Freitag, 22. August 2025

Bonavista und John Cabot

Die Stadt Bonavista mit heute knapp 3.200 Einwohnern an der Ostküste von Neufundland sieht sich in so enger Verbindung zu dem englisch-italienischen Entdecker John Cabot (1452-1498), dass sie sogar seinen Namen und sein Schiff (Matthew) in ihre städtische Fahne aufgenommen hat.
Flagge
Eben dieser John Cabot erreichte am 24. Juni 1497 die Küste von Neufundland wohl hier am heutigen Cape Bonavista und soll begeistert ausgerufen haben: „buena vista“ – „schöne Aussicht“, weil er von der neufundländischen Küste so begeistert war. Es ist historisch nicht sicher bewiesen, dass er tatsächlich an dieser Stelle der Küste angelandet war, aber die lokalen Überlieferungen benennen das Kap, das nach seinem Ausspruch benannt wurde, als seinen Landungsort.
Bonavista
Zu Ehren von John Cabot wurde zum 500. Jubiläum im Jahr 1997 eine Statue aufgestellt. Die Bronze-Skulptur und zwei Gedenktafeln befinden sich im „John Cabot Municipal Park" in kurzer Entfernung zum Cape Bonavista Lighthouse. Die Statue wurde von dem Bildhauer Hans Melis geschaffen und schaut vom Kap auf die Stadt hinunter.
Cabot
John Cabot
Zum 500. Jubiläum baute man im englischen Bristol, wo John Cabot 1497 seine Reise Richtung Westen startete, sein Schiff nach. Dieses recht kleine Schiff, eine sogenannte Karavelle, mit einer Traglast nur für 50 Tonnen, mit einer Besatzung von 19 Matrosen und ausgestattet mit drei Masten, trug den Namen Matthew. Mit dem Nachbau segelte 1997 eine Mannschaft in historischen Kostümen von Bristol in England nach Bonavista in Neufundland und traf sogar rechtzeitig ein.
Dieser Jubiläums-Nachbau wird heute noch in Bristol touristisch genutzt.
Schiff
Kurz nach dem 500. Jubiläum entschied man sich auch in Neufundland, einen zweiten Nachbau in Angriff zu nehmen. Dieses Schiff konnten wir in einem extra für das Schiff erstellten Gebäude besichtigen. Der touristische Ort nennt sich „Matthew Legacy“↗.
Im Vorraum der Schiffshalle ist eine Ausstellung zu John Cabot, seinem Leben und seiner Entdeckungsreise untergebracht.
Er wurde als Giovanni Caboto um 1452 wohl in Genua geboren, lebte aber anschließend in Venedig und war venezianischer Bürger. Dementsprechend sind beim Museum „Matthew Legacy“ auch viele Erinnerungen zu Venedig zu sehen.
Venedig
Er dürfte eine Ausbildung gemacht haben, die ihn als Ingenieur qualifizierte, u.a. war er in Spanien an einem Brückenbauprojekt beteiligt.
Es ist historisch nicht gesichert, aber wahrscheinlich war als Schiffsingenieur ein Begleiter bei der zweiten Reise von Christoph Columbus nach Südamerika.
1495 kam er nach England und wurde von König Heinrich VII. (1457-1509) ausgewählt, eine Seereise nach Westen zu unternehmen, um eine Route nach Asien zu finden.
Den ersten Versuch startete er bereits 1496, musste ihn aber erfolglos abrechen.
Seemann
Im Jahr 1497 segelte er erneut los und dieses Mal war er erfolgreich. Er fand zwar nicht die Route nach Asien, aber er landete nach sieben Wochen in Neufundland. Daraus leiteten die Engländer ihren späteren Anspruch auf das Land und die Besiedlungsrechte des Landes ab; Transport-Schiffe nutzten fortan die von ihm entdeckte Route.
They call him
Er fuhr 1498 noch einmal los. Diese Reise endete für ihn tragisch, er zählte danach als verschollen.
Wir besichtigten die Replik seines Schiffes von 1497, die „Matthew“.
Bootshaus
In diesem Bootshaus ist der Nachbau untergebracht
Bootshaus
Ein Model
Model der Rumpfbauweise
Model
fertiggestelltes Model
Metthew
Wir waren beeindruckt, dass man mit so einem kleinen Schiff, ohne Steuer-Rad sondern nur mit 
Handruder ausgestattet, nur mit Segeln als kleiner Dreimaster und fast ohne jegliche Navigationsausstattung diese Leistung vollbringen konnte.
Ruderanlage
Ruderanlage
Eine Atlantiküberquerung Richtung Westen zu dieser Zeit bedeutete permanent gegen den Wind segeln zu müssen. Und die Vorstellung, über der Takelage in dem Krähennest oder Mastkorb zu sitzen und das vielleicht bei Sturm, fanden wir einfach nur erschreckend.
Krähennest
Krähennest
Shitdeck
poop deck
Ankerwinde
Ankerwinde
Wie zur damaligen Zeit üblich. mussten sich die Matrosen auf dem hinteren Oberdeck direkt ins Meer erleichtern (poop deck). Während diesen "Seereisen" damals haben die Seeleute Dinge geleistet und ertragen, zu denen heute nur wenige Menschen noch befähigt wären.
Kajüte
Die Kapitänskajüte
Seile
Seile für die Segel
Nach der Schiffsbesichtigung hielten wir uns noch eine Weile in der Zusatzausstellung auf. Besonders interessant war dort die Nachbildung des ersten Globus der Neuwelt von 1492, der sogenannte „Erdapfel“ von Martin Behaim (1459-1507). Auf ihm konnte man Europa, Asien und Afrika sehen, der Rest war Meer. Als Behaim diesen Globus erstellte, war Christoph Kolumbus von seiner Fahrt nach Südamerika noch nicht zurückgekehrt.
Globus
Globus
Globus
Ansonsten konnten wir uns noch eine Menge Dinge anschauen, die John Cabot auf seinem Schiff mitgenommen hatte. Das waren beispielsweise Dinge für Versorgung oder Reparatur. Er war so ausgestattet, dass er sieben bis acht Monate überdauert hätte.
Cabot
Giovanni Caboto ↗
Wir nahmen die Erkenntnis mit, dass Menschen in der Geschichte „verschwinden“, sie aber letztendlich für die Zukunft und nachfolgende Generationen viel bewegt haben.

Donnerstag, 21. August 2025

Root-Cellars in Elliston

Der kleine Ort Elliston, mit derzeit knapp über 300 Einwohnern, in der Trinity Bay an der Ostküste Neufundlands gelegen, wurde ab 1806 besiedelt und hieß zunächst Bird Island Cove. Zu Ehren des methodistischen Missionars William Ellis (1780-1837), der 1814 die erste Predigt in Bird Island Cove gehalten hatte, wurde er 1902 in Elliston umbenannt.
Elliston nennt sich „Root Cellar Capitol of the World“ (Wurzelkeller-Hauptstadt). Was soll man darunter verstehen?
Elliston
Wir führten ein Gespräch mit einem älteren Einwohner und der erzählte uns, dass zwar schon ab 1930 in Elliston Strom zur Verfügung stand und man ab den 1950er Jahren elektrische Kühlschränke hätte kaufen können, aber die Einwohner von Elliston bevorzugten für die traditionelle Lagerung ihrer Lebensmittel, zum Teil bis heute, eben diese „Root Cellars“.
Erdkeller
Zwei Erdkeller nebeneinander
Auch heute gibt es noch über 130 solche Erdkeller, von denen die Hälfte auch genutzt werden. Oft teilen sich sogar mehrere Familien einen solchen Keller.
Wir bekamen erzählt, dass die Erstellung eines Erdkellers eine große
Gemeinschaftsaktion war. Zunächst wurde ein geeigneter Ort gesucht. Da die Gegend sehr hügelig ist, fand man schnell einen Platz in einem Wall oder in einem Hügel. Dort wurde erst einmal der Lagerraum ausgegraben, was eine mühsame und zeitaufwändige Arbeit war. Genauso gestaltete sich die Suche von geeigneten Plattsteinen am Strand. Von ihnen brauchte man einige hundert pro Keller zur Verkleidung und Stabilisierung der Innenwände und des Bereichs neben der Eingangstür. Die Innenwände wurden anschließend noch verputzt. Dann kamen Regale bzw. Kisten in den „Root Cellar“ und eine Tür, besser zwei Türen als Kälteschleuse, verschlossen den Raum. Trotz vieler Helfer brauchte man mehrere Wochen bis man einen Keller fertig hatte.
Root Cellar
Root Cellar
Im Winter verhinderten die dicken Steinwände und das dick mir Erde abgedeckte Dach das Erfrieren der Lebensmittel, im Sommer waren die Lebensmittel so optimal kühl gelagert.
Gelagert wurden hauptsächlich Kartoffeln, Karotten und Zwiebeln, aber auch zahlreiche andere Lebensmittel fanden ihren Weg in die Vorratshaltung in einem Root-Cellar.
Äpfel lagerte man damals schon getrennt, da sie (das weis man heute) das Reifegas Ethylen "aussondern". Ethylen beschleunigt die Reifung anderer Lebensmittel, und fördert bei Kartoffeln z.B. den vorzeitigen Austrieb und das Schrumpeln.
Root Cellar
Root Cellar
Root Cellar mit (leeren) Holzkisten und zwei Türen.
Sie dienen als Kält- oder Wärmeschleuse.

Kisten
Älterer Root Cellar mit offenen Kisten zur Kartoffellagerung
Als wir durch Elliston gingen, um einige Erdkeller zu fotografierten, fühlten wir uns an eine Reise durch das Land der Hobbits erinnert.
Vor einem der Root-Cellar trafen wir noch zwei Besucher, die wohl ebenfalls an dem, was sich im Keller hätte befinden können, interessiert waren – zwei junge Rotfüchse. Sie waren allerdings bei ihrem versuchten Eindringen nicht erfolgreich - der Keller war leer!
Fuchs
Fuchs
Fuchs
Fuchs
Sie musten sich mit einer leeren Plastikflasche begnügen

Mittwoch, 20. August 2025

Von Gambo nach Bonavista

Am nächsten Tag verließen wir bei wechselhaftem Wetter den Campingplatz schon wieder und konnten bei Niedrigwasser noch einmal die Steine im Gambo-River sehen.
Campground
Steine im River
Ab Gambo nutzten wir erneut den Trans-Canada-Highway und fuhren über 130 Kilometer durch nicht endend wollende Misch- und Nadelwälder. Hier befindet sich auch der „Terra Nova Nationalpark“ . Zu dem Park gehören sowohl Abschnitte von der Atlantikküste, als auch Areale mit borealem Wald oder unendliche Mischwälder in höheren Regionen.
Wälder
Wald, soweit das Auge reicht
Bäume
dicht stehen hier die dünnen Nadelbäume nebeneinander
bewaldet
wald
wald
Aber auch Bereiche mit eng beieinander stehenden Pappeln
sind anzutreffen
Zwischendurch passiert man immer wieder kleinere Seen und Hinweisschilder, die auf die Gefahr hinweisen, die von Elchen ausgehen kann.
Unfälle
Nahe des Georges Ponds verließen wir nach etwa 100 Kilometern den Trans-Canada-Highway, um den letzten Teil der Strecke (weitere 110 Kilometer) auf der NL-230 N bis nach Bonavista zurückzulegen. Dazu fuhren wir bis Port Union ↗ , ein ehemals wichtiger Ort für die Fisch- und Robbenindustrie von ganz Neufundland. Nachdem aufgrund des Fangverbotes von Kabeljau im Jahr 1992 die Werksanlagen der Fishermen's Union Trading Company stillgelegt wurden, richtete Hurrikan Igor im Jahr 2010 in dieser Region enorme Schäden an; die verbliebene Garnelenverarbeitungsanlage wurde dabei so stark beschädigt, das auch diese örtlich verbliebene Verarbeitungsanlage im Jahr 2012 endgültig stillgelegt wurde.
Im Jahr 2017 interessierte sich ein chinesischer Investor für die Anlage, um einen Robben verarbeitenden Betrieb zu etablieren.
Im Jahr 2018 dachte man darüber nach, in den Hallen legal Cannabis anzubauen.

Hier wechselten wir von der Westseite auf die Ostseite der Bonavista Peninsula und befuhren weiter den Discovery Trail ↗.
Discovery Trail
Am Meer
Am Meer
Bonavista
Bald erreichten wir die Stadt Bonavista ↗ mit heute rund 3.200 Einwohnern, die bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts als Fischer-Siedlung bekannt war. Heute gibt es zwar noch eine große Fischfabrik, aber die Stadt lebt hauptsächlich vom Tourismus.
Bonavista

Dienstag, 19. August 2025

Von Twillingate nach Gambo

 
Neblig, extrem diesig und regnerisch war der Tag, als wir die Stadt Twillingate verließen, die „Iceberg Capital of the World“, mit ihrem wunderschönen historischen Seehafen sowie den beiden Twillingate Islands und fuhren für 40 Kilometer auf der NL-340 S die Strecke zurück, die wir einige Tage vorher gekommen waren. Wieder begeisterten wir uns weiterhin an den Klippen und Felsen der zerklüfteten Küste; trotz Regen.
Regen und Klippen
Kurz hinter Boyd´s Cove wechselten wir auf die NL-331 E und damit auf eine für uns neue Straßenroute. Erneut konnten wir feststellen, dass Neufundland ein Land des Wassers ist – mal fuhren wir an der Küste neben dem Meer und mal waren wir an riesigen Seen im Landesinneren unterwegs. Leider war an diesem Tag die Fernsicht extrem beeinträchtigt.
Insel
Insel
Insel
Bei Harris Point bogen wir nach rund 30 Kilometern nach Süden auf die NL-330 ab, um nach weiteren 40 Kilometern durch das Landesinnere Gander am Trans-Canada Highway gelegen zu erreichen.
Richtung Gander
Ihm folgten wir nun wieder Richtung Südosten für erneut etwa 40 Kilometer, um unseren Übernachtungsplatz nahe Gambo zu erreichen. Aufgrund des schlechten Wetters und der oft nicht vorhandenen Sicht (auf Straße und Landschaft) hatten wir entschieden, den Tag heute fahrtechnisch frühzeitig zu beenden.
Regen
TCH
Das letzte Stück auf dem Trans-Canada Highway
Gambo
Gambo liegt an der Westseite der Bonavista Bay und wurde 1857 erstmals urkundlich erwähnt; die Stadt hat zurzeit etwa 1.800 Einwohner.
Der Ort liegt in einer waldreichen Region, dementsprechend waren viele Bewohner früher als Holzfäller und in Sägewerken tätig.
David Smallwood gründete zwischen 1862 und 1863 in Gambo ein Sägewerk, eines der ersten Holzfällerunternehmen in Zentral-Neufundland. Zunächst wurde es mit Wasserkraft betrieben, später in eine größere dampfbetriebene Mühle umgewandelt. 
Schild
Ein Info-Schild am Eingang zum Campingplatz
Das Gebiet rund um den Campingplatz war früheres "Einschlagsgebiet"; die Wege und Infrastrukturen stammen noch aus dieser Zeit.
Das Wort „gambo“ kann übrigens von dem portugiesischen Wort für Holzschlitten
abgeleitet werden, der für den Holztransport genutzt wird. Eine andere Variation besagt ebenfalls die portugisisch / spanische Version für "Baie de los Gamos" ("Bucht der Hirsche"), denn die Gegend ist für ihre große Wildtier-Population bekannt. 
Die Küste vor Gambo und insbesondere der Gambo-River zeigten uns bei Niedrigwasser hunderte einzeln im Wasser liegende kleinere und größere Felsbrocken.
Felsen

Montag, 18. August 2025

Ein farbenfroher Ort

Natürlich lebt der Ort Twillingate - neben dem Fischfang - von und mit dem Tourismus.
So bleibt es nicht aus, dass an vielen Haus- oder Schuppenfassaden Werbehinweise für Angel- oder Bootstouren zu finden sind.
Werbeschild
Die oft sehr großflächigen und bunten Schilder lassen den ansonsten schon sehr farbenfrohen Ort noch bunter erscheinen.
Werbung
bunte Häuser
Eigentlich hatten wir fast kein Haus gefunden, das dieselbe Farbe wie das des Nachbarhauses aufwies. Selbst im Garten hatte man noch oft bunte Miniaturhäuschen, oder wie hier, sogar einen Leuchtturm mit dem dazugehörigen Wohnhaus aufgestellt.
Leuchtturm
Selbst neuere, modern eingerichtete Hütten als Ferienhäuschen wiesen unterschiedlich bunt leuchtende Fassaden auf.
Hütten
Bunte Fassade
Ja, und wem das als Hausbesitzer noch nicht bunt genug war, der sorgte selbst mit dem Pinsel in der Hand dafür, dass das Holz vor dem kommenden Winter noch den richtigen Schutzanstrich bekam.
schutzanstrich