Dienstag, 5. September 2023

Lewis & Clark Interpretive Center in Washburn

Knapp fünfzehn Kilometer von Washburn entfernt, mitten in den Northern Plains von North Dakota, wurde 1997 ein Lewis & Clark Interpretive Center eröffnet.

Interpretive Center

Vor dem Center befinden sich tonnenschwere Stahlskulpturen von Tom Neary, der in Washburn Zuhause ist, einst den Beruf des Schweißers erlernte und sich zu einem anerkannten Künstler für große Stahlstatuen entwickelte.
Hier stehen die über 3,50 Meter hohen Statuen von Meriwether Lewis & William Clark zusammen mit dem Mandan-Häuptling „Sheheke-shote“ (weißer Kojote), der ihnen einen langen „Mandan-Winter“ für das Jahr 1804/05 prophezeite, ihnen aber auch Unterstützung zusagte. Von dem Häuptling wird der Satz zitiert: „Wenn wir essen, wirst du essen, wenn wir verhungern, musst du auch verhungern.“ Aufgrund der großen Gastfreundlichkeit der in dieser Region damals ansässigen Mandan und Hidatsa haben die Teilnehmer der Lewis & Clark Expedition den damaligen Winter überstanden.

Skulptur
Skulpturen
winter
good neigbours

Um das Zentrum herum ist ein kleiner Park angelegt, der den Namen „Harmony- Park“ trägt. Er soll daran erinnern, dass die "Native Americans" und die Männer des "Corps of Discovery" damals in Harmonie den Winter verbrachten. Auch die Männer der Expedition lebten während dieser „Überwinterung“ im Einklang und ohne Unzufriedenheit zusammen, sodass der Aufbruch im April 1805 ebenfalls in großer Harmonie erfolgte. Für den Park selbst hat Tom Neary noch einige Stahl-Bisons in Silhouetten-Form gestaltet.
Der Schwerpunkt der Ausstellungen im Interpretive Center liegt natürlich auf der Lewis & Clark Expedition. Sie befasst sich aber auch mit der Kultur der Mandan und Hidatsa. Außerdem werden Informationen für die Zeit nach der Expedition vorgestellt, u.a. wie die erfolgreiche Expedition die weitere Erforschung und Besiedlung der Region (homesteader) beeinflusst hat.

Der Weg der Natives
homesteaders

Auch der Ära der Dampfschiffe ist ein Teil der Ausstellungsfläche gewidmet. Es wird auf die rasante Entwicklung der Schiffahrt auf dem Missouri eingegangen, die aber auch mit erheblichen Gefahren und Verlusten an Leben und Gütern verbunden war. So wird z. B. ein Bild des Dampfschiffes "Benton" gezeigt, das 1875 gebaut wurde und normalerweise zwischen der Stadt Bismarck und Fort Benton verkehrte. 1892 lief das Dampfschiff auf einen unter Wasser liegenden Baumstamm und sank.

die Benton
Die gesunkene "Benton".
Foto: Ausstellung im Interpretive Center
Riverboat

Am Beginn der Ausstellung wird man von einer großen Figur von Meriwether Lewis begrüßt, der über die Ziele der Expedition erzählt und erklärt, wie die Expedition die Visionen von Präsident Thomas Jefferson verwirklichen sollte.

Lewis & Clark
Die Expedition
Anschied
Abschied vor der "Expedition ins Unbekannte"

Im Folgenden wird auf die Vorbereitungen der Reise eingegangen. Ausführlich werden u.a. die mitgenommenen Medikamente und medizinischen Utensilien präsentiert, die von Benjamin Rush (1745-1813), dem führenden Mediziner der damaligen Zeit, für Meriwether Lewis zusammengestellt wurden und die Lewis auch intensiv anwendete.

Medikamente

Heute nutzen Archäologen z.B. den Indikator Quecksilber, um Spuren der Route des Corps of Discovery zu verfolgen. Dies ist aufgrund der häufigen Einnahme der „Gallenpillen von Dr. Rush“, die 50 % Quecksilber enthielten, durch die Expeditionsteilnehmer, möglich.

Medikamente

Unter dem Aspekt „Knowledge of the Day“ werden Bücher und Karten gezeigt, die Lewis & Clark mitnahmen und die sie für die Vorbereitungen nutzten. Es wird deutlich gemacht, in welche „unbekannte Welt“ man sich damals vorwagte und wie wenig Kenntnisse man über ihre Beschaffenheit hatte.

Lewis

Die „Geschenke“ (gifts and trade), die man für die "Native Americans" mitführte, werden im Einzelnen vorgestellt.

Gifts

Danach begrüßt uns eine Figur von William Clark, die mit dem Schreiben der Tagebücher und der Erstellung von Landkarten beschäftigt ist.

Clark

Im nächsten Abschnitt der Ausstellung geht man auf die Zeit des Winterquartiers in Fort Mandan ein. Es wird gezeigt, was zum Rücktransport nach Saint Louis vorbereitet wurde, denn das Kielboot fuhr unter der Leitung von Corporal Richard Warfington im April 1805 zurück. Die „Captains“ stellten für Präsident Jefferson eine umfangreiche Sammlung von Tagebüchern, Landkarten, Beschreibungen von Pflanzen, Tieren, Gesteinen, Landschaften, Wetterbedingungen, usw. zusammen und es wurden sogar kleinere lebende Tiere, die im Osten der USA damals nicht bekannt waren, auf die Reise geschickt.

Rücktransport
Sammlung

Die Herstellung eines authentischen Holzkanus wird gezeigt, das aus dem Stamm einer Pappel gehauen wurde. Es ist ein typisches Beispiel für die Tätigkeiten, die die Männer während der Überwinterung erledigten.

winter
Bootherstellung

Die weitere Reise Richtung Westen ab April 1805 mit der Überquerung der Rocky Mountains, der Ankunft am Pazifik und das Überwintern in Fort Clatsop 1805/06 werden nur kurz beschrieben.

Reiseroute

Im Interpretive Center ist man stolz darauf, über zwei weitere Ausstellungsbereiche
zu verfügen.
Alvera Bergquist (1928-2022), eine ehemalige Lehrerin, hat seit dem Jahr 1996 mehrere Schenkungen getätigt, sodass man an das Interpretive Center in Mandan einen Flügel anbauen konnte, in dem die Kunstausstellungen untergebracht sind und man für die Galerie mehrere Drucke und Originale erwerben konnte. Dieser Teil des Centers ist nach ihr benannt.
In einem größeren Raum werden wechselnde Kunstausstellungen gezeigt.
Im Zweiten stellt man die in der Nähe liegende Pelzhandelsstation „Fort Clark“ vor (Fort Clark wird von uns in einem weiteren Bericht beschrieben) und präsentiert hier zahlreiche Bilder des Schweizer Malers Karl Bodmer (1809-1893). Karl Bodmer begleitete den Prinzen Maximilian zu Wied (1782-1867) auf einer nordamerikanischen Forschungsreise in den Jahren 1832 bis 1934, malte zahlreiche Landschaftsbilder und fertigte viele Aquarellporträts von native americans an – vor allem Omaha, Mandan, Hidatsa und Blackfeet.

Bodmer
painting
dog dance
dog-dance
Tanz der Mandan-Indianer
Bildquelle: Ausstellung im Interpretive Center

Aber auch der Mäzen von Bodmer, Prinz Maximilian, sowie Arbeiten von Georg Catlin (1796-1872), einem weiteren Maler der damaligen Zeit, die sich intensiv mit den "Native Americans" und der "Neuen Welt" beschäftigten, werden dem Interpretive Center vor- und ausgestellt.

Maler
Maximilian
Catlin

Bereichert wird dieser Ausstellungsbereich durch eine Stiftung von Sam (*1947) und Maryvonne McQuade (1947-2023) aus Bismarck. Sie haben Bronzeskulpturen des amerikanischen Künstlers Michael Westergard an die Lewis & Clark Fort Mandan Foundation gestiftet, die Zeichnungen von Karl Bodmer nachempfunden sind. Die Figuren stellen verschiedene Krieger der Mandan und der Hidatsa dar und sind sehr detailliert gearbeitet.

Figuren
Reiter

In dieser Sammlung darf natürlich eine Skulptur von Lewis & Clark nicht fehlen. Sie ist eine Miniaturausgabe von Bob Scriver (1914-1999) aus dem Jahr 1974, und zeigt Captain Lewis, Captain Clark und Sacagawea mit ihrem Sohn.

Montag, 4. September 2023

Von Bismarck nach Washburn

Wir fahren die nächsten gut 70 Kilometer auf dem Highway 1804 den Lewis & Clark Trail weiter, um von Bismarck startend den kleinen Ort Washburn zu erreichen.


Nach etwas mehr als 26 Kilometer erreichen wir die historische Mandan-Stätte „Double Ditch Indian Village“ / “doppelter Graben“. Auf einem Rundweg kann man selbst auf Entdeckungsreise gehen. Dabei wird man anhand zahlreicher Informationstafeln mit Wissenswertem über die damalige Ansiedlung "versorgt".

double ditch

Allerdings konnten wir uns bereits im North Dakota Heritage Center in Bismarck über diesen Ort informieren und auf einem detaillierten Panoramabild viele Einzelheiten des dörflichen Lebens studieren.

double-ditch
Ausschnitt aus Panoramawand von Double Ditch Indian Village
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Wer waren die Mandan?

Das einzige Gebäude auf dem weitläufigen Gelände ist ein bereits in den 1930er Jahren vom CCC und WPA errichtetes Stein-Schutzhaus (stone shelter).

Schutzhaus
Schutzhaus über dem Missouri-River
Indian Village

Von hier hat man einen guten Blick auf den Missouri-River.

Missouri
Missouri
info
you are here

Bei dem Double Ditch Indian Village handelt sich um eine Erdhüttensiedlung (earth lodges), die vom Ende des 15. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts bewohnt war, also über einen Zeitraum von fast dreihundert Jahren. „Double Ditch“ war eines von sieben bis neun Dörfern, die während dieses Zeitraumes gleichzeitig im hiesigen Einmündungsbereich des Heart Rivers in den Missouri existierten.

double ditch
double ditch

Auf ihrer Expeditionsreise zum Pazifik passierte das Corps of Discovery dieses Areal. Bereits am 22. Oktober 1804 wurde „Double Ditch“ von William Clark in seinem Tagebuch als „einst von den Mandan besiedeltes und nun verlassenes Dorf“ beschrieben und seine Lage in einer Skizze festgehalten.

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homes

Historiker sind sich sicher, dass um die 10.000 Menschen in dieser Region gelebt haben. Die Dörfer waren aber nicht nur Wohnorte, sondern vor allem wichtige Handelszentren. Auf einer Tafel „trading center“ ist beschrieben, dass die Mandan bereits damals über Handelsnetze sowohl bis zum Pazifik als auch bis zum Atlantik verfügten.

Trading Center
Gathering

Geschützt waren die Bewohner durch Grabensysteme, wobei es sich eigentlich um eine Kombination von Gräben, hölzerner Pallisadenwand und Hügeln handelte. Man geht davon aus, dass die Hügel als eine Art Bastion genutzt wurden. Im Innern der Gräben war nochmals ein künstlicher, über drei Meter hoher Erdwall als zusätzliche Barriere angelegt. Über die Anlage des Grabensystems informieren mehrere Tafeln.
Wenn man heute über das Gelände läuft, kann man den Verlauf der ringförmigen Schutzgräben noch deutlich erkennen. Man sieht auch die archäologischen Überreste der Erdhütten recht deutlich.

Graben
Graben
ditch
ditch 3
Bodenunebenheiten
Bodenunebenheiten
Bodenunebenheiten, aus der Ferne gesehen.

Das damalige Leben der Mandan wird auf den Informationstafeln ausführlich beschrieben - welche Jagdtechniken man hatte, welche Regeln für Versammlungen galten, wie man Felder anlegte und Gartenbau betrieb, mit welchen Netzen und Angeln man fischte, welche Art von Booten man baute (bullboats) und letztendlich mit welchen Techniken die „earth lodges“/die Erdhütten gebaut wurden.

Gardening

Gleichzeitig gibt es zahlreiche historische Informationen zu der „Double Ditch“- Siedlung. Es wird erklärt, wie die Gründungsgemeinschaft (1490-1550) aussah, wie sich das Mandan-Dorf über die Zeit entwickelte, aber auch was zum Ende der Besiedlung führte.

final occupation
resources

Einige Tafeln informieren über die Techniken, wie die Wissenschaft mit dieser archäologischen Stätte umgegangen ist. Bereits im Jahr 1905 hat man mit Ausgrabungen begonnen und konnte viele Überreste der Siedlung konservieren. Im Laufe der Jahre kam die Möglichkeit der geophysikalischen Untersuchungen hinzu, sodass man auf weitere Fundstücke stieß, die heute überwiegend in Bismarck gezeigt werden.

Ausgrabung 1905
ausgrabungen
Ausgrabungen

Von hier oben hat man einen herrlichen, aber heute sehr trüben Rundblick auf den Missouri und die umgebende Landschaft. Der Missouri wird in seiner Bedeutung für die Mandan als Lebensspender, als „Ressourcen-Quelle“ erklärt. Eine wichtige, weithin sichtbare Landmarke sind die „Square Buttes“, auffallend abgeflachte Berge am Horizont.

square buttes
square butte
Square buttes

Wir fahren weiter nach Norden Richtung Washburn und können die sehr unterschiedlichen Landschaftsformen rechts und links des Highways 1804 bestaunen. Auf der rechten Seite sehen wir weiterhin die für uns bereits gewohnte, wellige Landschaft, aber auf der linken Seite liegen die auffälligen „Square Buttes“, die immer wieder durch starke Einschnitte unterbrochen werden.

Weiter fahren wir am östlichen Missouri-Ufer entlang. Es fällt auf, dass der Fluss in diesem Bereich extrem sandig ist, viele Sandbänke aufweist; auch liegen viele Baumstümpfe (snugs) im Wasser und die Uferbereiche bröckeln stark ab.

snugs

Wir fahren auch wieder an großen Feldern und Weiden vorbei, bis wir Washburn erreichen  -  ein kleines Städtchen mit knapp 1.300 Einwohnern, das 1882 gegründet und nach dem Unionsgeneral und Gouverneur von Wisconsin, Cadwallader Washburn (1818-1882) benannt wurde. 

Eisenbahn-depot
Silos
Diese Silos in Washburn werden schon lange nicht mehr von der Eisenbahn angefahren.

Washburn liegt in der Nähe des ehemaligen Standorts von Fort Mandan, in dem die Lewis & Clark Expedition 1804/05 überwinterte.

Quellen und weiterführende Informationen:
hunting/gathering: https://www.hmdb.org/m.asp?m=164358 ↗