Die Stadt Bonavista mit heute knapp 3.200 Einwohnern an der Ostküste von Neufundland sieht sich in so enger Verbindung zu dem englisch-italienischen Entdecker John Cabot (1452-1498), dass sie sogar seinen Namen und sein Schiff (Matthew) in ihre städtische Fahne aufgenommen hat.
Eben dieser John Cabot erreichte am 24. Juni 1497 die Küste von Neufundland wohl hier am heutigen Cape Bonavista und soll begeistert ausgerufen haben: „buena vista“ – „schöne Aussicht“, weil er von der neufundländischen Küste so begeistert war. Es ist historisch nicht sicher bewiesen, dass er tatsächlich an dieser Stelle der Küste angelandet war, aber die lokalen Überlieferungen benennen das Kap, das nach seinem Ausspruch benannt wurde, als seinen Landungsort. Zu Ehren von John Cabot wurde zum 500. Jubiläum im Jahr 1997 eine Statue aufgestellt. Die Bronze-Skulptur und zwei Gedenktafeln befinden sich im „John Cabot Municipal Park" in kurzer Entfernung zum Cape Bonavista Lighthouse. Die Statue wurde von dem Bildhauer William H. Jones (*1953) geschaffen und schaut vom Kap auf die Stadt hinunter. Zum 500. Jubiläum baute man im englischen Bristol, wo John Cabot 1497 seine Reise Richtung Westen startete, sein Schiff nach. Dieses recht kleine Schiff, eine sogenannte Karavelle, mit einer Traglast nur für 50 Tonnen, mit einer Besatzung von 19 Matrosen und ausgestattet mit drei Masten, trug den Namen Matthew. Mit dem Nachbau segelte 1997 eine Mannschaft in historischen Kostümen von Bristol in England nach Bonavista in Neufundland und traf sogar rechtzeitig ein. Dieser Jubiläums-Nachbau wird heute noch in Bristol touristisch genutzt.
Kurz nach dem 500. Jubiläum entschied man sich auch in Neufundland, einen zweiten Nachbau in Angriff zu nehmen. Dieses Schiff konnten wir in einem extra für das Schiff erstellten Gebäude besichtigen. Der touristische Ort nennt sich „Matthew Legacy“↗. Im Vorraum der Schiffshalle ist eine Ausstellung zu John Cabot, seinem Leben und seiner Entdeckungsreise untergebracht. Er wurde als Giovanni Caboto um 1452 wohl in Genua geboren, lebte aber anschließend in Venedig und war venezianischer Bürger. Dementsprechend sind beim Museum „Matthew Legacy“ auch viele Erinnerungen zu Venedig zu sehen.
Er dürfte eine Ausbildung gemacht haben, die ihn als Ingenieur qualifizierte, u.a. war er in Spanien an einem Brückenbauprojekt beteiligt. Es ist historisch nicht gesichert, aber wahrscheinlich war als Schiffsingenieur ein Begleiter bei der zweiten Reise von Christoph Columbus nach Südamerika.
1495 kam er nach England und wurde von König Heinrich VII. (1457-1509) ausgewählt, eine Seereise nach Westen zu unternehmen, um eine Route nach Asien zu finden.
Den ersten Versuch startete er bereits 1496, musste ihn aber erfolglos abrechen.
Im Jahr 1497 segelte er erneut los und dieses Mal war er erfolgreich. Er fand zwar nicht die Route nach Asien, aber er landete nach sieben Wochen in Neufundland. Daraus leiteten die Engländer ihren späteren Anspruch auf das Land und die Besiedlungsrechte des Landes ab; Transport-Schiffe nutzten fortan die von ihm entdeckte Route.
Er fuhr 1498 noch einmal los. Diese Reise endete für ihn tragisch, er zählte danach als verschollen. Wir besichtigten die Replik seines Schiffes von 1497, die „Matthew“.
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In diesem Bootshaus ist der Nachbau untergebracht |
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Model der Rumpfbauweise |
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fertiggestelltes Model |
Wir waren beeindruckt, dass man mit so einem kleinen Schiff, ohne Steuer-Rad sondern nur mit Handruder ausgestattet, nur mit Segeln als kleiner Dreimaster und fast ohne jegliche Navigationsausstattung diese Leistung vollbringen konnte.  |
Ruderanlage |
Eine Atlantiküberquerung Richtung Westen zu dieser Zeit bedeutete permanent gegen den Wind segeln zu müssen. Und die Vorstellung, über der Takelage in dem Krähennest oder Mastkorb zu sitzen und das vielleicht bei Sturm, fanden wir einfach nur erschreckend. |
Krähennest |
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poop deck |
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Ankerwinde |
Wie zur damaligen Zeit üblich. mussten sich die Matrosen auf dem hinteren Oberdeck direkt ins Meer erleichtern (poop deck). Während diesen "Seereisen" damals haben die Seeleute Dinge geleistet und ertragen, zu denen heute nur wenige Menschen noch befähigt wären. |
Die Kapitänskajüte |
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Seile für die Segel |
Nach der Schiffsbesichtigung hielten wir uns noch eine Weile in der Zusatzausstellung auf. Besonders interessant war dort die Nachbildung des ersten Globus der Neuwelt von 1492, der sogenannte „Erdapfel“ von Martin Behaim (1459-1507). Auf ihm konnte man Europa, Asien und Afrika sehen, der Rest war Meer. Als Behaim diesen Globus erstellte, war Christoph Kolumbus von seiner Fahrt nach Südamerika noch nicht zurückgekehrt.
Ansonsten konnten wir uns noch eine Menge Dinge anschauen, die John Cabot auf seinem Schiff mitgenommen hatte. Das waren beispielsweise Dinge für Versorgung oder Reparatur. Er war so ausgestattet, dass er sieben bis acht Monate überdauert hätte. Wir nahmen die Erkenntnis mit, dass Menschen in der Geschichte „verschwinden“, sie aber letztendlich für die Zukunft und nachfolgende Generationen viel bewegt haben.