Donnerstag, 9. Juni 2022

Von Havre nach Fort Benton

Wir verließen Havre zwar mit dem Ziel Fort Benton Richtung Great Falls wieder auf dem Highway 2, bogen doch recht bald links in den Highway 87 ab.

nach Great Falls

Dieser U.S. Highway 87 (kurz US 87) ist ein Nord-Süd United States Highway und weist eine Länge von insgesamt 3.215 Kilometern auf. Er beginnt hinter Havre in Montana am U.S. Highway 2 und führt bis zum Texas State Highway 238 in Port Lavaca im Bundesstaat Texas.

Highway 87

Unsere heutige Reiseroute mit ihren Abstechern.


Recht bald erreichten wir den ehemaligen Standort von Fort Assinniboine.
Dieses Fort wurde 1879 in Folge der verloren gegangenen Schlacht von Custer durch die Sioux (Lakota) Nation (Schlacht am Little Big Horn - 1876) aber auch der Gefangenennahme der Nez Perce (1877) errichtet. 
Hintergedanke war, mögliche Angriffe der Sioux aus dem Norden unter der Führung von Chief Sitting Bull, die in die Cypress Hills in Kanada geflohen waren, oder der Nez Perce, von denen sich einige auch in Kanada in Sicherheit gebracht hatten, abzuwehren. Weder die Sioux noch die Nez Perce aus Kanada haben jemals einen Angriff über die Grenze geführt.
Dafür wurde das Fort Assinniboine zum wichtigsten Militärposten im Nordwesten der Vereinigten Staaten, allein aufgrund der Nähe zu allen ehemaligen Wegen der Indianer, die sie vorher benutzten. Ferner lag es zwischen zwei Forts (Fort Benton am Missouri im Südosten, Fort Walsh in den Cypress-Hills, heute Saskatchewan, Canada).
Für beide war die Handelsniederlassung in Fort Assinniboine Versorgungs- und Verkaufstation zugleich. Interressant: Die 10th Cavalry Buffalo Soldiers , bestehend aus afroamerikanischen Soldaten, gehörten zeitweise zu den Einheiten, aus denen die Garnison des Forts bestand.
Als dann die Eisenbahnen den Landstrich durchzogen, wurde diese Handelsniederlassung, aber auch das militärische Fort, nicht mehr benötigt, so dass es 1911 aufgegeben wurde. Viele seiner Backstein-Gebäude wurden abgerissen. Das Material diente an anderen Stellen wieder zum Neuaufbau.


Fort Assinniboine

Fort Assinniboine
Heute noch stehende Gebäude im ehemaligen Fort Assinniboine

Wir setzten unsere Fahrt auf dem schnurgerade verlaufenden Highway fort, der stellenweise rechts und links von Strom- und Telegraphenmasten gesäumt wird.

Strommasten

Nachdem wir einige Zeit durch die relativ ebenen Plains gefahren waren, konnten wir links eine Bergkette erkennen, die Bear Paw Mountains.

Bear Paws

Wir sahen aber auch trockene, nicht bestellte Felder. Später erfuhren wir, dass die meist tonige Zusammensetzung des Bodens die Wasseraufnahme verhindert. 
Tatsächlich ist der schlammige Boden hier so fein, dass er Regenwasser nahe der Oberfläche auffängt, während ein lockerer, poröserer Boden es zulassen würde, dass es tiefer absickert. Infolgedessen ist es bei Nässe so rutschig und klebrig, dass selbst riesige Landmaschinen stillstehen. Durch Ruhen lassen des Feldes mit den abgeschnittenen Getreidehalmen ohne Umpflügen will man dem Boden die Möglichkeit geben, wenigstens etwas Wasser für die kommende Wachstumsperiode zu speichern. "Trockenlandbau" bezeichnet man hier u.a. diese Methode.

trockene Felder

trocken

Rapsfelder
Selbst diesen Rapsfeldern fehlte das Wasser

Ehe wir uns Loma und dem Maria´s River näherten, hatten wir von diesem Ausguck noch einmal die Möglichkeit, in das weite und stellenweise hügelige Land zu schauen.

Ausguck

weites Land

Vor Ort werden auch Informationen zur geologischen Beschaffenheit der Region und den drei sich ins Gestein eingegrabenen Flüssen (Missouri, Maria´s- und Teton-River) gegeben.

Crossroad

vor lomo
Sandhügel vor Loma

sandhuegel

Wir erkundeten auch diese kleinen Ansiedlung - Loma, mit ihren alten, ehemaligen hölzernen Getreidespeichern aus längst vergangenen Zeiten.

Loma

1887 erreichte eine Eisenbahnlinie, vom südlichen Helena kommend, diesen Ort . An der Mündung des Teton- in den Maria´s-River wurde eine Zwischenstation errichtet. 1899 wurden die Schienen näher an den Missouri River verlegt. Nun befand sich auf der Nordseite des Maria´s-River eine neue Station mit dem Namen Lower Marias, die von den Eisenbahntelegraphen als LOMA abgekürzt wurde.

Mit dem Bahnhof kamen Siedler (Bauern). 1911 hatte diese kleine Ansiedlung 33 Einwohner, was ihr sogar das Recht verlieh, eine eigene Poststation (dann Chappell genannt) zu eröffnen.
1982 wurde die Eisenbahnlinie aufgegeben, die landwirtschaftliche Betriebsamkeit in der Region kam schon vorher zum Erliegen.
Direkt hinter dem kleinen Ort quert man den Maria´s-River. 1805 benannte die Expedition von Lewis & Clark diesen Fluss nach Maria Wood, einer Cousine von Meriwether Lewis.

Marias River

Marias-River

Marias-River

Wenn man den Fluss von Loma kommend überquert hat, führt links eine geschotterte Straße zum Decision-Point.

zum desicion point

Desicion-Point

Hier schlugen Lewis & Clark und seine Leute am 02. Juni 1805 nicht nur ihr Lager auf, sondern beratschlagten, welcher der beiden Flüsse denn nun eigentlich der Missouri sei, dem sie weiter folgen sollten.

was nun?

Je eine kleine Expedition folgte einem der Flüsse, doch beide kamen unverrichteter Dinge wieder zurück. Wäre Clark mit seinen Leuten einen Tag länger dem Fluss gefolgt, wäre er an den Wasserfälle beim heutigen Great Falls angekommen.

exploring

So entschied Lewis allein aufgrund äußerer Gegebenheiten (Farbe des Gewässers, Beschaffenheit der Sohle u.v.m.), dem Fluß zu folgen, der ihm den bisherigen Beobachtungen am Ähnlichsten erschien. Und er lag damit richtig!

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Die Erinnerungsplakette an sein Lager an dieser Stelle.

Erinnerungsplakette

So stellt sich die Situation heute dar: von links kommt der Maraia´s-River, links (unten) ist nur ein Arm des Missouri, der eigentlich rechts fließt. In der Mitte eine große bewachsene Sandbank.

zusammenfluss am decision-point

Hinter dem Missouri wieder eine große bewaldete Sandebene, ehe sich die Sandberge erheben.
sand

Die Entscheidung des Expeditionscorps war am 11.Juni 1805 getroffen, man folgte weiter dem Missour, wir folgten weiter dem US Highway 87. Dieser zog sich nun ein Stück links vom Teton-River durch hohe Sandhügel.

Sandhügel am Tetonfluss

Bald darauf erreichten wir den Ort Fort Benton, am Missouri gelegen, dem wir uns morgen ausführlich widmen wollen.

fort benton

Mittwoch, 8. Juni 2022

Von Glasgow nach Havre

Es ist schon kurios; unsere Fahrt startete in Glasgow und führte uns durch Malta, Harlem über Zurich nach Havre. Aber: alle erwähnten Orte (und noch mehr) liegen an der US2 in Montana.



Kaum hatten wir den Ort Glasgow verlassen und erneut die Weiten der Plains vor uns, wurden wir durch ein Informationsschild am Straßenrand daran erinnert, dass in dieser Region einmal Büffel zu Hause waren - bis sie vom "weißen Mann" ausgerottet wurden.

Bison-county

Die Felder und das Vieh der ersten Siedler in der Region litten unter Wassermangel. So beschloss man, den nahen Milk-River aufzustauen, einen Damm zu bauen, Bewässerungskanäle und Gräben anzulegen.
Viele Felder werden seit dem 1917 fertig gestellten Projekt durch die zwischenzeitliche Landflucht bedingt nicht mehr mehr bewirtschaftet, doch Wasser fließt noch immer selbst durch die kleinsten Kanäle.

Wasser in Montana

kleiner Wasserkanal

Kurz darauf querten wir diesen Milk-River, der seinen Namen von M. Lewis erhielt, der den Fluss in seinem Tagebuch 1805 wie folgt beschrieb:
"Das Wasser dieses Flusses besitzt eine eigentümliche Weiße, etwa die Farbe einer Tasse Tee mit der Beimischung eines Esslöffels Milch. Aufgrund der Farbe seines Wassers nannten wir ihn Milk River."
Diese "Farbgebung" resultiert aus den Gebieten, die dieser Fluss durchfließt und aus ihnen feinste Bodenmaterialien als Fracht mit sich bringt. Es handelt sich um Ton und Schlick reiche Gesteinsablagerungen entlang des Milk River-Beckens im Süden von Alberta, Kanada.

Milk-River

Milk-River

Zumindest am heutigen Tag war das Wasser des Milk-Rivers allerdings nur leicht bräunlich gefärbt.

Abwechselung bot der Ort Saco (im Phillips County gelegen), der sich aus einer Eisenbahnhaltestelle an der Linie der Great Northern Railway entwickelte.
Besonders interessant ist in diesem kleinen Ort die "Straßenrand-Architektur".

Noch vor dem Ortsschild steht diese ehemalige Tankstelle mit Werkstatt und das Schild "Vorübergehend geschlossen".

vorübergehend geschlossen

Saco grüsst
Dieses Schild begrüßt die Durchreisenden an dem US 2

altes auto
In unmittelbarer Nähe steht dieses alte Gefährt 

Saco Mainstreet
Die Mainstreet in Saco

Gebäude in der Mainstreet in Saco

G.W.Steele
Die Bücherei heute im Haus von G.W. Steele (1914)


Kaum hatten wir diesen kleinen Ort verlassen, überholte uns ein typischer Eisenbahnzug. Vier Diesel-Lokomitiven zogen 150 Wagen, die jeweils mit zwei Containern beladen waren.

eisenbahn

zug

Bald kamen wir an eine Stelle, die den Indianern heilig ist. "Sleeping Buffalo Rock".

sleeping buffalo

sleeping-buffalo-rock

Lustig und interessant zugleich die nächste Informationstafel am Highway 2, die über die unterschiedlichen Brandzeichen informiert.

Brandzeichen

Schmunzeln mussten wir bei der hier angegebenen Definition eines "dogie" (ein mutterloses Kalb in einer Weide-Herde).

Bald darauf erreichten wir das Städtchen Malta. Hier hielten wir zuerst an dem Great Plains Dinosaur Museum.


Während im Außenbereich durch "eye-catcher" auf das Museum aufmerksam gemacht wird, kann man in seinem Inneren tatsächlich Fossilien aus längst vergangenen Zeiten sehen. Der berühmteste Dinosaurier in diesem Museum ist der Brachylophosaurus „Leonardo“. Er steht sogar im Guinness-Buch der Rekorde als der vollständigste „Mumien“-Dinosaurier, der bisher gefunden wurde.

Eisen-Dino

Wir verließen das recht große Städtchen Malta Richtung Havre, um kurz darauf in das nördliche Gebiet des Fort Belknap Reservates zu fahren.

Malta

Fort Belknap-Reservat

reservation

sei freundlich

buffalo-jump

Visionen

Nicht weit vom Highway 2 liegt das ehemalige Bear Paw Battlefield.  Es ist der Schauplatz der letzten Schlacht der Nez Perce. Nach einer fünftägigen Schlacht und Belagerung durch die US-Army ergab sich Häuptling Joseph und legte endgültig seine Waffen nieder.
Vorausgegangen war eine fast 1.800 Kilometer lange Flucht vom heutigen Dreistaateneck Idaho / Montana / Washington ausgehend, um sich der Reservation zu entziehen. Ihr Ziel war - wie Sitting Bull  es nach dem Sieg über Custer vorgemachjt hatte - die sichere kanadische Grenze zu überschreiten. Sie lag jedoch noch etwa 60 Kilometer entfernt.

Battlefield


the battle

nez perce war
Straßeninfo in Fort Benton

Nez Perce
Strasseninfo in Fort Benton


Entgegen der ursprünglichen Zusage, die sich ergebenen Nez Perce in ihre eigene Reservation zurückzubringen, wurden Häuptling Joseph und seinen Leuten ein Territorium in Kansas zugewiesen.
Nur eine kleine Truppe konnte entkommen und kanadisches Territorium erreichen.

Nicht weit von diesem Hinweis auf das Schlachtfeld informiert ein weiteres Schild über die Zeiten der Gesetzeslosen.

Gesetzlose

Harvey Alexander Logan (1867 - 7. Juni 1904), auch bekannt als Kid Curry, war ein solcher.
Er verübte u.a. mit Butch Cassidy und der berüchtigten Wild Bunch-Gang von Sundance Kid Bank- und ZugüberfälleSein Spitzname lautete: "der Wildeste der wilden Bande".

Nach einem interessanten Reisetag erreichten wir Havre, unser heutiges Tagesziel.

Pronghorn
Pronghorn (Gabelbock)














Auf dem Roosevelt-Highway gen Westen

Wir fuhren weiter westwärts auf der US 2; sie ist heute ein Ost-West-Highway, der in dieser Richtung durch die nördlichen größeren Städte von Maine / New Hampshere / Vermont / New York / Michigan / Wisconsin / Minnesota / North Dakota / Montana / Idaho / Washington nach Seattle führt.

US-2

Ihre Geschichte reicht bis in das Jahr 1919 zurück, als man zu Ehren des verstorbenen Präsidenten den Theodore Roosevelt International Highway von Portland (Main) bis Portland (Oregon) einrichtete. Er hatte eine Länge von 6.530 Kilometer.

TR-Highway

Ab 1926 verfolgte man in den Vereinigten Staaten eine einheitliche Straßenmarkierung. So wurde aus dem größten Teilabschitt dieses nicht asphaltierten Highways die US-Route-2, der heutige U.S. Highway 2.

West-2