Montag, 12. September 2022

Wandmalereien in Chemainus

Wir besuchten die Kleinstadt Chemainus (knapp 3.000 Einwohner / 2016), die sich an der Ostküste von Vancouver Island befindet - knapp 80 Kilometer in nördlicher Richtung von Victoria entfernt. Das Örtchen entwickelte sich ab 1858 aus einer traditionellen Holzfällersiedlung. Man profitierte transporttechnisch von einem größeren Hafen und ab 1880 kam eine Eisenbahnstation der Strecke von Victoria nach Nanaimo hinzu.

In dieser Region lebten seit Jahrtausenden „first nations“ der „Coast Salish People“, die sich „Chemainus“ (heute: „Stz’uminus“) nannten und so die Namensgeber des Städtchens wurden.
Der Ort Chemainus ist weltberühmt für seine Wandmalereien. Das „Wandmalerei-Projekt“ (Festival of Murals) wurde 1982 ins Leben gerufen, um den Ort davor zu bewahren, eine „Geisterstadt“ zu werden. In den 1970er Jahren hatte es Probleme beim größten Arbeitgeber der Stadt, dem Sägewerk, gegeben. Das über 100 Jahre betriebene Sägewerk wurde schließlich 1983 geschlossen, glücklicherweise aber 1985 neu eröffnet.
Mit den Wandmalereien versuchte man, touristisch attraktiv zu werden. Man entschied sich damals mit Hilfe der Wandmalereien ein sogenanntes „Revitalisierungsprogramm“ durchzuführen, entwickelte das Projekt weiter und bietet heute von der Chemainus-Stadtverwaltung sogar Planungsbeispiele und Entwicklungsstrategien für andere Städte an. Natürlich gibt es Wandmalereien seit Jahrtausenden, aber das über inzwischen 30 Jahre konsequent verfolgte Konzept in der Stadt mit seinen heute weit über 40 groß dimensionalen Gemälden ist recht einmalig.


Bei unserem Spaziergang entlang der bemalten Häuserwände erlebten wir eine ausführliche Geschichtsstunde zur Stadt aus Sicht zahlreicher unterschiedlicher Kulturen und gleichzeitig erfreuten wir uns an den künstlerischen Interpretationen.
Auch hier können wir nur einige Beispiele vorstellen

Wenn man von Ladysmith, dem nördlich gelegenen Nachbarort, kommend die Chemainus Road erreicht, fällt einem auf der rechten Seite ein riesiges Wandgemälde mit dem Namen „World in Motion“ / “Welt in Bewegung“ auf (30 Meter lang und 3,70 Meter hoch). Es wurde 1986 von Alan Wylie, einem renommierten schottisch-kanadischen Künstler gemalt und 2013 restauriert. Das Gemälde ist eine Montage aus ehemaligen Gebäuden und Ereignissen von 1883 bis 1939 in Chemainus, im Besonderen die Feierlichkeiten zum 50jährigen Bestehen der Victoria Lumber Company (Holzindustrie).

World in Motion

In diesem Hotel (Horshoebay Inn) verbrachten die beiden Millionäre J.D. Rockefeller aus New York (am10.11.1900) und Andrew Carnegie aus Philadelphia (am 21.11.1900) je eine Nacht und signierten (Bildmitte).

Biegt man nach links in die Mill Street ab, kommt man am 15 mal 6 Meter großen Gemälde „Native Heritage“ / “Erbe der Ureinwohner“ vorbei. Es wurde 1983 von Paul Ygartua gemalt (2002/2014 restauriert). Er ist baskischer Abstammung und startete sein künstlerisches Leben in Liverpool (Groß-Britannien) als Gold- und Silberschmied. Recht bald wandte er sich dann der Malerei zu. Er hat einige der größten Wandbilder in Kanada und den USA gemalt und hat dazu zahlreiche unterschiedliche Malstile verwendet. Eingerahmt von Totem-Pfählen sieht man neben einer Salish-Frau einen ehemaligen Chemainus-Häuptling und einen einheimischen Piloten der Royal Navy sowie einen indigenen Polizisten.

Nativ Heritage

Ein weiteres Wandgemälde von Paul Ygartua befindet sich in der Willow Street – „The Hermit“ / “Der Einsiedler“ (von 2004, 3,3 mal 2 Meter). Es berichtet von Charlie Abbott, der in den 70er Jahren nach Chemainus kam und bis zu seinem Tod im Jahr 1989 in den Wäldern im Umland lebte und dort teilweise wunderschöne Wanderwege erschuf – „the hermit trails“.

Hermit trails

Die „first nations“ spielen auf weiteren Wandbildern eine Rolle. So befindet sich schräg gegenüber des „Native Heritage“-Wandbildes das Gemälde „Arrival of the Reindeer in Hoseshoe Bay“. Das Bild wurde 1983 von der 2010 verstorbenen Sally Clark gemalt (2007 restauriert; 7,7 mal 4,5 Meter). Eine „first nations - Prinzessin“ beobachtet die Ankunft der Schaluppe „Reindeer“ („Rentier“) in der Bucht, die heute „Chemainus Bay“ heißt. Das Segelschiff „Reindeer“ kam über viele Jahre regelmäßig in Chemainus vorbei.

Ankunft

Im Zusammenhang mit den "first nations" hat man der berühmten kanadischen Künstlerin Emily Carr (1871-1945), die sich überwiegend mit der indianischen Kultur im amerikanischen Westen auseinandersetzte, einen Ausstellungsbereich gewidmet. Am waterwheel square hat man die Struktur eines indianischen Langhauses nachgebaut und mit reproduzierten Gemälden (von Cim MacDonald) von Emily Carr geschmückt.

Neben der Utopia Bakery befindet sich u.a. ein weiteres durch Emily Carr inspiriertes Gemälde „keeper of secrets“ / “Hüter der Geheimnisse“ (2016 von Cim MacDonald gemalt; 3,5 mal 2,5 Meter). Hier wird ein Rabe dargestellt, der sein geheimnisvolles Wissen mit den „first nations“ teilte und sie gleichzeitig beschützte. Die in Schottland geborene Cim MacDonald ist auch als Fotografin sehr bekannt und seit 1996 eine der Kuratorinnen des Chemainus Festival of Mural Societies.

Keeper of secrets
keeper of secrets

Direkt neben dem „Rabenbild“ findet man ein durch Emily Carr beeinflusstes Wandgemälde (6,1 mal 2,4 Meter), das 2016 von dem Künstler Mario Labonte erstellt wurde. Es trägt den Titel „By the bay“ („An der Küste“) und zeigt die an der nordwestamerikanischen Küste vorkommenden immergrünen Erdbeerbäume (arbutus tree) mit ihrer leuchtenden roten Rinde. Die „first nations“ verwendeten von diesem Baum nicht nur die sauren Früchte, sondern auch Rinde und Wurzeln.


By the bay

Ein weiterer Kulturkreis wird bei den Wandbildern berücksichtigt – die chinesische Bevölkerung von Chemainus. Sie werden gleich auf mehreren Bildern präsentiert:

Chinese Bull Gang in 1884“ (Ernest Marza, 1984, 32 mal 3 Meter) – 23 chinesische Männer transportieren einen riesigen Baumstamm zum Hafen.

bulls gang

bulls gang

Memories of a chinese boy“ (Cheng Chu Ren, 1996, 5 mal 10 Meter) – es wird der von Ning Chang betriebene Laden gezeigt, der ein beliebter Treffpunkt war.

Memories

Memories

In einem Ort, der über hundert Jahre von der Holzindustrie geprägt wurde, beschäftigen sich natürlich zahlreiche Darstellungen mit diesem Thema:
logging with oxen“ (Harold Lyon, 1983, 18,3 mal 3,7 Meter) – Gespanne von über zwanzig Ochsen zogen die Baumstämme aus dem Wald / Busch bis zum Hafen.

logging

logging

The Lumber Barons“ (Constance Greig-Manning, 1996, 9,7 mal 5 Meter) – es zeigt die Holzbarone Humbird und MacMillon sowie den Reichtum durch die Holzindustrie.

Holz-Baron

Camp 2 on a Sunday“ ( David J. More, 1982, 6,5 mal 6,5 Meter)  - Sonntag im Lager mit Körperpflege, usw..

Camp

Temporary Homes“ (David White, 1983, 5,8 mal 4 Meter) – Häuser aus Holzlatten und Segeltuch waren erste Wohnstätten von Siedlern, Bergleuten und Holzfällern.

Camp

Neben der Holzindustrie spielte über einige Jahre der Bergbau in Chemainus eine Rolle – im Besonderen wurde Kupfer abgebaut. Dies wird im Gemälde „Lenora Mines at Mt. Sicker“ (6 mal 6 Meter) in der Victoria Street dargestellt. Es wurde 1988 von Peter Bresnan gemalt und erstreckt sich in drei Tafeln um eine Hausecke herum.

Es erinnert daran, dass Harry Smith mit seinen Partnern H. Buzzard, T. MacKay und F.L. Sullivan 1897 am Mount Sicker den Claim für eine Kupfermine absteckte und nach seiner Tochter Lenora benannte. Der Kupfer-Bergbau entwickelte sich eine Weile so schnell, dass in kurzer Zeit über 400 Bergleute in Chemainus tätig waren. 1907 verfügte der Ort sogar über ein „copper mining center“. Leider sind einige Stellen der Bilder sehr reparaturbedürftig.


Copper


Lohre


Alle Transportmöglichkeiten aus historischer Sicht sind bei den Wandbildern auch berücksichtigt:
Chemainus Tug Boat“ (tug boat=Schlepper; Harry und Mark Heine, 1984, 30,5 mal 13 Meter) - Geschichte des Schleppers Chemainus.

Tug Boat

Tug boat

HMS Forward“ (forward=vorwärts / Harry Heine, verstorben 2004 / 1984, 9,8 mal 2,6 Meter) – Kanonenboot der königlichen Marine. Hier: Landbewohner erwarten die Ankunft.

HMS

HMS

Steam Train on Bridge over Chemainus River“ (Paul Marcano, 1982, 2,4 mal 3,7 Meter) – Dampflokomotive donnert über Brücke (2017 an neuem Gebäude).

steam train

Den beiden ersten Kinder mit europäischer Abstammung, die in Chemainus geboren wurden, sind Wandbilder gewidmet: 
Billy Thomas (*1874) und Julia Askew (*1871).


Billy Thomas

Julia

Eine beeindruckende Kombination eines Wandbildes mit einem Modell befindet sich am Eingang des Waterwheel Parks. Hier ist das von Sylvia Verity Dewar (verstorben 2010) 2003 gemalte Wandbild „The First Chemainus Sawmill 1862“ (7,8 mal 4,5 Meter) mit einem Wasserrad-Modell kombiniert. Die Künstlerin entschied sich dafür, ihre Darstellung nicht an der Realität zu orientieren, sondern einen hellen und bunten Malstil zu nutzen, um so auch den benachbarten Park zur Geltung zu bringen.

Mühle

Auch die Geschichte außerhalb von Chemainus wurde berücksichtigt:
Letters from the Front“ (David Goatley, 2002, 8 mal 2,8 Meter) – Darstellung von Geschehen aus dem ersten Weltkrieg und der Bedeutung von Briefen für Soldaten aus der Heimat. Es befindet sich auf einer Gebäudewand des heutigen post office;

Letters

Lest we forget“ (David Goatley, 2004, 4,9 mal 2,4 Meter) – Darstellung von Geschehen aus dem ersten Weltkrieg; (David Goatley wurde in London geboren).

lest we forget

Am Chemainus public market steht seit 2020 ein von Kris Friesen entworfenes und „aus dem Rahmen fallendes“ Kunstwerk. Es hat keine historische Bedeutung für den Ort und basiert auch nicht auf einem ehemaligen Foto. Es trägt den Titel „in tune with nature“ und ist ein bespielbares Klavier, das mit dem Bild einer Unterwasserwelt kombiniert ist. Es soll daran erinnern, wieviel Musik man in der Natur wahrnehmen kann. Das „Bildarrangement mit Klavier“ befindet sich in einem großen bemalten Kasten. Beim Öffnen des Kastens wird von Louis Armstrong das Lied „what a wonderful morning“ intoniert.

Klavier

Aber nicht nur die Geschichte um Industrie und Historie, sondern auch das Alltagsleben in Chemainus werden berücksichtigt – einige Beispiele sind:

The Siren’s Song“ (2,4 mal 6 Meter) wurde 2021 zum hundertjährigen Jubiläum der „fire hall“ von Chemainus von Angela Carlson angefertigt. Es zeigt u.a. je einen einen alten (aus dem Jahr 1947) und einen neuen „fire truck“ und trägt die Bezeichnung „Celebrating 100 years of service to the Community“.

100 Jahre

The Telephone Company (1915)“ erstreckt sich über 3,7 Meter mal 3 Meter an einer Hauswand in der Willow Street. Es wurde 1992 von Cim MacDonald gemalt. Es zeigt „Supervisor Daisy Donde“ 1915 mit einer Angestellten, die damals für die Vermittlung von 30 Telefonen in der Region zuständig waren.
Telefon

The Company Store“ befindet sich auf der Rückseite des heutigen post office und ist auf einer Fläche von 10 Meter mal 8 Meter gemalt. Es wurde 1983 von Dan Sawatzky angefertigt, der in Chemainus für insgesamt fünf Wandbilder zuständig war. Es hat ein ovales Format. Es zeigt den „Victoria Lumber Store“ aus dem Jahr 1917 mit vielen Regalen, die mit allem gefüllt sind, was man zum Alltagsleben benötigt. Auch der damalige store manager D.A. Gatus wird gezeigt.

Store

Abschließen wollen wir mit einem typischen Bild aus dem Alltagsleben. In der Willow Street befindet sich ein Wandgemälde, das das erste Schulhaus in Chemainus von 1883 („First Schoolhouse“, 4,8 mal 2,5 Meter) darstellt. Es basiert auf einer Fotografie (von 1885), wie viele andere der Wandbilder auch. Im Hintergrund ist Samuel Girdlestone, der erste lokale Lehrer von Chemainus, dargestellt. Kiff Holland, ein aus Südafrika in Kanada eingewanderten Künstler, der gerne mit Farben und ihrer Leuchtkraft experimentiert, hat dieses Wandbild 1986 gemalt (restauriert 2013).

Schuhaus

Bei unserer Wanderung entlang der Wandbilder stellten wir fest, dass es sich lohnnen kann, in die Welt der Geschichte(n) eines Ortes, dargestellt mit einer solchen Detailtreue und Farbenvielfalt, einzutauchen, um sie so besser zu verstehen.
Leider waren bei unserem Besuch in dieser schmucken Stadt einige Wandbilder durch davorstehende Müllcontainer, Sonnenschirme, LKWs, ... zumindest teilweise "versteckt". Wer sich für weitere Details dieser Bilder interessiert, klickt sie bitte an. Sie werden dann zumindest vergrößert dargestellt. Ansonsten hilft dieser Link ↗ bestimmt weiter.

Samstag, 10. September 2022

Vorsicht Bären

Wieder einmal sind wir auf einem Campingplatz angekommen, der uns sein mehrere Seiten langes, doppelseitig bedrucktes Regelwerk in die Hand drückt.
Nun, wir machen Camping in Bear Country, und da gilt es selbstverständlich einige Regeln einzuhalten. Da es aber immer wieder uneinsichtige Zeitgenossen gibt, denen selbst die schriftlich überreichten Hinweise egal sind, werden hier sogleich auch noch Strafen aufgelistet, die fällig werden, wenn ... ("the guidelines" auch kontrolliert werden würden!)

Baers in Area

Bär im Gras

Braun- oder Schwarz-Bären oder gar ihre Spuren haben wir nahe der Campgrounds bisher nicht gesehen, dafür jedoch jede Menge Brom-Beeren.

Brom-Beeren

Totem-Tour in Duncan

Auf Vancouver Island findet man traditionell an zahlreichen Orten Totem Poles (Totempfähle) der „first nations“, aber die kleine Stadt Duncan (früher „Alderlea“) auf der Ostseite der Insel, etwa 50 Kilometer in nördlicher Richtung von Victoria gelegen, zeigt in „downtown“ eine Sammlung von über 40 Totem Poles. Diese Stadt wurde deshalb 1986 offiziell zur „city of totems“ ernannt und lädt kulturinteressierte Besucher zu einer besonderen „Totem-Tour“ ein.

Duncan

An der amerikanischen Nordwestküste war es in den Familien der indigenen Bevölkerung üblich, mittels geschnitzter Hauspfähle die Geschichte der Familie zu erzählen und so Informationen an zukünftige Generationen weiterzugeben. In Duncan und in der Umgebung waren dies die „Cowichan First Nations“ (2022: noch ca. 5.300 im gesamten Cowichan-Valley), die größte indigene Bevölkerungsgruppe in British Columbia. Sie gehören den „Coast Salish People“ an. Nicht nur die Familiengeschichte wird mittels der Totempfähle erzählt, sondern es wurden und werden Urahnen in symbolischer Form verehrt und als schützende Stammes-Zeichen angesehen.

totempfahl
Abolishment Pole von Don Smith - 1990 - Nr. 10

Die Stadt Duncan möchte mit den hier aufgestellten Totem Poles zeigen, dass in ihr „zwei Familien in einem Haus wohnen“ – die Mitglieder der städtischen Gemeinschaft Duncan und die Mitglieder der Cowichan-Stämme.

Die Totempfähle werden üblicherweise aus dem Stamm einer Rotzeder (red cedar) geschnitzt. Bevor man den Baum fällt, wird eine Zeremonie abgehalten, um die „Wiedergeburt des Baumes in einer neuen Existenz“ zu feiern. Die Schnitzer arbeiten mit traditionellen Werkzeugen wie Steinhammer und Messer, verwenden aber auch moderne Technologien bei der Herstellung ihrer Totem Poles. Die meisten der Pfähle werden anschließend bunt bemalt. Zur Aufstellung des Totempfahls wird wieder eine „ehrende“ Zeremonie mit Tanz und Gesang zelebriert (Pole-Erhebungszeremonie).


Wenn man auf der Totem-Tour durch die Innenstadt von Duncan wandert, wird man nicht nur durch die jeweiligen Pfähle inspiriert, sondern durch die beigefügte Beschilderung bestens informiert. An jedem Pfahl wird über den herstellenden Künstler und über die von ihm dargestellte Geschichte erzählt.

Harvest-Time
Harvest-Time von Tom LaFortune - 1986 - Nr. 8

Ein wenig schade ist, dass einige der Totem-Pfähle so in der Stadt aufgestellt sind, dass bei ihrem Anflick und erst recht bei einem Foto unweigerlich die Reklame der dahinterliegenden Geschäfte die Wirkung des Totems empfindlich stört. In diesem Bericht können wir nur einige wenige ausgewählte Beispiele vorstellen (von der Stadt Duncan wird darum gebeten, dass die Künstler, die die Totem Poles schnitzten, im Rahmen einer Veröffentlichung mit erwähnt werden sollen; wir kommen diesem Wunsch gerne nach).

Der „Centennial Pole“ (Nr. 40), der sich neben dem Cowichan Valley Museum im ehemaligen Bahnhofsgebäude befindet, ist über 10 Meter hoch und wurde anlässlich der Einhundert-Jahrfeier von Duncan im Dezember 2012 aufgestellt. Er wurde von Calvin Hunt (Kwagu’l Chief Tlasutiwalis) geschnitzt, der zum Jubiläum alle Cowichan-Stämme ehren wollte. Dies geschieht durch einen Frosch, einen Orca (Killerwal), einen Donnervogel und einen Weißkopfadler auf der Vorderseite; auf der Rückseite werden die fünf Stämme der Cowichan durch verschiedene Lachsfische repräsentiert.

Centenial Pole
Centenial Pole von Calvin Hunt - 2012 . Nr. 40

Centennial Pole

Direkt neben dem „Centennial Pole“ steht, neben insgesamt fünf Pfählen, der 1987 errichtete Totempfahl „Transformation in Life“ (Veränderung im Leben, 3,9 Meter hoch; Nr. 25). Es ist ein gemeinschaftliches Schnitz-Projekt von Nelson Canute und Harvey Alphonse (Chief Swaletthul’t’hw). An der Basis des Pfahls sieht man einen Mann, der nach dem Sinn des Lebens fragt. Ein Weißkopfadler (bald eagle), der Weisheit und Heilung symbolisiert, nimmt ihn auf eine Reise mit. Dann bringt er einen jungen, transformierten (wiedergeborenen) Mann zurück, der die Chance bekommt, einen neuen Lebensweg zu gehen.

Transformation of Life
Transformation of Life von Nelson Canute und Harvey Alphonse
1987  -  Nr. 25

Auf der anderen Seite des Cowichan Valley Museums, direkt vor einem alten „Caboose-Wagon“ (ehemaliger Restaurant- und Küchenwagen der Eisenbahn), stehen weitere vier Totem Poles – einer davon (links) ist „The Feast“ (Das Festmahl, Nr. 29). Er wurde 1987 von Doug LaFortune (aka William Horne/ aka. – also known as, auch bekannt als) geschnitzt. Auf dem Totempfahl wird die Geschichte von Thunderbird (Donnervogel) erzählt, der den Cowichans gegen einen Orca-Wal half. Der Orca (Killerwal) fraß alle Lachse in der Cowichan-Bucht und es kamen so keine Lachse mehr den Fluss hinauf. Thunderbird besiegte den Orca und die Cowichans hatten ihre Lachse zurück.

The Feast
Links: The Feast von Doug LaFortune - 1987 - Nr. 29
Mitte: Raven´s Gift von Doug La Fortune - 1989 - Nr. 2
Rechts: Pole of Wealth von Simon Charlie - 1988 - Nr. 14

Auf der Westseite von Downtown, am Ende der Kenneth Street, stehen drei Pfähle zusammen – einer von ihnen ist „The Guardians“ (Die Wächter, 1986, Nr. 9), geschnitzt von Francis Horne Sr. (Khut-Whee-Mul-Uhk). Die drei Wächter an der Spitze des Pfahls blicken Richtung Ozean, erblicken ankommende Kanus und beschützen die Cowichan-Familie. An der Basis erblickt man wieder einen „bald eagle“, der den freien Geist der Küstenbewohner beschreiben soll.

The guardians
Links: The Guardians von Francis Horne Sr. - 1986 - Nr. 9
Mitte: Dzunuk´wa von Oscar Matilpi - 1989 - Nr. 12
Rechts: Chief´s Pole von Francis Horne Sr. - 1986 - Nr. 4

The Guardians

Zurück Richtung Downtown entlang der Government Street kommt man an einem der ältesten Totempfähle vorbei – „Cedar Woman and Man“ (4,7 Meter hoch und 1986 aufgestellt, Nr. 1). Der Schnitzer war Simon Charlie (Hwunu’metse‘). Dieser Pfahl ist nicht bemalt. Sowohl der Mann als auch die Frau tragen gewebte „Salish“-Decken. Von der „Cedar Woman“ wird erzählt, dass ihr in einem Traum vermittelt wurde, wie man die Wurzeln von Zedern sammelt und sie so bearbeitet, dass man danach Körbe und Kleidung weben kann.

Cedar Woman and man
Cedar Woman and Man von Simon Charlie
1986 - Nr. 1

Cedar Woman and Man, hier Cedar Woman
von Somon Charlie - 1869 - Nr. 1

In der Ortsmitte von Downtown (Craig-Street) steht neben einem Platz mit einigen Bänken und vor einer bemalten Hauswand der „Donnervogel mit der wilden Frau“ (Thunderbird with Dzunuk’wa, Nr.19). Der 6 Meter hohe Totempfahl wurde 1990 errichtet und von Ned Matilpi (Moopirr’kim) geschnitzt. Der Donnervogel steht mythologisch für helfende Kräfte, während „Dzunuk’wa“, die wilde Frau, mehr die Angst und Trauer symbolisiert.
Dies ist eine Nachbildung eines Gedächtspfahles für Billie Moon; dieser steht auf dem Yalis Cemetery auf Vancouver Island.

Thunderbird
Thunderbird with Dzunuk`wa von Ned Matilip - 1990 - Nr. 19

Direkt daneben befindet sich der Totem-Pole „Clan Totem of our Nations“ (6,7 Meter hoch, Nr. 44). Er wurde von Tommy Hunt Jr. (Walawidi) geschnitzt und 2017 zum 150jährigen Jubiläum von Canada aufgestellt. In der Mitte des Pfahls sind eine Mutterfigur und Kinderfiguren dargestellt, die die Bedeutung der Frau als „Lebenspenderin“ und der Kinder als „Fortführung des Kreislaufs der Natur“ darstellen soll. Weißkopfadler, Sonne, Bär und Lachs sind weitere wichtige Symbole für die Verbindung der Cowichan mit der Natur.

Clan Totem of our Nations
Clan Totem of our Nations von  Tommy Hunt jr. - 2017 - Nr. 44

Auf jeden Fall konnten wir bei unserer „Totem-Tour“ feststellen, dass es sich bei den geschnitzten und meist bemalten Pfählen um eine recht einzigartige und sehr kulturell ausgeprägte Kunst handelt.

PouPou Tane Hiira, Pou Karanga
PouPou Tane Hiira, Pou Karanga von Tupari TeWhata - 1986 - Nr. 39

PouPou Tane Hiira, Pou Karanga von Tupari TeWhata
PouPou Tane Hiira, Pou Karanga, hier: Te Anhio Whio mit Flöte
von Tupari TeWhata - 1986 - Nr. 39

PouPou Tane Hiira, Pou Karanga von Tupari TeWhata
PouPou Tane Hiira, Pou Karanga, hier Tane Hiira,
King of the Forest, von Tupari TeWhata - 1986 - Nr. 39

Noch eine Kuriosität zum Schluss: zwei Totem Poles kann man nicht mehr besichtigen – Nr. 33 („Eagle above Wolf“) ist durch einen "Autounfall" zerstört worden und Nr. 42 („Thunderbird above Mother Bear“) ist zwischenzeitlich „zur Mutter Erde zurückgekehrt“ (sprich verfault! Hier hatte man wohl einen nicht ganz geeigneten Rotzeder-Baumstamm ausgewählt).

Quellen und weiterführende Informationen:
https://duncan.ca/ 
https://cowichantribes.com/ 

Freitag, 9. September 2022

Vancouver Island

Nach einer kurzen Stadtrundfahrt durch Victoria, der Hauptstadt von British Columbia (man bedenke – Hauptstadt auf einer vor dem Festland liegenden Insel), mit kleinem Rundgang durch die „älteste“ Chinatown von Canada, einem Halt am historischen Verwaltungsgebäude und einer kurzen Besichtigung des Hafens, zog es uns wieder in ruhigere Gefilde.
Dazu verließen wir den farbenfrohen, quirligen Zentrumsbereich und fuhren für einige Tage an die Südwestküste nach Sooke.



Vancouver

Fenster

Parlamentsgebäude

Vancouver
Wo man hinschaut: Blumen und blühernde Pflanzen

quirlige Stadt
Es sieht fast nach einem Blumenwettstreit aus

Chinatown

Chinatown

Chinatown

Seerose

In Sooke findet man neben einem malerischen Leuchtturm zahlreiche romantische Strände, allerdings zumeist mit steinigem Strand. Die in der Nähe von Sooke liegenden Strände tragen verschiedenste Namen: flea beach (Flohstrand), aber auch french beach, china beach, botanical beach oder mystic beach. 

Flea-Beach

Flea-Beach
Flea-Beach

China-Beach
China-Beach

Sowohl vom Leuchtturm als auch an den Stränden hat man wunderbare Blicke auf den pazifischen Ozean mit seinen "Bewohnern" (beispielsweise Seelöwen) bzw. den Wassersportlern, Booten und Schiffen, die unterwegs sind.


Leuchtturm

Kurze Geschichte des Leuchtturmes

Seelöwen

Seeenge

Von Sooke aus unternahmen wir eine Fahrt nach Port Renfrew (Fahrzeit über eineinhalb Stunden auf engen Straßen). Port Renfrew ist ein „Mini-Küstenort“ mit 190 Einwohnern (2020), benannt 1895 nach dem schottischen Lord Renfrew, der hier schottische Kleinbauern ansiedeln wollte – allerdings war sein Vorhaben nicht von Erfolg gekrönt. Nach Port Renfrew kommen dagegen heute Angelsportler aus ganz Nordamerika, um Heilbutt und Lachs zu angeln. Heute wird der Ort überwiegend von „Pacheedaht First Nations“ bewohnt.

Wenige Kilometer in nordöstlicher Richtung von Port Renfrew befindet sich „avatar grove“ (grove = Hain). Hier gibt es einen Parkplatz, von dem zu beiden Seiten Wanderwege durch den Wald zu mehreren "Baumriesen" führen. Im Avatar Grove  stehen Douglasien, Sitka Fichten und Western Red Cedars von enormer Höhe (bis 70 Meter), riesigem Umfang (bis acht Meter), hohem Alter (teilweise über 500 Jahre) und beeindruckenden Rinden-Formationen.

Giant

Nach einigen Tagen fuhren wir von Sooke aus über 120 Kilometer an die Ostküste von Vancouver-Island, nach Nanaimo. Auf dieser Fahrt besuchten wir die „butterfly gardens“ ↗  in Victoria, sowie die „Totem Tours“↗ in Duncan (gesonderter Bericht folgt) und die Wandmalereien von Chemainus (gesonderter Bericht folgt).

Atlasspinner
Atlasspinner

Heliconius doris
Heliconius doris

Hibiscus

Am 08. September 2022 verließen wir über Nanaimo Vancouver-Island mit der Fähre und erreichten in "Horseshoe Bay" das Festland von British Columbia.