(Zwei Etappen - eine Beschreibung!)
Wir verließen Falcon Lake und erreichten bereits nach wenigen Kilometern die Provinzgrenze zwischen Manitoba und Ontario. Das Motto von Ontario ist „yours to discover“ („für dich zum Entdecken“), was man auch auf vielen Ontario-Autokennzeichen lesen kann.
Eigentlich war es kein Tag, um eine Reise mit Besichtigungen durchzuführen. Die Gefahrenlage der nahen Feuer bedingte eine extrem "verrauchte" Luft(qualität), eine dadurch verminderte Sicht und führte dazu, dass trotz Sonnenschein die Landschaft in einem unwirtlich rötlichen Licht erschien.
In weiß ist unsere vorgesehene Fahrtroute eingezeichnet. |
Oft wurde am Straßenrand auf die Gefahrensituation hingewiesen. |
Ab der Provinz-Grenze wird der Trans-Canada Highway #1 zum King’s Highway Nr. 17 ↗, der nach 1.965 Kilometern im Osten an der Provinzgrenze zu Quebec bei dem Ort Arnprior endet. Die Straße verlief ab jetzt über weite Strecken nur noch einspurig. Leider konnten wir tatsächlich nicht viel auf dem King’s Highway entdecken (to discover), sodass wir unseren folgenden Reiseabschnitt von zwei Etappen hier im Bericht zusammenfassen.
Die erste Etappe führte uns über 310 Kilometer von Falcon Lake bis nach Ignace, die zweite brachte uns über 340 Kilometer von Ignace nach Nipigon.
Zumindest landschaftlich bemerkten wir eine größere Veränderung auf unserer Reise auf dem trans-Canada Highway. Obwohl durch die Waldbrände weiterhin die Luft extrem verraucht und dadurch unsere Sicht auf die Landschaft stark eingeschränkt war, bemerkten wir jetzt Mischwälder, die die landwirtschaftlich genutzten Felder ablösten; an vielen Stellen wuchs sogar rechts und links der Straße borealer Nadelwald (wie wir ihn aus dem Yukon Territory kennen) inmitten vieler Seen und Sümpfe. Abwechselnd zu den Seen bestimmten interessante Steinformationen das Landschaftsbild, sodass wir öfters durch meterhohe Steinschluchten fahren musste, berauf / bergab!
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Borealer Nadelwald |
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Seenlandschaft, leider total in rauchiger Luft |
Nach 65 Kilometern passierten wir die Stadt Kenora ↗ mit fast 15.000 Einwohnern, die am "Lake of the Woods" liegt; es ist das traditionelle Gebiet der Ojibway First Nations. Im 19. Jahrhundert stritten sich die beiden Nachbarprovinzen um diesen Ort, der schließlich 1889 Ontario zugesprochen wurde.
Wir fuhren weiter entlang von Seen, Sümpfen und Wäldern, bis wir nach weiteren 95 Kilometern den Ort Vermilion Bay erreichten. Der kleine Ort mit knapp 200 Einwohnern liegt am Eagle Lake. Einst hatte die Hudson Bay Company hier einen kleinen Handelsposten. Wenn man bedenkt, dass wir erst wieder nach fast hundert Kilometern auf eine kleinere Siedlung trafen, befanden wir uns jetzt „mitten im Nirgendwo“ („in the middle of nowhere“). Und was fanden wir hier: ein kleines Café – und eine „nowhere-Schokolade“ (ein wenig teuer, aber sehr wohlschmeckend)!
Am Ortsausgang von Vermillion entdeckten wir ein nachgebautes Fort als Touristenattraktion, das zurzeit zum Verkauf steht. Dieses „Fort Vermilion Bay“ sollte man nicht mit dem originalen Fort Vermillion am Peace River in Alberta verwechseln, das immerhin ein National Monument ist.
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"Fort Vermillion" mit einem Sasquatch neben dem verschlossenen Eingang |
Es folgten die nächsten einsamen 45 Kilometer im Rauch.
Abwechselung boten allein diese Hinweisschilder, die die Reisenden aufforderten, die örtlichen Nachrichtendienste einzuschalten.
Für uns weniger akut, aber dennoch bemerkenswert das nächste Hinweisschild, sahen wir doch kurz zuvor einen toten männlichen Elch am Straßenrand mit seinen weit ausladenden Schaufeln.
So erreichten wir den Ort Dryden ↗ mit immerhin fast 7.500 Einwohnern. Das Städtchen ist nach dem Farmer und ehemaligen Landwirtschaftsminister von Ontario, John Dryden (1840-1909), benannt. Die wichtigste Industrie in Dryden ist die Zellstoff- und Papierherstellung, allerdings mit einem traurigen historischen Makel. In den 60er und 70er Jahren leitete die Zellstoff-Fabrik quecksilberhaltige Abwässer in den hiesigen Wabigoon River. Viele First Nations, die Wasser und Fische aus dem Fluss konsumierten, erlitten schwere Quecksilbervergiftungen.  |
Dryden - Zellstoffindustrie |
Nach dem Ort Dryden hatten wir erneut 105 Kilometer „Nichts“ zu bewältigen, bis wir mit Ignace ↗ das Ziel unserer ersten Etappe erreichten. Dieser Ort mit knapp 1.200 Einwohnern ist nach einem indigenen Führer, Ignace Mentour, benannt. Der Irokese leitete 1879 Planungsgruppen der Pacific Railway an und beeinflusste so maßgeblich den Verlauf der Streckenführung der Eisenbahn in dieser Region. Die Bürger von Ignace haben aktuell beschlossen, dass das Land Kanada auf ihrem Gebiet ein Atommüll-Endlager bauen darf.
An nächsten Morgen fuhren wir weiter – zunächst wieder einmal gut 105 Kilometer, bis wir den Mini-Ort Upsala ↗ erreichten (nur mit einem p im Vergleich zum schwedischen Original). Upsala, 1882 gegründet, war einst ein wichtiger Tank- und Wasser-Stopp für die Züge der Canadian Pacific Railway. Die seit vielen Jahren aufgegebene Katholische Kirche des Ortes erinnert an bessere Zeiten. Bis der Trans-Canada Highway hier durchgeführt wurde, gab es in der Region keine Straßen. Danach verkam der Ort zur "Bedeutungslosigkeit", in dem immerhin heute noch etwa 800 Personen wohnen.
Da uns auf unserer direkten Weiterreise landschaftlich bzw. geschichtlich nichts Spektakuläres erwartete, schenkten wir kurzfristig unsere Aufmerksamkeit den Telegraphenmasten am Straßenrand, die stellenweise in dieser Region nicht eingegraben, sondern aufgrund des instabilen Bodens nur "aufgeständert" und festgezurrt wurden. Dennoch standen einige von ihnen extrem schief in der Landschaft.
Es folgten zwei interessante Stellen. Kurz nach Upsala erreichten wir erneut eine Wegmarke zur Änderung der Zeitzone – dieses Mal zur „Eastern Standard Time“↗, die ab hier in Ontario gilt. Wir „verloren“ also erneut eine Stunde. Die „Eastern Standard Time“ löst ab jetzt für uns die sogenannte „Central Standart Time“ ab. An dieser Stelle wird auch über Sandford Fleming (1827-1915) informiert, der maßgeblich zur Einführung der Zeitzonen beigetragen hat.
Wenig später erreichten wir eine Wegmarke zur arktischen Wasserscheide ↗ (arctic watershed). Nördlich dieser Wasserscheide münden alle Flüsse in die Hudson Bay, südlich von hier entwässern alle Flüsse in die Großen Seen. Unter dieser Wasserscheide versteht man eine über 2.250 Kilometer quer durch Ontario verlaufende Landhöhe. Nach weiteren einsamen 140 Kilometern kamen wir an der Nordspitze des Lake Superior und damit in der Großstadt Thunder Bay an. Der Lake Superior oder der Obere See ist einer der fünf Großen Seen (Lake Superior, Lake Michigan, Lake Erie, Lake Huron und Lake Ontario). Diese zusammenhängenden Süßwasserseen, die teilweise zur USA sowie teilweise zu Kanada gehören, sind das zweitgrößte Süßwassersystem der Erde (das größte ist der Baikalsee in Sibirien). Thunder Bay hat heute über 100.00 Einwohner, entstand aber erst 1970 durch den Zusammenschluss mehrerer benachbarter Orte hier am See.
Nach weiteren einsamen 100 Kilometern erreichten wir mit Nipigon ↗ das Ziel unserer zweiten hier beschriebenen Etappe!