst im Mai 2023 
eröffnet und nimmt den Platz ein, den der Shop „Guten Tag Haus“ seit 2006 innehatte. Es werden nicht nur Weihnachtsartikel verkauft, sondern jede Menge Waren, die man typischerweise mit Deutschland verbindet.

Christmas House

Kurz danach kann man sich an der Kreuzung North Minnesota Street / Center Street eine kleine 
Portion Spaß abholen, indem man an der Wand des dortigen Visitor Centers den Fußabdruck von Hermann, dem Cherusker, berührt – „the big footprint“. Er wurde 2013 von den „Spaßfans“ in New Ulm zur Attraktion erklärt.

Fußabdruck

Am Nachbargebäude, einer öffentlichen Wäscherei, wird erneut der nicht vergessene Bezug zu 
den deutschen Wurzeln deutlich – die „laundry“ heißt immer noch Waschsalon.

Mietwaschsalon
Broadway

Am Broadway, an der Ecke zur Center Street, befindet sich das Museum der „Brown County 
Historical Society“ ↗. Im Museum werden viele Gegenstände aus der Partnerstadt Ulm gezeigt. Es wurde 1910 in einem deutschen Renaissance-Stil errichtet, indem Backsteine und Kalksteine kombiniert wurden. Das Haus diente zunächst als das Postoffice von New Ulm.

Museum

Wir biegen nun in die Center Street ab und erreichen das Haus des 14. Gouverneurs von
Minnesota, John Lind (1854-1930), einem in Schweden geborenen Amerikaner. John Lind war außerdem viele Jahre US-Botschafter in Mexiko. Das Haus wurde 1887 im Queen-Anne-Stil errichtet.

John-Lind-Haus
John Lind House

Von hier kann man einen Abstecher in die North Washington Street unternehmen und dort das 
1894 erbaute „Gag House“ ↗ besichtigen. Hier ist ein Museum untergebracht, das an die aus Böhmen eingewanderte Künstlerfamilie Gag erinnert, vor allem an Anton Gag (1859-1908) und seine Tochter Wanda (1893-1946).
Anton Gag war für seine Landschafts- und Porträtgemälde, sowie für seine Fotografien berühmt, während seine Tochter Wanda noch heute in den USA für ihr Kinderbilderbuch „Millions of Cats“ bekannt ist. Viele weitere Kunstwerke von Wanda sind heute in renommierten Museen der Welt ausgestellt.

Gag House
Gag House

Jetzt verlassen wir Downtown, um zum Shop der Domeier‘s und zur Schell Brauerei zu fahren. Zunächst kommen wir jedoch in der South Minnesota Street am sogenannten „Heritage Tree“, dem „Baum des Kulturerbes“ vorbei. Er erinnert ein wenig an die in Deutschland oft aufgestellten Zunftbäume. In New Ulm werden allerdings nicht die Berufe im Ort, sondern es wird die Geschichte des Ortes dargestellt. Auf der einen Seite des Heritage Tree werden gezeigt: eine alte Scheune, ein Mais-Erntewagen, ein Bierfässer-Wagen, der Flandrau-Park, die Turner Hall und eine Erinnerung an die New Ulm Battery, eine 1863 gegründete Miliz.
Auf der anderen Seite des Heritage Tree sieht man: die Eisenbahn, ein Flussschiff, einen
Feuerwehrwagen, die Franklin-Schule, einen Infanteristen (der „doughboy“) und Menschen bei Tanz und Musik.

Heratige Tree
Der "Heritage Tree"

Im weiteren Verlauf der South Minnesota Street erreichen wir den German Store „Domeier‘s“, der seit 1934 als Familienbetrieb geführt wird. Schon wenn man vor dem Laden stehen, schallt einem gemütliche deutsche Volksmusik entgegen und lädt zum Eintreten ein. Innen findet man auf kleinstem Raum alles, was man sich als deutsche Importware vorstellen kann – von der Kuckucksuhr über den Nussknacker bis zum Bierkrug, vom böhmischen Glas über Erzgebirgswaren bis hin zu allen Weihnachtsdekorationen, Gartenzwerge, deutsche Bücher, Karten und Musik und alle typischen Süßigkeiten und Lebensmittel.

Domeier´s
Domeier´s
Domeiers

Wir beschließen den Besuch von New Ulm in der Schell’s Brewery, die seit 1866 von der Familie 
Schell betrieben wird. Sie liegt etwas außerhalb am Cottonwood River. Sie wurde von August Schell gegründet und wird inzwischen von der sechsten Schell-Generation gemanagt. Sie hat sich in den letzten Jahren zur absatzstärksten Brauerei in Minnesota entwickelt. Man braut nach alten deutschen Brau-Rezepten und vieles erinnert an die deutschen Wurzeln. Es gibt einen Biergarten und eine Bierhalle, es gibt eine "Fass Fullerei" und eine "Fass Rampe". Und natürlich fehlt der Maibaum auf dem Brauereigelände nicht.

Brauerei
A. Schell Brewery
Maibaum
Fass Rampe
Deutschkurs
Im Schankraum
Im Schankraum

Und wenn man nicht zu viel Bier getrunken hat, kann man einen gemütlichen Spaziergang durch den schön gestalteten Park rund um die Villa „Schell’s Mansion“ unternehmen.

Samstag, 3. Juni 2023

Hermann der Cherusker

Das Hermann-Denkmal in New Ulm

Hermann-Denkmal

Das 31 Meter hohe "Hermann Heights Monument" befindet sich in New Ulm in der Monument Street im sogenannten "Hermann Heights Park". Es hat einen engen Bezug zu den deutschstämmigen Einwanderern in die USA. Die Statue steht für Hermann, den Cherusker, der im Jahr 9 n.Chr. Germanien von der römischen Besetzung befreite.
Hermann war von seinem Vater, dem Cherusker-Häuptling Segimer, den Römern zur Ausbildung übergeben worden, nahm den römischen Namen Arminius an und erlebte eine erfolgreiche Karriere bei der römischen Armee. Zu dieser Zeit hatte Cäsar seinen General Varus als Gouverneur über Germanien eingesetzt. Die freiheitsliebenden germanischen Stämme waren unzufrieden mit der Verwaltung von Varus und Spannungen und Widerstand nahmen zu. Als Varus mit über 25.000 römischen Soldaten einen Rückzug ins römische Reich plante, wurde er von den Germanen unter Führung des zurückgekehrten Hermann vernichtend geschlagen.

Hermann der Cherusker

Bei den Deutschen hielt sich damit die Legende von Hermann als Symbol von Ehre 
und Stolz und vor allem von ihm als „Vater der deutschen Unabhängigkeit“.
In Deutschland errichtete man entsprechend dieser verehrenden Idee 1875 ein Hermanns-Denkmal ↗ auf dem Gebiet der Stadt Detmold in Nordrhein-Westfalen im Teutoburger Wald.

Hermann-Info

Die deutschen Einwanderer brachten diese Hermann-Verehrung mit in die USA und
gründeten 1840 in New York den "Orden der Hermann-Söhne" (the order of the sons of Hermann). 1887 ließ der Orden in New Ulm eine Hermann-Statue, vergleichbar mit der deutschen Ausgabe im Teutoburger Wald, erstellen, jedoch zunächst nur die 1800 Kilogramm schwere Statue. Erst 1897, als weiteres Geld zur Verfügung stand, konnte dann das gesamte Denkmal mit der Statue auf der Kuppel fertiggestellt werden. Das Denkmal in New Ulm wurde von dem Architekten Julius Berndt (1832-1916) geplant und von dem Bildhauer Alphons Pelzer entworfen. Die WH Mullins Factoring Company aus Salem in Ohio stellte die 9,75 Meter hohe Statue her, die mit Kupfer verkleidet ist. Das Denkmal wurde Anfang der 2000er Jahre komplett restauriert.

Hermann der Cherusker

Im Innern des Denkmals kann man heute eine Treppe bis zum Fuß der Statue emporsteigen und hat von dort einen herrlichen Blick auf die Stadt und die Umgebung.

Hermann saved England
Quelle: Infotafel am Hermann-Denkmal- 2023


Der Rathskeller in New Ulm

Vielleicht noch spannender als die Geschichte der „Turnhalle“ in der Stadt New Ulm, Minnesota, ist der ehemalige „Speisesaal“ im Kellergewölbe des Gebäudes - der sogenannte Rathskeller“. Er wird seit mehr als 150 Jahren als Restaurant und Bar genutzt und wird als älteste, ununterbrochen betriebene Bar von Minnesota angesehen.

Rathskeller

Man betritt einen gemütlichen, großen Raum, der von einem großen Steinkamin und 
der riesigen, alten Bar dominiert wird. Und dann schaut man auf die Wände und vergisst, dass man sich in den USA befindet. Die Wände sind auf über 20 Metern mit Szenen aus Deutschland und einigen seiner Nachbarländer bemalt und man fühlt sich an eine Geschichtsstunde erinnert. 

Rheinsteig

Diese Bilder wurden 1873 von Guido Methua-Scheller, 1887 von Christian Heller und 
1901 von Anton Gag gemalt. 1917, als die USA in den ersten Weltkrieg eintraten und sich eine gewisse Deutsch-Feindlichkeit verbreitete, verbarg man die Wandgemälde unter Sperrholzplatten. In den 60er Jahren wurden sie wieder freigelegt und über Jahrzehnte restauriert.
Da thront z.B. die Wartburg bei Eisenach und erinnert an die Heilige Elisabeth von Thüringen, an dort stattgefundene Minnesänger-Wettstreite  und dass Martin Luther dort weilte.

Wartburg
Man sieht die Ruinen der ehemalig riesigen, mittelalterlichen Reichsburg auf dem
Kyffhäuser in Thüringen. Gemäß von Sagen und Legenden soll im Kyffhäuser-Berg
Friedrich Barbarossa, durch einen Zauber dort gebannt, schlafen und auf die
Wiedererstehung seines Reiches warten.

Kyffhäuser
Reichsburg auf dem Kyffhäuser

Von der Schlossruine von Heidelberg auf dem Königstuhl blickt man auf die berühmte Neckar-Bogenbrücke hinab. Im pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697), den der französische Sonnenkönig Ludwig XIV gegen die Kurfürsten der Pfalz führte, sprengten Soldaten 1693 den Pulverturm des Renaissance-Schlosses, was zum Einsturz großer Teile des Gebäudes führte. So ist das Schloss (als Ruine) bis heute erhalten geblieben.

Heidelberg
Schlossruine Heidelberg

Von der Romantik-Burg Rheinstein (rechts) schaut man auf das obere Mittelrheintal – eine bereits im 14. Jahrhundert errichtete Burg, oft verfallen und immer wieder aufgebaut.
Hier wird die Liebeslegende von Kuno und Gerda erzählt. Kuno schickte seinen Onkel Kurt zur Brautwerbung, der Gerda dann jedoch für sich selbst forderte. Beim Zug zur Kirche, wo die Trauung von Kurt und Gerda stattfinden sollte, gelang Gerda auf ihrem „weißen Ross“ die Flucht; sie konnte sich zu Kuno retten und die Liebenden waren wieder vereint.

Burg Rheinstein
Burg Rheinstein (rechts) 
 
Im Rahmen der Restaurierungen hat ein Künstler einfach die Ruine der Burg Papenburg (links) - im Altmühltal und nicht am Rhein gelegen - dazugemalt. Ihre wichtigste Zeit erlebte diese Burg während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648), als sie gegen die Angriffe der Protestanten, stark bewehrt wurde.
Der Graf von Pappenheim war einer der wichtigsten Generäle des Feldherren Wallenstein, der die katholische Liga unter Kaiser Ferdinand II befehligte.

Nicht an einem Fluss direkt, aber in der Nähe von Ulm und dem Donautal, befindet sich bei Reutlingen das Schloss Lichtenberg, das auch als das Märchenschloss von Württemberg bezeichnet wird. Der romantische Schriftsteller Wilhelm Hauff (1802-1827) veröffentlichte 1826 seinen berühmten historischen Roman „Lichtenberg“.

Schloss-Lichtenberg
Schloss Lichtenberg im Rathskeller vin New Ulm

Eine nächste Sage wird von der Burg Nideck, die in den Vogesen im Elsass steht, erzählt. Die „Herren von Nideck“ sollten einem Riesengeschlecht angehört haben. Die Riesentochter entdeckte bei einem Spaziergang Bauern bei der Feldarbeit und hielt sie für Spielzeug. Kurzerhand nahm sie Bauern, Wagen, Pflug und Zugtiere mit und zeigte dem Vater das neue, wunderbare Spielzeug. Der Vater reagierte erbost, erklärte ihr, wie wichtig die Arbeit der Bauern wäre und befahl ihr, alles zurückzubringen. Der eine Felsen, auf dem die Burg Nideck steht, soll an den erhobenen Zeigefinger des Vaters erinnern.

Burg Nideck
Burg Nideck

Eine Schlossanlage in der Nähe von Bayreuth in Oberfranken / Bayern (Fränkische Schweiz) wird auf einem weiteren Bild dargestellt, es handelt sich um die Burg Unteraufseß. Der dazugehörende Ort Aufseß ist seit 2001 im „Guiness-Buch der Rekorde“ eingetragen, weil er mit seinen vier ortsansässigen Brauereien die größte Brauereien-Dichte pro Einwohner hat.
Das Bild wird fast ganz von der Bar verdeckt.

Abgerundet wird die deutsche Geschichtsstunde mit dem Gemälde des Schlosses Habsburg („hapsburg“), das im Kanton Aargau in der Schweiz in der Nähe des Flusses Aar zu finden ist. Schloss Habsburg war der ursprüngliche Sitz des Fürstengeschlechtes der Habsburger.
Auch dieses Bild wird heute von der Bar verdeckt.

Die zweite Schweizer Burg ist Schloss Spiez am Thuner See im Kanton Bern. Diese
Burg verfügt auch heute noch über einen sehr markanten Burgturm.

Schloss Spitz
Schloss Spitz

Das Schweizer Ensemble wird mit der Darstellung der „via mala/schlechterWeg“ komplettiert. Hierbei handelt es sich um einen acht Kilometer langen, sehr schmalen Weg durch eine Schlucht des Hinterrheins im Schweizer Kanton Graubünden. Seit der Römerzeit wurde dieser Weg genutzt, um die Alpen zu überqueren.

Via Mala
Via Mala

An diesen Beschreibungen kann man sehen, dass man interessanteste deutsche Geschichte fernab in Minnesota (USA) erleben kann, wobei sich hinter der „Bar des Rathskellers“ noch weitere mit Holz abgedeckte Bilder befinden, die man dort allerdings ruhen lassen möchte.

Übrigens: gut Essen und Trinken kann man natürlich auch in dem "Rathskeller"!

Broschüre: Turner Hall New Ulm: Wall Murrals (einsehbar im Rathskeller)

Freitag, 2. Juni 2023

Die „Turnhalle“ in New Ulm

Gleich hinter dem Brown County Courthouse (Gerichts- bzw. Verwaltungsgebäude des 1855 gegründeten Landkreises Brown County) findet man die „Turner Hall / Turnhalle“ von New Ulm.
Ein Schild weist daraufhin, dass dieses Gebäude 1856 errichtet wurde. Auf einem „historical marker“ neben dem Gebäude wird die Entstehungsgeschichte beschrieben.

Turner Hall

Turner Hall

Emigranten aus Deutschland -  die ersten kamen überwiegend aus Württemberg 
und besonders aus Ulm  - , die nach dem Scheitern der 1848er Revolution geflohen waren, und zu den Gründern des Ortes New Ulm gehörten, brachten auch die Idee der „Entwicklung eines gesunden Geistes und Körpers durch Bewegung“ mit - ein Konzept, das 1811 von Friedrich Jahn in Berlin entwickelt worden war. So gründeten sie 1856 einen Turnverein / eine „Turner Society“ und konnten bereits zwei Jahre später ihre erste hölzerne „Turn Halle“ in Betrieb nehmen. Der Frauen-Turnverein wurde übrigens erst 1889 gegründet.

Turnhalle in New Ulm
Turnhalle von 1858 in New Ulm
Quelle: Rathskeller

Während des Dakota-Aufstandes wurde das erste Turnhallen-Gebäude durch einen Brand zerstört. Unter dem Dakota-Aufstand versteht man den Angriff verschiedener Stämme der Sioux, u.a. der Dakota, auf verschiedene Orte in Minnesota im Jahr 1862 – auch auf den Ort New Ulm. Die Native Americans reagierten auf die schlechte Versorgung in den Reservaten und die nicht eingehaltenen Versprechungen durch die Regierung mit diesen Angriffen. Der Dakota-Aufstand führte auf beiden Seiten zu großen Verlusten.
Die „Turner Hall“ in New Ulm wurde 1865 erneuert, diesmal aus Ziegelsteinen gemauert. Ein Anbau wurde 1873 erstellt.
Im Jahr 1900 wurde diese Halle jedoch abgerissen, da sie zu klein geworden war. Neben Sportveranstaltungen konnten im zweigeschossigen modernen Neubau nun auch Theathervorführungen stattfinden. 

Turner Hall
Turnhalle von 1901 - 1952 in New Ulm
Quelle: Rathskeller

Leider brannte dieses Haus 1952 komplett ab, wurde allerdings auch wieder unverzüglich durch einen reinen Zweckbau ersetzt. 

Turner Hall

Noch heute wird die „Turner Hall“ für Sportveranstaltungen genutzt; in ihr finden jedoch auch Tanzveranstaltungen, Konzerte, Empfänge und Hochzeiten statt. Das Gebäude wurde 1979 in das „national register for historic places“ der USA aufgenommen und wird als "älteste noch genutzte Turnhalle der USA" bezeichnet.

Donnerstag, 1. Juni 2023

im Flandrau State Park

In New Ulm steuerten wir einen Campingplatz an, der im Flandrau State Park liegt. Früher hieß er einmal nach dem Fluss, der ihn durchfließt, Cottonwood River State Park, doch 1945 nannte man den Park zu Ehren von Charles E. Flandrau ↗ (1828-1903) um.

Flandrau

Hier am Cottonwood Fluss befanden sich einmal einige Mühlen und eine Farm, ehe das Areal zum State Park wurde. Die Cottenwood Land-Gesellschaft erwarb das Gelände 1934 von Otto Wiedenmann.
Ab September 1934 begannen Männer der Works Progress Administration (WPA) - im Rahmen einer nationalen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme - im heutigen Nationalpark u.a. zuerst für sich hölzerne Unterkünfte zu errichten, später dann einige rustikale Gebäude aus Granit, die heute noch erhalten sind: ein Beachhouse, das Haus des Managers mit einem Garagengebäude. Die Gebäude wurden in einem architektonisch deutschen Stil errichtet. 

Das Beachhouse
Das Beachhouse
Haus des Managers
Haus des Managers
Garagenbau
Garagenbau und Haus des Managers
Das Lager  der WPA wurde 1939 geschlossen und ihre Schlafbaracken sowie das Verwaltungsgebäude zu einem "Group Camp" umfirmiert. Ortsansässige Arbeiter der WPA stellten die Häuser bis 1941 fertig. 

Verwaltungsgebäude
Verwaltungsgebäude und Schlafbaracken im "Group-Camp"
Schlafbaracken
Schlafbaracken

Bereits im Juni 1935 kamen Männer des Veteran Conservation Corps (VCC), nach Abzug dieser im Juli 1936 junge Arbeiter des Civilian Conservation Corps (CCC) in den State Park, ebenfalls im Rahmen der nationalen Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Sie schlugen ihr Lager nordwestlich der Holzbauten des WAP auf und errichteten einem Damm für den Hochwasserschutz, legten Wege an, reinigten das Flussbett und erbauten das steinerne Haus „Picnic Shelter“.

Picnic Shelter
Picnic Shelter

Am 15. Januar 1942 wurde das CCC-Camp geschlossen; heute erinnert nichts mehr an dieses Lager.

POW-Internierungslager im Camp New Ulm
Während des Zweiten Weltkrieges diente das von der WPA ehemals genutzte Gelände südlich des Cottonwood-Rivers zur Unterbringung von deutschen Kriegsgefangenen (POW). Geleitet wurde es von dem regionalen Headquarter in Algona, Iowa.
Etwa 160 deutsche Kriegsgefangene, meist Angehörige der Luftwaffe, kamen im Juni 1944 im Camp New Ulm an. Sie wurden von Soldaten der 12. U.S. Armee bewacht.
Die Internierten wurden zur Arbeit in der "California Canning" (Dosenfabrik - Erbsen), bis 2020 Del Monte Vegetables, im nahen Ort Sleepy Eye eingesetzt, später in einer Ziegel- und Fliesen-Fabrik. Ebenso wurden sie an Farmer „ausgeliehen“, wo sie unbewacht arbeiteten. Die Winterzeit verbrachten die Kriegsgefangenen dann wieder in Algona und kamen erst im Frühjahr 1945 wieder ins Camp New Ulm. Das Camp wurde im Dezember 1945 geschlossen, die Internierten kehrten alle nach Deutschland zurück.

Quelle und weiterführende Informationen:
Brown County Historical Society and the State of MN